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Katja Keilhau im Interview.

100 Jahre Jugendamt: Was macht eigentlich die Abteilung Eingliederungshilfe?

Inklusion hautnah: Wiesbaden gestaltet seine Eingliederungshilfe neu! Ein Gespräch mit Abteilungsleiterin Katja Keilhau über den Wandel und die Herausforderungen. Lesen Sie, wie die Stadt Synergien nutzt und Teilhabe ermöglicht.

Volker Watschounek 9 Monaten vor 0

Eingliederungshilfe: Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) verhilft Menschen mit Behinderungen zu mehr Teilhabe und individueller Selbstbestimmung.

Das Recht der Eingliederungshilfe wurde durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) in weiten Teilen zum 1. Januar 2020 neu geregelt. Die Landeshauptstadt hat die Gesetzesänderung zum Anlass genommen, die eigene Organisation umzugestalten und eine eigene Abteilung für Eingliederungshilfe und Teilhabe zu gründen. Katja Keilhau ist seit Juni 2022 die Abteilungsleiterin. Wiesbaden lebt! hat die Abteilungsleiterin getroffen und mit ihr über die Herausforderungen der Neugründung und über Eingliederungshilfe und Teilhabe im Allgemeinen zu sprechen.

Frau Keilhau, für wen ist die Abteilung Eingliederungshilfe und Teilhabe zuständig? Wer wendet sich an Sie, wen unterstützen Sie?

Wir sind zuständig für Wiesbadener Kinder und Jugendliche (bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) sowie für junge Volljährige (bis 21 oder 23 Jahre) bei denen eine seelische Behinderung nach § 35a SGB VIII vorliegt oder die von einer solchen bedroht sind. Darüber hinaus sind wir für Wiesbadener Kinder und junge Menschen bis Sekundarabschluss II mit (drohenden) geistigen und körperlichen Behinderungen oder Mehrfachbehinderung zuständig. Für junge Menschen (nach Sekundarabschluss II), bei denen eine geistige und körperliche Behinderung vorliegt oder die von dieser bedroht sind, ist der Landeswohlfahrtsverband der zuständige Eingliederungshilfeträger.

Ds ist nicht überall so. In vielen Kommunen gibt es eine organisatorische Trennung der Zuständigkeiten nach den Gesetzbüchern. Da ist dann das „Sozial-“ oder das „Jugendamt“ zuständig. Wir haben uns gegen diese Trennung entschieden. In Wiesbaden gibt es nur eine Organisationseinheit, die die Zielgruppe Kinder und junge Menschen mit Behinderung vereint, Synergieeffekte nutzt und (hoffentlich) anstehende Novellierung des SGB VIII mitdenkt. Damit gestakten wir die Antragsstellung einfacher und die Zuständigkeitsklärung nicht unnötig kompliziert.

Wie hat der Organisationsaufbau funktioniert?

Die Neuschaffung der Abteilung für Eingliederungshilfe und Teilhabe verlief sicherlich nicht wie geplant, besonders angesichts der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie. Trotzdem hat sich das Team erfolgreich durch die anfänglichen Schwierigkeiten gekämpft und erfüllt jetzt seinen gesetzlichen Auftrag deutlich effektiver. Mit 20 Sozialarbeitern im Fallmanagement strebt die Abteilung danach, individuelle Teilhabeziele für die Betroffenen zu erreichen. Diese Ziele umfassen verschiedene Bereiche wie Bildung, Gesellschaft und Kultur, und zielen darauf ab, Menschen mit Behinderungen ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Zusätzlich zu den Fallmanagern arbeiten zwei Kolleginnen im Clearing-Bereich, wo sie Anträge bearbeiten, Zuständigkeiten prüfen und Familien während des Antragsprozesses beraten. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Abteilung ist der Pflegestützpunkt, der sich speziell auf die Beratung von Menschen unter 60 Jahren mit Pflegebedarf und/oder Behinderungen konzentriert. Dieser Service ergänzt das Angebot der Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter und unterstreicht das Engagement der Abteilung für die umfassende Unterstützung ihrer Klienten.

Welche Eingliederungshilfeleistungen können bei Ihnen beantragt werden?

Die Eingliederungshilfe zielt darauf ab, Menschen mit Behinderungen eine eigenständige Lebensführung zu ermöglichen und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu fördern. Dazu gehören Unterstützung in Bereichen wie Familie, Sozialkontakte, Bildung und Freizeit, welche Frühförderung, Assistenzleistungen und spezielle Therapien umfassen können.

Die inklusive Jugendhilfe strebt an, sämtliche Unterstützungsleistungen für Kinder und Jugendliche innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe zu bündeln, unabhängig von einer Behinderung. Die rechtliche Grundlage hierfür wurde bereits mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz geschaffen, und die Regierungskoalition plant die konkrete Ausgestaltung in dieser Legislaturperiode.

Trotz noch ausstehender Details zur Gesetzesausgestaltung müssen Kommunen wie Wiesbaden ihre Strukturen und Angebote entsprechend vorbereiten. Dies beinhaltet die inklusive Planung und Umsetzung von Angeboten sowie die Einrichtung von Beteiligungsformaten für Menschen mit (drohender) Behinderung und ihre Familien.

Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die die Beteiligung jedes Einzelnen erfordert und über die bloße Unterstützung von Menschen mit Behinderungen hinausgeht.

Welche großen Herausforderungen steht die Eingliederungshilfe aktuell gegenüber?

Der Fachkräftemangel ist das Hauptproblem, das die Effizienz der Eingliederungshilfe beeinträchtigt und das Menschenrecht auf Inklusion gefährdet. Ohne ausreichend qualifiziertes Personal leiden sowohl die Qualität als auch der Umfang der angebotenen Leistungen. Individuelle Bedürfnisse bleiben unberücksichtigt, und die Förderung der Selbstbestimmung gerät ins Stocken.

Besonders akut zeigt sich dieser Mangel bei der Suche nach Heimplätzen. Fallmanager und -managerinnen sind oft gezwungen, bundesweit nach Einrichtungen zu suchen. Oftmals bleiben sie dabei erfolglos, was dazu führt, dass junge Menschen und ihre Familien weit voneinander entfernt platziert werden, was den regelmäßigen Kontakt erheblich erschwert.

Vielen Dank für das Gespräch.

Foto oben ©2024 Volker Watschounek

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Einen Kontakt zu Jugendamt der Landeshauptstadt finden Sie hier.
Die Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter finden Sie unter staatskanzlei.hessen.de.
Weitere Informationen zum Bundesteihabegesetz lesen Sie unter www.betanet.de

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