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Die Zeit nach Corona, Wiesbaden lebt!

Corona: Ich bin glücklich, dass es glimpflich ausgegangen ist

Husten, Schnupfen, Temperatur. Das ganze sieht aus wie eine Erkältung. Der Mensch wird unter umstände immer schwächer. Andere zeigen kaum Symptome. COVID-19 oder Corona, wie der Volksmund sagt, ist eine Erkrankung mit vielen Facetten. 409 in Wiesbaden haben sich damit infiziert. Unsere Autorin ist eine davon, eine von vielen.

Wiesbaden lebt! Kolumne 4 Jahren vor 0

Wie etwa bei den Themen Klima und Flüchtlinge, die sichtlich unsere Gesellschaft spalten, scheint auch Corona zur Polarisierung beizutragen. Manche verharmlosen den Virus, andere nehmen ihn ernst und die Mitte… 

Von Anonymus

Wer sich an die bekannten Fakten hält, dem müsste klar sein, dass es sich bei dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 weder um ein Killervirus noch um eine harmlose Grippe handelt, weshalb folglich weder Panikmache noch Verharmlosung angesagt ist. Hinsichtlich der Angemessenheit, Eignung und Verhältnismäßigkeit von entsprechenden Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie treffen oft extrem unterschiedliche Einschätzungen und Meinungen aufeinander und das leider nicht nur bei Hinz und Kunz, sondern auch in den sogenannten Expertenkreisen.

Sind wir nicht alle Egoisten?

Den Vorwurf des Egoismus hört man jetzt allenthalben im Zusammenhang mit dem Thema Corona, obwohl wir doch im Grunde alle mehr oder weniger egoistisch eingestellt sind. Wer von uns wünscht sich schon keine Sicherheit hinsichtlich seines gewohnten Lebensstandards und erst recht im Hinblick auf die Gesundheit. Es liegt auf der Hand, dass wir aufgrund unterschiedlicher Ausgangsbedingungen vorrangig den Fokus darauf setzen, was uns in unserer individuellen Lage die größte Sorge bereitet.
So stehen bei vielen Menschen die eigenen existenziellen Ängste im Vordergrund, bei anderen ist es vielleicht die Sorge um ihre Angehörigen, besonders gefährdete Menschen ihres Umfelds oder die Zukunft ihrer Kinder.

Solidarität ist Exestenziell

Über alldies sollten wir jedoch nicht vergessen, dass Solidarität ebenfalls von existenzieller Bedeutung ist. Das Meinungsbild zum Thema Corona ist leider auch von Angst und Wut geprägt, das erlebe ich auch schon seit Wochen in einem sozialen Medium. In vielen Diskussionen erschien es mir wie auch anderen wichtig, immer wieder an die notwendige Solidarität unserer Mitbürger zu appellieren. Die Reaktion mancher Leute mit Unverständnis auf die von der Regierung und unserer Stadt verhängten Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung machte mich sehr betroffen, war doch zu diesem Zeitpunkt von einer Maskenpflicht noch nicht einmal die Rede. Es sind schon Begriffe wie Denunziantentum gefallen, sobald auch nur jemand erwähnt hat, dass er das ausgelassene gruppenweise Treiben von Menschen in Parkanlagen mit Skepsis beobachtete, die keine Abstandsregelung einzuhalten schienen.

Corona: Auf einmal selbst betroffen

Einerseits hatte ich von Anfang an großen Respekt vor diesem neuartigen Virus, von dem man bisher noch nicht viel weiß, andererseits wiegte ich mich dadurch in Sicherheit, dass ich im Notfall auf die notwendige Hilfe zählen konnte. Und ich erinnerte mich daran, dass ich vor weniger als 1 1/2 Jahren innerhalb von nicht einmal 6 Wochen zwei größere Operationen im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung überstanden hatte.

Ich weiß bis heute nicht, wie und wo ich mir das Virus eingefangen habe. Ich hatte erst wenige Wochen zuvor eine ausgeprägte Influenza, von der ich so geschwächt war, dass ich schon vernünftigerweise die meiste Zeit zu Hause verbrachte. Das war sozusagen meine freiwillige häusliche Isolation. Ich hatte maximal 1 bis 2 mal pro Woche kurz das Haus verlassen, um etwas einzukaufen.
Trotz wiederholter grippeähnlicher Symptome zu Anfang, war für mich klar, dass es sich diesmal nur um das neue Coronavirus handeln konnte, was der daraufhin erfolgte Abstrich bestätigte. Damit begann meine offizielle Quarantäne. Zum allgemeinen Schwächegefühl, dem Husten, Halskratzen, Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber und Schüttelfrost kam die Beeinträchtigung von Geruchs- und Geschmackssinn hinzu sowie eine extreme Müdigkeit und schließlich Druck- und Hitzegefühl im Brustraum mit Stechen in den Seiten. Meine Atmung wurde flacher, was hin und wieder auch zu Schwindel führte. Außerdem war mir tagelang übel, zwischendurch hatte ich Durchfall, das Schlucken machte Mühe und ich konnte kaum etwas essen, dementsprechend fühlte ich mich von Tag zu Tag schwächer. Es machte den Eindruck, als wenn ich mir nicht eine, sondern gleich mehrere Erkrankungen gleichzeitig zugezogen hätte.

Schlimmer geht immer

Obwohl mich dieser Gedanke schon ein wenig beunruhigte, war ich dennoch überzeugt davon, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, aber weit gefehlt. Als sich bereits bei kleineren Anstrengungen Atemnot und Schwindel zeigten und sich vermehrt Herzbeschwerden einstellten, rührte ich mich kaum noch von der Stelle und lag nur noch auf dem Sofa herum, fortan habe ich Tag und Nacht fast ausschließlich mit Schlafen verbracht. Doch erst als ich schließlich nach 10 Tagen häuslicher Isolation die zunehmenden Atemprobleme als wirklich bedrohlich erkannte und bereits von allen Seiten auf mich eingeredet wurde, willigte ich in eine Krankenhausbehandlung ein, die für mich nun unumgänglich geworden war.
Ich verbrachte volle 24 Tage auf der Intensiv- und Isolierstation, wo ich unter anderem lange Zeit ununterbrochen mit Sauerstoff versorgt wurde. Um eine künstliche Beatmung bin ich mit viel Glück gerade noch einmal herumgekommen. Die meiste Zeit habe ich verschlafen oder vor mich hingedämmert, weshalb ich vieles gar nicht bewusst wahrgenommen habe. Ich registrierte erst im Nachhinein durch die Gespräche mit den behandelnden Ärzten, wie kritisch sich meine Situation zeitweise tatsächlich dargestellt hatte, unter anderem war von mehrfacher zeitweiliger Bewusstlosigkeit die Rede.

Eine Zeit der Abhängigkeit

Die Erinnerungen an meine Gedanken und Empfindungen aus dieser Zeit, lassen sich schwer mit Worten beschreiben. Es mag noch so abgedroschen klingen, aber ich fühlte mich in der Tat wie eine Gefangene im eigenen Körper, hilflos und abhängig. Zum einen war da die Angst davor, dass es vielleicht nicht gut für mich ausgehen könnte und zum anderen die Sicherheit, dass ich mich in guten Händen wägen konnte und von medizinischer Seite aus bestmöglich versorgt wurde. Ich bin glücklich und unendlich dankbar dafür, dass es bei mir noch einmal so glimpflich ausgegangen ist, auch wenn sich derzeit noch nicht absehen lässt, inwieweit es sich bei den verbliebenen gesundheitlichen Folgen um dauerhafte Beeinträchtigungen handelt.
Das Riechen und Schmecken funktioniert glücklicherweise wieder einwandfrei, sodass ich weder den Duft der Pfingstrosen im Vorgarten missen muss noch den Genuss der vielen leckeren Eiscremesorten an sommerlich warmen Tagen. So wie alle anderen freue auch ich mich auf meine Weise über jeden Schritt zurück in die gewohnte Normalität im Alltag.

Persönliches Fazit

Ich habe mir vorgenommen, mich künftig hinsichtlich der Diskussionen rund um das Thema Corona und Pandemie zurückzunehmen, da ich mich inzwischen als „gebranntes Kind“ bezeichnen muss und somit nicht mehr von einer „Unbefangenheit“ meinerseits sprechen kann. Auch wenn es manchmal schwerfällt, die Standpunkte bezüglich der gesetzten Prioritäten anderer Leute nachzuvollziehen, als „betroffen“ gilt hier im Grunde jeder, ob nun auf die eine oder andere Weise. Daher wäre es wünschenswert, wenn wir alle mehr Verständnis füreinander aufbringen könnten, denn Solidarität ist für mich nach wie vor das A und O, besonders in einer Krise, von der die gesamte Gesellschaft betroffen ist.

Dass der Begriff der Freiheit auch eine ganz individuelle Bedeutung hat, lässt sich kaum an einem besseren Beispiel als meiner Geschichte verdeutlichen. Für mich persönlich bedeutet Freiheit fortan in erster Linie die Unabhängigkeit von medizinischen Hilfsmitteln wie Sauerstoffgerät und Atemmaske.

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Die offizielle Facebookseite von unserer Autorin finden Sie unter www.facebook.com.

 

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