Einen ganzen Abend haben sie beim Maskenball zusammen getanzt, sich unterhalten und Spaß gehabt. Und Heinrich Merkel wusste nicht, wer sie war.
Es war eine kühle Fasnachtsnacht in den fünfziger Jahren, als sich ihre Blicke zum zweiten Mal trafen. Inmitten vom ausgelassenen Fastnachtsball, umgeben von maskierten Gestalten, fanden sie sich auf dem Parkett wieder: Helga Merkel zwinkert mit dem Auge, ein wenig ausgesucht habe sie ihn schon.
Eiserne Hochzeit
Die Eiserne Hochzeit ist ein bemerkenswertes Jubiläum, das nach 65 Jahren gemeinsamen Ehelebens gefeiert wird. Sie repräsentiert die außergewöhnliche Leistung eines Paares, das Jahrzehnte voller Liebe, Zusammenhalt und gemeinsamer Erlebnisse miteinander verbracht hat. Ähnlich wie bei anderen Hochzeitstagen, die verschiedene Materialien symbolisieren, steht die Eiserne Hochzeit für die Stärke und Robustheit der Partnerschaft.
Während der Laiendarsteller Heinrich Merkel für die nächste Theateraufführung in der Adventszeit geprobt hatte, saß Helga, geborene Nauheimer, in der Gaststätte Nonnenhof am Stammtisch. Heinrich hatte ein Auge auf sie geworfen. Er bat darum, ihr ein Getränk ausgeben zu dürfen – später fragte er, ob er sie in die Spätvorstellung ins Kino einladen dürfe. Helga, noch keine 21 Jahre alt und verneinte, sagte, dass sie dann die passende Spätvorstellung von ihrem Vater Zuhause erhalten würde. Heinrich, der neuen Jahr ältere, war beeindruckt. Kurzerhand hat er sie ins Theater eingeladen, wo er selbst mitgespielt hatte. Er hat ihr zwei Karten gegeben. Helga ist dann mit ihrer Mutter (Anstandsdame) in der Vorstellung gewesen. Anders als gedacht, hatten sie sich jedoch nicht mehr danach gesehen. Heute, gut 65 Jahre später, erzählt Helga, dass neun Jahre damals schon ein großer Altersunterschied gewesen sei.
Angefangen hat alles bei der Biebricher Kerbegesellschaft, und über die Jahre haben Heinrich und Helga ganz viele Fasnacht Orden gesammelt.
Wiedergetroffen haben sich Helga und Heinrich beim Maskenball der Biebricher Kerbegesellschaft. Das war Zufall. Und doch hat Helga den Abend ein gesteuert – und Heinrich ein wenig an der Nase herumgeführt. Zu Beginn des Abends galt Damenwahl, und Helga entschied sich für den neun Jahre älteren Heinrich. Aals er sie nach ihren Namen fragte, gab sie vor eine andere Person zu sein. Um Mitternacht durfte Helga dann auf einen Stuhl steigen. Wurden die vielen Geheimnisse im Tanzsaal gelüftet. Hat Heinrich ihr die Maske abgenommen und erst einmal große Augen gemacht: Ach Du bis das! – Seit dem sind wir zusammen, erzählte Helga Merkel am Mittwochmittag bei unserem Besuch.
„Wo bist Du denn?“ – Mit Schulranzen auf dem Rücken sind sie einst auf die Bühne und haben als Heini und Lenchen ihre Zwiegespräch geführt.
Sie hat mit ihm im Kirchenchor gesungen, Weihnachten dann auch mit ihm Theater gespielt: Zusammen sind sie immer wieder gern zum Tanzen gegangen. Und irgendwann fragte er sie, ob Helga ihn heiraten möchte. Helgas Vater hatte dem jungen Glück seinen Segen gegeben. Das war in den 50er Jahren noch so üblich, wenn man keine 21 Jahre alt war. Die Leidenschaft für manchen Schabernack, Tanz und Geselligkeit haben sie zusammen geschweißt, haben sie sich Beie heute erhalten. Freizeitaktivitäten verbinden. Auf die Frage nach ihrem Patentrezept für 65 Ehejahre antworten beide: Man muss sich eben verstehen. Dazu gehört, dass streiten und sie versöhnen kann.
Helga Merkel erinnert sich an ihre Zeit im Brotkörbchen. Da zählten auch prominente Gesichter zu den Kunden: etwa Rainer Hunold oder Theo Gärtner.
Der Lebensalltag ist für Helga und Heinrich über die Jahre beschwerlicher geworden. Seit 55 Jahren leben sie in ihrer Biebricher Wohnung, nicht weit vom Schlosspark entfernt. Sie seien damals von der Gibb rübergezogen, weil die Wohnung in der Bleichwiesenstraße mit drei Kindern zu klein wurde. Zusammen blicken sie von hier auf ein reiches, erfülltes Leben zurück. Auf die drei Kinder, Anja, Frank und Petra, die immer wieder nach ihren Eltern sehen. Sie unternehmen manches und verbringen viel Zeit miteinander. Besonders, seit Helga vor fünf Jahren mit dem Autofahren aufgehört hat. Klammheimlich hatte sie in den 70er Jahren die Kinder mit dem eigenen Führerschein überrascht. Und gleich ging es mit dem Auto in den Urlaub, – nach Novigad in Jugoslawien.
Rezept – Es ist immer alles toll oder schlecht. Wichtiger ist es einfach mal zu sagen, dass es gut ist wie es ist, – einfach zufrieden zu sein. Sich zu verstehen.
Ferienzeit. Ein Bekannter hatte davon erzählt, dass das gar nicht so weit s ei. Das man in elf Stunden direkt am Meer sei. Aus elf Stunden wurden 21. Ein Unwetter löste den nächste Stau ab – und das immer wieder. Zu allem Überfluss verloren sich die beiden Familien in Novigad. Ohne Adresse standen die Merkels in Novigad erst einmal mit leeren Händen da und entschlossen essen zu gehen. Als sie dann in eine nahegelegenes Restaurant gingen, saßen die Bekannten da und aßen. Der Urlaub war gerettet. Bleibende Erinnerungen haben auch die Bekanntschaften mit Feuerquallen und Seeigel hinterlassen. Und sicher werden bei der großen Feier am Sonntag noch andere Anekdoten erzählt, wenn die ganze Familie mit Enkeln und Urenkel zusammenkommt.
Foto ©2023 Volker Watschounek
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