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Fußgänger ©2019 Boris Thaser | Flickr | CC BY 2.0

„Wiesbaden muss das Zufußgehen wiederentdecken“

Beim zweiten Symposium zum Mobilitätsleitbild stand für die Referenten im Rhein-Main Congress-Center das Thema Gesundheit im Mittelpunkt. Auto, öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad – oder Zufußgehen. In letzter Konsequenz geht es um die Kombinierbarkeit von Verkehrsmitteln, Nutzerfreundlichkeit und Leistungsfähigkeit.

Volker Watschounek 4 Jahren vor 1

Wiesbaden ist eine kompakte Stadt und dennoch ist die Stadt autolästiger als andere Städte. Nur 27 Prozent aller Haushalte haben kein Auto, im Vergleich dazu sind es in Berlin fast 50 Prozent – ergo, mehr Zufußgehen.

Müssen Wiesbadener mehr Zufußgehen? Wie muss sich das Verkehrs- und Mobilitätssystem in den nächsten Jahren entwickeln, damit in Wiesbaden das Ideal der gesunden Stadt verwirklicht ist? Diese Frage bewegte das Symposium Gesundheit, zu dem Andreas Kowol, Dezernent für Umwelt, Grünflächen und Verkehr, am Dienstagabend rund hundert Vertreter von rund 80 Interessengruppen wie Vereinen, Unternehmen oder öffentlicher Einrichtungen im RheinMain CongressCenter eingeladen hat und begrüßte. Das Symposium ist Teil des Mobilitätsleitbildprozesses, den das Wiesbadener Stadtparlament vor einem Jahr beschlossen hat. Die Stadt hat ihren Mobilitätsdienstleister ESWE Verkehr mit der Umsetzung beauftragt. Nach insgesamt vier Symposien zu gesellschaftlichen Megatrends werden die geladenen Teilnehmer gemeinsam das Mobilitätsleitbild der Landeshauptstadt Wiesbaden erarbeiten.

„Wiesbaden sind sind die klimaschädlichen CO2-Emissionen pro Tag und mobiler Person wahrscheinlich höher als in Berlin“ Professor Dr. Andreas Knie,Verkehrsexperte

Wo Wiesbaden heute steht, wenn Mobilität unter dem Aspekt der Gesundheit betrachtet wird, beleuchtete Robert Follmer, Bereichsleiter Mobilitäts- und Regionalforschung des Bonner Infas-Institutes. In der Landeshauptstadt ist der Anteil der zu Fuß zurückgelegten Wege zwar ähnlich groß wie in vergleichbaren hessischen Städten, aber die Wiesbadener fahren deutlich mehr Auto, deutlich weniger Fahrrad und etwas weniger mit öffentlichen Bussen und Bahnen. Dass Wiesbaden also ein bisschen autolastige als andere ist, wie Follmer sagte, zeigt sich auch daran, dass nur 27 Prozent der hiesigen Haushalte kein Auto haben; in Berlin sind es fast die Hälfte. Entsprechend sind auch die klimaschädlichen CO2-Emissionen pro Tag und mobiler Person höher. Die Empfehlungen, die Follmer daraus ableitet: Wiesbaden als kompakte Stadt solle das Zufußgehen wiederentdecken und das Fahrrad fördern. Denn wir brauchen zwar das Auto, aber immer weniger und gar nicht mehr in der Innenstadt.

„Gesundheit kommt erstaunlicherweise in der Verkehrspolitik und -planung kaum vor.“ – Professor Dr. Andreas Knie,Verkehrsexperte

„Gesundheit kommt erstaunlicherweise in der Verkehrspolitik und -planung kaum vor“, kritisierte der Verkehrsexperte Professor Dr. Andreas Knie, vom Wissenschaftszentrum Berlin, der den Leitbildprozess Wiesbadens als wissenschaftlicher Beirat begleitet. Das frühere Ideal einer funktionalen Trennung der Stadt – Arbeiten, Wohnen, Einkaufen, Freizeit in unterschiedlichen Vierteln – erfordere das Auto. Aber heutzutage werde „die Stadt der kurzen Wege“ angestrebt, in der die Gesundheit wieder im Vordergrund stehe. Da sich die Städte „neu erfunden haben“ und nicht mehr so laut und emissionsbelastet seien wie früher, entfalle der Grund für die Flucht in die grünen Vororte.

„Gesundheit kommt erstaunlicherweise in der Verkehrspolitik und -planung kaum vor.“ – Professor Dr. Andreas Knie,Verkehrsexperte

Daniel Sidiani, der Leiter der Stabsstelle Mobilitätskonzepte, referierte, was Wiesbaden zurzeit unternimmt, um die Emissionsgrenzwerte einzuhalten – eine doppelte Verlagerung. Also einerseits die Verlagerung des Verkehrs von stark belasteten Straßenzügen hin zu weniger belasteten, zum Beispiel die Umlenkung vom ersten auf den zweiten Ring. Andererseits will die Stadt den Gesamtverkehr so verlagern, dass weniger Autos unterwegs sind und dafür die weniger Schadstoffe ausstoßenden Verkehrsarten einen größeren Anteil bekommen.

„Autofahren geht zu Lasen der Umwelt. Radfahren schon die Umwelt und fördert die Gesundheit.“

Jörn Meier-Berberich vom Hamburger Verkehrsplanungsbüro dmo bezifferte die sozialen Kosten des Verkehrs in Deutschland auf 122 Milliarden Euro jährlich. Die eine Hälfte dieser Kosten entfalle auf die Schäden an der Umwelt, die andere Hälfte gehe auf das Konto von Verkehrsunfällen – und 95 Prozent der Verkehrsunfälle entstünden im Straßenverkehr.
Wie Radfahren die Gesundheit fördert, präzisiert eine Untersuchung, die Juliane Kemen vom Institut für Hygiene und Gesundheit der Uni Bonn angestellt hat. Wer mit dem Rad zur Arbeit fährt und damit Körperbewegung in seine Alltagsroutine aufnimmt, ist zwei Tage im Jahr weniger krank als die nicht radfahrende Vergleichsgruppe, ergab ihre Befragung von 2.300 Interviewten.

„Menschen sensibilisieren oder mitnehmen, etwa durch  Visualisierung der CO2-Emissionen – wie an der Ringkirche oder der Schwalbacher Straße.“

Wie man Gesundheit in der Kommunalpolitik in den Vordergrund stellt, berichtete Karsten Mankowsky, der Umwelt- und Gesundheitsdezernent im Rhein-Kreis Neuss und Sprecher des Gesunde-Städte-Netzwerkes: Man muss erst einmal wollen, also Gesundheit überhaupt erst als politisches Ziel definieren. Natürlich sei die öffentliche Infrastruktur zu verändern, aber wir müssen die Menschen mitnehmen – also überzeugen.
Wie man die Menschen überzeugen könnte, demonstrierte Michael Volkmer, Geschäftsführer und Inhaber der Digitalagentur Scholz & Volkmer, der einige Beispiele vorstellte, wie man für mehr Gesundheit in der Stadt werben kann: Durch Visualisierung der CO2-Emissionen etwa, oder durch den Appell an die Eltern, die Kinder zur Schule laufen zu lassen, statt sie mit dem Auto zu bringen. Die 18-jährige Cara Speer, die dem Jugendparlament angehört und Initiatorin von Fridays for Future in Wiesbaden ist, präsentierte starke Bilder vom Fast-Kollaps des innerstädtischen Verkehrs und vom Ideal einer freundlicheren, grüneren, lebenswerteren und gesünderen Stadt.

Nutzerfreundlichkeit und Leistungsfähigkeit

Nutzerfreundlichkeit, Leistungsfähigkeit und die Kombinierbarkeit mit anderen Verkehrsträgern – das fanden die Teilnehmer des Symposiums die wichtigsten Kriterien für den öffentlichen Nahverkehr, wie eine per Internet und Handy durchgeführte Sofort-Abstimmung abgab. In der lebhaften Aussprache unter den rund 100 Teilnehmern standen Verbesserungen für Fahrradfahrer und Benutzer des öffentlichen Nahverkehrs im Vordergrund (Bild: ©2019 Boris Thaser / CC-BY-SA 2.0 / Flickr)

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Informationen zum Mobilitätsleitbild finden Sie auf der  offizielle Internetseite unter www.mobilitaet365.de.

 

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Volker Watschounek lebt und arbeitet als freier Fotograf und Journalist in Wiesbaden. SEO und SEO-gerechtes Schreiben gehören zu seinem Portfolio. Mit Search Engine Marketing kennt er sich aus. Und mit Tinte ist er vertraut, wie mit Bits und Bytes. Als Redakteur und Fotograf bedient er Online-Medien, Zeitungen, Magazine und Fachmagazine. Auch immer mehr Firmen wissen sein Know-how zu schätzen.