Das Mobilitätsleitbild umfasst verschiedene Facetten von Mobilität mit notwendigen Abgrenzungen für die künftige Verkehrsplanung der Stadt. Von der Herangehensweise und Tiefe her gesehen, ist dies in Deutschland einmalig.
Der Magistrat hat in der vergangenen Woche am 17. März, dem Mobilitätsleitbild für die Stadt Wiesbaden zugestimmt. In zwei Workshops und vier thematischen Symposien – Urbanisierung, Gesundheit, Konnektivität und Sicherheit – hatten Teilnehmer aus rund 80 eingeladenen Wiesbadener Organisationen gemeinsam beraten und sich für die Reduzierung des Autoverkehrs, den Ausbau des ÖPNV sowie den Ausbau des Radwegenetzes ausgesprochen.
„Ich bin von dem Ergebnis mehr als beeindruckt. Es ist ein umfassendes Leitbild entstanden, das die verschiedenen Facetten von Mobilität umfasst und Leitplanken für die künftige Verkehrsentwicklung der nächsten zehn bis zwanzig Jahre in Wiesbaden setzt.“ – Andreas Kowol, Dezernent für Umwelt, Grünflächen und Verkehr
Wiesbadens Leitbildprozess ist in seiner Herangehensweise und fachlichen Tiefe in Deutschland einmalig. So konnten beispielsweise Akteure aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft jederzeit Vorschläge unterbreiten, welche Fragestellungen untersucht werden, sogar, welche Fachbüros mit Studien beauftragt werden sollten. Die Wünsche wurden, soweit möglich, umsetzt.
„Das Stadtparlament hat uns einen sehr engen Zeitrahmen gesetzt. Und doch ist es uns gelungen, das Mobilitätsleitbild – unter Einbindung wichtiger Akteure aus der Stadtgesellschaft – professionell und ergebnisoffen zu realisieren.“ – Jörg Gerhard, Geschäftsführer von ESWE Verkehr
Nach Auskunft von ESWE Verkehr-Geschäftsführer Jörg Gerhard sei es höchst anspruchsvoll gewesen , über die Ausschreibungen gezielt Fachbüros zu gewinnen, die die von der Stadtverordnetenversammlung geforderten Untersuchungen zum Mobilitätsleitbild in Zeit und Rahmen durchführen konnten. Die Ergebnisse der Fachgutachten mit dem Vergleich der Alternativen im öffentlichen Verkehr mit den Optimierungsmöglichkeiten des Bussystems standen den Teilnehmern als Grundlage zur Verfügung. Die Ergebnisse des Leitbildprozesses zeigen, dass wir mit ESWE Verkehr auf dem richtigen Weg sind, uns zum umfassenden Mobilitätsdienstleister zu entwickeln, so Gerhard weiter.
„Die Teilnehmer sind sehr respektvoll und wertschätzend miteinander umgegangen und bei den meisten Fragen im Konsens zu den Ergebnissen gekommen. Das könnte auch beispielgebend für andere Prozesse sein.“ – Prof. Dr. Petra Schäfer, Leiterin der Fachgruppe „Neue Mobilität“ an der Frankfurt University of Applied Science
Mobilitätsziele – Der wissenschaftliche Beirat mit dem Mobilitätsforscher Prof. Dr. Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin, der Architektin und Stadtplanerin Ina-Marie Orawiec vom Büro OX2 aus Aachen sowie Verkehrs- und Logistikexpertin Prof. Dr. Petra Schäfer von der Frankfurt University of Applied Science haben die Ergebnisse aus zwei Workshops zusammengefasst. Zu den Kernzielen gehört unter anderem die Reduzierung des Autoverkehrs auf Wiesbadens Straßen. Das gilt für den fließenden und ruhenden Verkehr. Ganz konkret wird die weitgehende Einführung von Tempo 30 als Maßnahme vorgeschlagen. Die heutige Vorrangstellung des motorisierten Individualverkehrs soll aufgebrochen werden, um stattdessen eine Gleichberechtigung unter den Verkehrsteilnehmern zu erreichen. Fußgänger und Radfahrer sollen sich auf eigenen Wegen sicher durch die Stadt, aber auch zu und in den Vororten bewegen können. Insofern wird eine Erweiterung des Radwegenetzes gefordert, der Straßenraum soll neu aufgeteilt werden. Car-Sharing- und (E-)Bike-Sharing-Angebote sollen deutlich ausgebaut werden. Die Verkehrsmittel sollen CO2-frei sein, der Verkehrsfluss verbessert werden.
„Nun liegt es bei uns, also in der Hand von Politik und Verwaltung, diese Mobilitätsziele in weitere konkrete Maßnahmen zu übersetzen und die dafür erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen.“ – Verkehrsdezernent Andreas Kowol
Um den Autoverkehr und damit die Lärm- und Schadstoffbelastungen reduzieren zu können, ist aus Sicht der Prozessteilnehmer ein Ausbau und eine Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs notwendig. Mehrheitlich halten die Teilnehmer eine Ausweitung der Beförderungskapazitäten und Verbesserung des ÖPNV-Angebots für zwingend und sehen hier die Einführung der Straßenbahn (CityBahn), den Ausbau der Ländchesbahn und eine Reaktivierung der Aartalbahn als Teil der Lösung. Die Umsetzung der Wallauer Spange wird ausdrücklich begrüßt. Aber auch die Tangentialverkehre des Busverkehrs sollen optimiert und um On-Demand-Angebote erweitert werden. Ziel muss sein, auch durch engere Takte, die Reisegeschwindigkeit des öffentlichen Verkehrs gegenüber dem Auto deutlich zu beschleunigen. Auch muss der ÖPNV günstiger werden, eine Option wäre laut Teilnehmenden das 365-Euro-Jahresticket.
„Jetzt muss die Stadtverordnetenversammlung dem Leitbildentwurf zustimmen und beschließen.“ – Verkehrsdezernent Andreas Kowol
Unternehmen und Geschäfte müssen besser und effizienter beliefert werden können. Das ist unter anderem mit intelligent bewirtschafteten Lieferzonen zu erreichen. Auch Handwerker sollen von Lieferzonen beziehungsweise festgelegten Bereichen profitieren können. Neue Konzepte, die etwa Mikrodepots oder ein zentrales Warendepot vorsehen, sind notwendig. Bei der Entwicklung neuer Stadtquartiere ist eine Stadt der kurzen Wege zu planen, die das Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und andere Dienstleistungen zueinander bringt.
Hintergrund
Das Mobilitätsleitbild geht auf den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 8. November 2018 zurück und startete mit einer Auftaktveranstaltung am 25. Juni 2019. Darauf folgten vier Symposien zu den gesellschaftlichen Megatrends Urbanisierung, Gesundheit, Konnektivität und Sicherheit. Jedes Mal wurden Best-Practice-Beispiele aus anderen Städten vorgestellt. Dazu wurden zahlreiche Ergebnisse und Zwischenergebnisse aus den Fachgutachten präsentiert. Die Auswahl der Referenten und die inhaltliche Ausrichtung steuerte Wiesbadens wissenschaftlicher Beirat – der am Ende auch das Leitbild aus zwei Workshop-Veranstaltungen zusammengefasst hat. Eingeladen waren die nachfolgend aufgezählten rund 80 Organisationen aus Wiesbaden.
Organisationen und städtischen Ämter
Aartalbahn Infrastruktur GmbH
Abbott GmbH & Co. KG
ADAC Hessen-Thüringen e.V.
AfD Rathausfraktion Wiesbaden
Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Wiesbaden / Rheingau-Taunus e.V.
Arbeitskreis der Wiesbadener Behindertenorganisation und Interessengemeinschaft Behinderter
Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen, KdöR
Ausländerbeirat der Stadt Wiesbaden
Biebricher Gewerbeverein BIG *1
BPW Business and Professional Women Germany – Club Wiesbaden e.V.
BRITA GmbH
Bund deutscher Architekten Wiesbaden
Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) e.V., Kreisverband Wiesbaden
Bundeskriminalamt
Bürger Pro CityBahn e.V.
Bürgerinitiative „Busse statt Citybahn“
Bürgerinitiative „Mitbestimmung Citybahn“ *2
CDU-Fraktion
CityBahn GmbH
Dehoga Bezirksverband Westhessen
Dezernent des Rheingau-Taunus-Kreis
DGB Wiesbaden
Die Wiesbaden Stiftung
EBS Universität für Wirtschaft und Recht
ESWE Versorgungs AG
Evangelisches Dekanat Wiesbaden
Fahrgastverband PRO BAHN – Landesverband Rheinland-Pfalz/ Saarland e. V. – Regionalgruppe Westhessen/ Rheinhessen
FDP-Fraktion
Federal Mogul GmbH *1
Feuerwehr Wiesbaden *1
Filmtheaterbetriebe Ewert KG
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Freiwilligen-Zentrum Wiesbaden e.V.
GALERIA Karstadt Kaufhof Wiesbaden GmbH
Handelsverband Hessen-Süd e.V.
Handwerkskammer Wiesbaden
Haus & Grund Wiesbaden e.V. *1
Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken *1
heimathafen GmbH & Co. KG
Hessen Mobil – Straßen- und Verkehrsmanagement
Hessisches Staatstheater Wiesbaden
Hochschule Fresenius gGmbH
Hochschule RheinMain
House of Logistics and Mobility (HOLM) GmbH *1
Industrie- und Handelskammer Wiesbaden
InfraServ GmbH & Co. KG
Jugendparlament Wiesbaden
Katholisches Stadtbüro Wiesbaden *1
Klimaschutzbeirat Landeshauptstadt Wiesbaden
Kreishandwerkerschaft Wiesbaden-Rheingau-Taunus
Kulturzentrum Schlachthof Wiesbaden e.V.
Landeshauptstadt Wiesbaden, Dez. I – Seniorenbeirat
Landeshauptstadt Wiesbaden, Stabsstelle Bürgerbeteiligung
Lilien-Carré
LuisenForum
LINKE&PIRATEN Rathausfraktion Wiesbaden
LKR & ULW Rathausfraktion Wiesbaden1
Mainzer Verkehrsgesellschaft mbH
Mieterbund Wiesbaden e.V. *1
Museum Wiesbaden
NABU Kreisverband Wiesbaden e.V.
Nassauische Sparkasse
Nassauische Touristik-Bahn e. V.
Naturpark Rhein-Taunus
Netzwerk der Wissenschaft c/o Landeshauptstadt Wiesbaden
Ortsbeirat Mitte
Polizeipräsidium Westhessen / Polizeidirektion Wiesbaden
R+V Versicherung AG
Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH (RMV)
Rheingau-Taunus-Verkehrsgesellschaft mbH
Scholz & Volkmer GmbH
Scuderia Wiesbaden Wiesbadener Motor-Sport-Club e.V. im ADAC
SEG Stadtentwicklungsgesellschaft mbH
SPD Rathausfraktion Wiesbaden
St. Josefs Hospital *1
Stadtelternbeirat der Landeshauptstadt Wiesbaden
Stadtelternbeirat Kindertagesstätten Wiesbaden
Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Wiesbaden
Stadtschüler*innenrat Wiesbaden
StartWerk GmbH
Steinbauer Immobilien GmbH
Straßenverkehrsamt der Landeshauptstadt Wiesbaden
SV Wehen Wiesbaden
Taxi Verband Wiesbaden e.V.
Tiefbau- und Vermessungsamt der Landeshauptstadt Wiesbaden
Turnerbund Wiesbaden 1864 J.P. *1
Umweltamt der Landeshauptstadt Wiesbaden
Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung e.V. *1
VC Wiesbaden Spielbetriebs GmbH
VCD Kreisverband Wiesbaden/Rheingau-Taunus e.V.
Volkshochschule Wiesbaden e.V. *1
Wiesbaden Congress & Marketing GmbH
Wiesbaden Wunderbar e.V.
Wiesbadener Automobil-Club im AvD e.V.
(Bild: Verkehr ©2020 RyanMcGuire / Pixabay ∆)
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Die offizielle Intenetseite mit dem Mobilitätsleitbild finden Sie unter www.mobilitaet365.de.