Zum ersten Mal seit der Amtsgründung um die Jahrtausendwende war das Amt für Zuwanderung und Integration in den letzten sechs Jahren Teil der Jugend- und Sozialverwaltung, zusammen mit dem Sozialleistungs- und Jobcenter sowie dem Amt für Soziale Arbeit. Zum Ende seiner Amtszeit zieht Christoph Manjura als Integrationsdezernent Bilanz.
„Es ist von großem Wert, dass in Wiesbaden seit über 20 Jahren das Aufenthaltsrecht als Teil der sogenannten Ordnungsverwaltung und Integrationsförderung gemeinsam – und dabei ganz sicher nicht immer konfliktfrei – in einem Amt vereint sind.“ – Christoph Manjura
Im Gespräch betont Christoph Manjura, dass es ihm beim Neuzuschnitt der Dezernate im Jahr 2017 sehr wichtig gewesen sei, alle drei Ämter in einem Dezernat zu vereinen, um damit unnötige Schnittstellen zu reduzieren. Das Amt für Zuwanderung und Integration ist einerseits moderner Dienstleister rund um das Thema Migration, andererseits aber auch Integrationsmotor und Impulsgeber für die Zivilgesellschaft“, betont Integrationsdezernent Manjura. Nicht zuletzt deshalb sei ihm das Amt, das aus der Ausländerbehörde und der Integrationsabteilung besteht, vom ersten Tag ans Herz gewachsen.
Die Arbeit der Ausländerbehörde ist seit knapp zehn Jahren von enormen Zuwanderungsbewegungen geprägt. Auf die großen Fluchtbewegungen der Jahre 2015 und 2016 folgten die Auswirkungen des Brexits. 350 Aufenthaltstitel wurden gemäß des Austrittsabkommens an Briten erteilt, die ihren Lebensmittelpunkt in Wiesbaden haben. Nachdem im Zuge der Corona-Pandemie auch das Migrationsgeschehen zurückging, sorgte zunächst der Umsturz in Afghanistan im Sommer 2021 für eine erste Trendumkehr. Im Februar 2022 begann schließlich der russische Angriffskrieg auf die Ukraine.
„Gerade im Jahr 2022 mit dem Beginn des Kriegs in Europa hat unsere Ausländerbehörde wirklich Außergewöhnliches geleistet.“ – Christoph Majur
Über 4.000 geflüchtete Menschen sind aus der Ukraine nach Wiesbaden gekommen. Ihnen wurden, beispielsweise bei mehreren Sammelterminen für bis zu 250 Personen, Aufenthaltstitel für zwei Jahre nach Paragraph 24 Aufenthaltsgesetz erteilt. Gleichzeitig unterliege das Aufenthaltsrecht immer wieder gesetzlichen Änderungen, die dann vor Ort im Sinne der betroffenen Menschen umzusetzen seien. Wir leben in einer Migrationsgesellschaft, und es ist gut, wenn das mitunter nicht mehr zeitgemäße Aufenthalts- und Staatsbürgerschaftsrecht modernisiert wird, auch um dem enormen Arbeitskräftebedarf in den kommenden Jahrzehnten gerecht werden zu können“, stellt der Integrationsdezernent fest. Hierfür brauche es jedoch ausreichend Personal vor Ort. Allein bei der Ausländerbehörde in Wiesbaden habe es in den Jahren seiner Amtszeit 62 Abgänge und 68 Zugänge gegeben, so Manjura.
„Im Amt für Zuwanderung und Integration gelingt es uns, den Anliegen der 70.000 in Wiesbaden lebenden Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gerecht zu werden, Herausforderungen wie den Krieg gegen die Ukraine zu meistern und gesetzliche Neuerungen.“ – Christoph Manjura
Wiesbadens Integrationsdezernent lobt die Arbeit der Kollegen und führt aus, dass die Mitarbeiter der Servicestelle Migration seit März 2020 etwas mehr als 3000 Aufenthaltstitel zu Ausbildungs- und Erwerbszecken erteilt und verlängert haben würden. Im Rahmen des Chancenaufenthaltsgesetzes konnten in diesem Jahr bereits 80 Aufenthaltstitel erteilt und vorherige Kettenduldungen im Sinne des Gesetzes vorerst beendet werden. Insgesamt gibt es knapp 500 geduldete Menschen in Wiesbaden, für ein Drittel gelten die Voraussetzungen des Chancenaufenthaltsrechtes.
„In den letzten Jahren definitiv an Bedeutung gewonnen haben auch die Integrationsabteilung sowie die Projekte und Institutionen, die wir gemeinsam voranbringen konnten. Dazu zählen.“ – Christoph Manjura
Vor allem die Plattform Extremismus, die Institutionen- und Professionen übergreifend drei- bis viermal im Jahr zusammenkommt, sei hierfür beispielhaft, so Manjura. Drei Fachtage mit den Schwerpunkten Extremismus- und Antisemitismusprävention wurden auf Initiative des Dezernats veranstaltet. Insbesondere im Zuge der Corona-Pandemie und den aufkeimenden Verschwörungserzählungen sei der Austausch zwischen Bildungseinrichtungen, Jugendhilfe, Polizei, Verfassungsschutz, Zivilgesellschaft und Stadtverwaltung besonders wertvoll gewesen. Gleichzeitig wurde uns nochmal aufgezeigt, wie notwendig die Weiterentwicklung von ‚Spiegelbild – Politische Bildung aus Wiesbaden‘ zur Anlaufstelle gegen Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist, zeigt sich der Dezernent überzeugt. Gleiches gelte für die mittlerweile aus dem Etat des Amtes unterstützte Koordination der Veranstaltungsreihe Wir in Wiesbaden. Als weitere Schwerpunkte der letzten Jahre sind beispielhaft die neue Krankenversicherungs-Clearingstelle in Trägerschaft des Diakonischen Werks, das kommunale Sprachförderprogramm, die Zusammenarbeit mit den Migrantenorganisationen oder das überarbeitete Integrationskonzept zu nennen.
„Unser Hauptziel ist es, Menschen ohne Krankenversicherungsschutz (wieder) in das Regelsystem zu integrieren.“ – Christoph Manjura
Ende 2020 konnte trotz aller pandemiebedingten Einschränkungen die Krankenversicherungs-Clearingstelle (KVC) aus der Taufe gehoben werden. Die Beratungsstelle wird mit städtischen Mitteln in Höhe von 60000 Euro finanziert. Die von einer Sozialarbeiterin durchgeführte Beratung richtet sich an Menschen, die einen ungeklärten oder nur unzureichenden Zugang zum Gesundheitssystem haben. Unser Hauptziel ist es, Menschen ohne Krankenversicherungsschutz (wieder) in das Regelsystem zu integrieren. Neben dem Clearing unterstützt die Stelle auch bei der Vermittlung an Ärzte und vernetzt Akteure vor Ort“, erklärt Manjura. Zwischenzeitlich haben 250 Personen die KVC aufgesucht und es haben über 1200 Beratungskontakte stattgefunden. Dabei konnten etwa zwei Drittel der Klienten in das Gesundheitssystem auf- oder wieder aufgenommen werden. Dies sei ein enormer Erfolg.
„Ebenso erfolgreich ist das Kommunale Sprachförderprogramm, das sich unsere Stadt seit 2017 rund 500.000 jährlich kosten lässt.“ – Christoph Manjura
Mit der Kommunalen Sprachförderung erreiche die Stadt das Ziel einer notwendigen Ergänzung zu den Sprachförderprogrammen von Bund und Land und schafft erleichtere Zugangswege zum Deutscherwerb für neu zugewanderte Menschen, erläutert der Integrationsdezernent. Das kommunale Programm knüpft an die Fokussierung auf das Ankommen und Orientieren für Neuzugewanderte an, die auch im aktuellen Integrationskonzept 2022-2026 einen besonderen Schwerpunkt erhalten hat. Gesellschaftliche Diskussionen um Begriffe wie Migrationshintergrund oder Zuwanderungsgeschichte machen auch nicht vor unserer Stadt halt. Daher hinterfragen wir natürlich auch, welche Aussagekraft die Zuschreibung eines Migrationshintergrunds bei einem in Wiesbaden geborenen Kind noch hat, wenn einst die Großeltern als sogenannte ‚Gastarbeiter‘ gekommen und hier längt heimisch geworden sind, sagt Manjura. Daraus folge, dass es keiner künstlicher Trennung zwischen den zu Integrierenden und denen, die diese integrieren bedürfe. Vielmehr gehe es um die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen, die in Wiesbaden leben und um die Förderung eines friedlichen Zusammenlebens in Respekt, Wertschätzung und Akzeptanz.
„In Wiesbaden engagieren sich mehr als 65 Vereine und Institutionen für die Belange von hier lebenden Menschen unterschiedlichster Kulturen und Herkunft.“ – Christop Manjura
Zur Förderung dieser Ziele wurde in den letzten Jahren die Förderung der Migrantenorganisationen auf neue Füße gestellt. 65 Vereine und Institutionen engagieren sich für die Belange der hier lebenden Menschen, stellt Manjura fest. Ganz besonders sichtbar werde dieses Engagement Jahr für Jahr beim Internationalen Sommerfest. Mit der eigens geschaffenen Anlaufstelle für Migrantenorganisationen wolle die Stadt dieses ehrenamtliche Engagement noch besser unterstützen. Wir stehen helfend zur Seite, werden vermittelnd tätig und beraten darüberhinaus zu Förderungsmöglichkeiten und Qualifizierung , berichtet der Dezernent.
„Wiesbaden ist es seit vielen Jahren ein wichtiges Anliegen, jene Menschen ins Rathaus zu einem festlichen Empfang einzuladen, die sich für die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft entschieden haben.“ – Christoph Manjura
Ganz besonders in Erinnerung werden Christoph Manjura die Integrationspreisverleihungen und Einbürgerungsfeiern im Festsaal bleiben. Mit Angekommen, WIF, NeW Wiesbaden, dem Schwimmverein Delphin, Gemeinsam in Wiesbaden, Armin Nufer oder ‚Jugend Biebrich kocht‘ hatten wir in den letzten sechs Jahren würdige Preisträgerinnen und Preisträger. Die Preisverleihungen, aber auch die konstruktive Zusammenarbeit in der Jury, werden einen festen Platz in meinem Herzen behalten, so Manjura. Gleiches gelte für die Einbürgerungsfeiern, die schon zu seiner Zeit als Stadtverordneter zu seinen Lieblingsveranstaltungen gezählt hätten.
„Wir wollen diesem wichtigen Schritt damit einerseits einen würdevollen Rahmen verleihen, andererseits aber auch dafür werben sich einzumischen und demokratisch an der Weiterentwicklung unserer Stadt zu beteiligen.“ – Christoph Manjura
Um bei der Bewältigung der vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen des Amtes für Zuwanderung und Integration bestmöglich zu unterstützen, hat Manjura auch auf verbesserte Arbeitsbedingungen gesetzt: Dank des 2019 initiierten Projektes ‚Arbeit Neu Denken‘ wurden in der Ausländerbehörde 36.902 Bestandsakten digitalisiert und ein digitaler Workflow geschaffen, erläutert Manjura. Darüber hinaus profitieren die Mitarbeitenden von der digitalen Druckstraße, die auch ein Postversand aus dem Homeoffice ermöglicht. Aber auch die Bürger profitieren von dem Projekt: Kundinnen und Kunden der Ausländerbehörde können den digitalen Briefkasten nutzen und Online-Anträge beispielsweise für eine Verpflichtungserklärung und für ausländerrechtliche Bescheinigungen stellen.
Bilder einer Amtszeit
Alle Fotos ©202x Volker Watschounek / Wiesbaden lebt!
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Die Internetseite vom Amt für Zuwanderung und Integration finden Sie unter www.wiesbaden.de.