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Blick auf die Wiesbadens Müldeponie. ©2018 Birgit Glindmeier

Auf Spurensuche: Ab in die Tonne – und was dann?

Müll ist spannend und Müll kann Geschichten erzählen. Davon überzeugten sich vergangenen Freitag rund 20 Wiesbadener bei einer zweieinhalbstündigen Führung über die Deponie Dyckerhoffbruch.

Birgit Glindmeier 7 Jahren vor 0

Laut Bericht der Deponie Dyckerhoffbruch fallen in Wiesbaden jährlich 350.000 bis 450.000 Tonnen Müll zur Entsorgung und weiteren Verarbeitung an.

Mülentsorgung bedeutet mehr als nur einsammeln, abladen und deponieren. Im Rahmen einer zweieinhalbstündigen Führung der Wiesbadener Entsorgungsbetrieben (ELW) informierten sich rund 20 Wiesbadener darüber, welchen Weg der Müll von der häuslichen Mülltonne bis zur endgültigen Lagerung nimmt.

„Heute weiden hier Schafe“

Peter Pohlen, der die zwanzigköpfige Gruppe über die Deponie führt, bezeichnet sich selbst als „überzeugten Deponiebauer“. Als er selbst noch berufstätig war, leitete er zuletzt die Deponie in Flörsheim-Wicker. Jetzt ist er in Rente und führt Interessierte über die Wiesbadener Deponie. Dem gelernten Bauingenieur mit dem Schwerpunkt Siedlungswasserbau ist die Begeisterung für das Thema Abfallwirtschaft anzumerken. Anhand von Schaumaterial erläutert er zunächst die Historie, die Beschaffenheit und die Ausdehnung der Deponie, bevor er mit der Gruppe im Bus über das 70 Hektar große Gelände fährt.

Deponieabschnitt I

Deponie Dykerhoffbruch. Bild: Birgit-Glindmeier

Wo einst Müll abgeladen wurde, weiden heute Schafe Bild: Birgit-Glindmeier

Über eine gut ausgebaute Asphaltstraße geht es zum historisch ältesten Deponieabschnitt I, der von 1964-1982 in Betrieb war. Der etwa 60 Meter hohe, begrünte Hügel bietet mit den dort grasenden Schafen und Ziegen ein beschauliches Bild. Instrumentarien weisen darauf hin, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Anhöhe handelt. Mit Leitungen wird unter leichtem Unterdruck das restliche Gas abgesaugt. Auch eine Wetterstation ist dort angebracht.

Die nächste Station ist die Umschlaghalle, die so groß ist, dass der Bus mühelos hindurch fahren kann. Auf einem riesigen Berg von Restmüll steht ein Storch und einige Krähen spazieren geschäftig umher. Auch Milane haben sich hier schon eingefunden. In der Halle wird der Restmüll in Lkw umgeladen und zu den Verbrennungsanlagen in Frankfurt Nordweststadt und Offenbach gebracht. Seit 2005 wird der Wiesbadener Restmüll dort komplett verbrannt. Die Rückstände aus der Verbrennung kommen in Form von grauer Schlacke zurück zur Deponie. Sie werden zusammen mit Stoffen, die nicht verbrannt werden können, wie z.B. Asbest, „beerdigt“.

„Wenn die Einbaufläche eines Deponieabschnittes voll ist, sackt dieser im Laufe der Zeit 10-15 Prozent zusammen.“ –  Peter Pohlen, Deponie Leitung Flörsheim-Wicker a. D.

Weiter geht es zum Deponieabschnitt II , der von 1982-1992 in Betrieb war. Es wird dort zwar nichts mehr eingelagert, trotzdem sind die Arbeiten in diesem Bereich längst nicht zu Ende. „Wenn die Einbaufläche eines Deponieabschnittes voll ist, sackt dieser im Laufe der Zeit 10-15 Prozent zusammen,“ so Pohlen. Diese Setzung muss man berücksichtigen, bevor ein solcher Abschnitt mit einer speziellen Folie abgedichtet werden kann. Die Gasbildung, das Sickerwasser und weitere Faktoren verlangen eine stetige Beschäftigung mit dem stillgelegten Teil.

Kunststofffolien liefern Asbest

Der Bus fährt weiter vorbei am dritten Deponieabschnitt, der aktiv zur Einlagerung genutzt wird. Neben der grauen Verbrennungsschlacke werden auch schwarze Gießereialtsande dort abgelagert. Pohlen verweist darauf, dass in Kunststofffolien gerade Asbest angeliefert worden ist, das aufgrund der Toxizität der Fasern nicht einfach abgekippt werden kann.

Peter Pohlen an den Schautafeln auf dem Deponie-Lehrpfad. Bild: Birgit Glindmeier

Peter Pohlen an den Schautafeln auf dem Deponie-Lehrpfad. Bild: Birgit Glindmeier

Die letzte Station der Führung ist ein Lehrpfad, der die Komplexität einer solchen Anlage noch einmal besonders verdeutlicht. Pohlen erläutert fachmännisch – aber doch für jedermann verständlich – anhand der Schautafeln technische Details der Deponie wie z.B. das Drainagesystem für Sickerwasser oder das Vorgehen bei der Gasgewinnung . Alles Punkte, die bereits bei der Planung aber auch während des Betriebs und der Beobachtung der stillgelegten Abschnitte berücksichtigt werden müssen. Beispielsweise entstehen vier Kubikmeter Sickerwasser pro Stunde im Deponiebereich. Die Entsorgungskosten belaufen sich auf ca 20 EUR pro Kubikmeter. Das Sickerwasser wird in einer Industriekläranlage auf der Petersaue gereinigt und danach in den Rhein geleitet. Da wir stetig Müll produzieren, müssen immer neue Deponieflächen erschlossen werden. Bis 2019 wird die vorhandene Fläche voraussichtlich noch ausreichen.

Abfallwirtschaft im Wandel der Zeit

In den letzten Jahrzehnten hat sich in Bezug auf das Thema Abfallwirtschaft viel verändert. Abfall wird unter dem Blickwinkel „Rohstoff“ und als „Energielieferant“ betrachtet. Die Deponie hat inzwischen nicht nur eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung, sondern im Dyckerhoffbruch wird auch das entstandene Gas über fünf Gasmotoren zur Stromerzeugung genutzt. So werden aus diesen Quellen jährlich ca. 18 Millionen kWh Strom produziert. Zusätzlich haben sich rund um die Deponie private Recycling- und Verwertungsbetriebe angesiedelt.

Die Wiesbadener sind begeistert

Nach der Führung sind die Teilnehmer begeistert. Die diesjährigen Führungen haben gerade begonnen und finden noch bis September statt. Sie sind kostenfrei, aber eine vorherige Anmeldung ist erforderlich. Sonderführungen für Schulklassen oder größere Gruppen sind nach Vereinbarung möglich. Der besondere Service für Nicht-Autofahrer: ein Sonderbus der ESWE holt die Besucher am Hauptbahnhof ab und fährt diese auch wieder dorthin zurück.

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Geschrieben von

Birgit Glindmeier ist in Hagen/Nordrhein-Westfalen geboren. Nach dem Studium der Ethnologie, Literaturwissenschaft, Philosophie und Afrikanistik war sie Referentin für Globales Lernen. Seit 1998 ist sie erst als freie Künstlerin später auch als Autorin tätig.