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Fastnacht: „Es ist geglückt, Wiesbaden verrückt“

Nicht mehr lange –… dann wird die positive Verrücktheit auf Wiesbadens Straßen gelebt. Was sich bereits in den Sälen der Karnevalsvereine zuträgt, ist von Altweiberfastnacht bis Aschermittwoch vor allem auf den Straßen zu spüren. Helau!

Gastautor 5 Jahren vor 0

Fastnacht: 5 Kilometer Zugweg, 210 Zugnummern, 65 Vereine und etwa 5500 Personen machen mit. Im 55 Fahrzeuge transportieren das gewichtiges Komitee.

„Es ist geglückt, Wiesbaden verrückt“ – das sagt auch unser Gastautor. Ein Wiesbadener, der sich in Sachen Fastnacht auskennt. Ein Wiesbadener, der gerne in der Bütt steht und dort nicht unbedingt ein Blatt vor den Mund hält. Guntram „Eisi“ Eisenmann über 70 Jahre Wiesbaden Fastnacht …– freu nach dem Motto, wie alles anfing.

Einst Miniatur, heute 210 Nummern

„Es ist geglückt, Wiesbaden verrückt“ – unter diesem Motto zog 1949 der erste Wiesbadener Fastnachtszug nach dem Krieg durch Wiesbaden. Nicht, dass es der erste Fastnachtszug in unserer Stadt überhaupt gewesen wäre, denn schon im Jahr 1850 gab es einen Miniaturzug, welcher sich aber nur durch die Taunus-und die Wilhelmstrasse bewegte und damit recht überschaubar war. Besondere Vorkommnisse sind im Polizeibericht nicht verzeichnet. Der kurze Zug bot wahrscheinlich kaum die Gelegenheit, sich einen Rausch anzutrinken. Ein zweiter Versuch wurde am Sonntag, den 20. 2. 1887 gestartet, der sogar den Mainzer Rosenmontagszug toppte,…Kunststück, in diesem Jahr entfiel dieser nämlich, weil montags Reichstagswahlen waren. Der dritte größere Fastnachtszug im Jahr 1900 endete in einem finanziellen Fiasko und war auch vorerst der letzte Versuch für fast ein halbes Jahrhundert. Was dann alles kam, wissen wir dank vieler History-Channels nur zu gut.

Rosenmontag in Wiesbaden

Eigentlich verwunderlich, dass erst 1000 Jahre ruhmlos in Schutt und Asche gehen mussten bis 1948 einige Wiesbadener Fastnachter, Künstler und Geschäftsleute auf die Idee kamen, erneut den Versuch zu wagen, einen Fastnachtsumzug auf die Beine zu stellen. Besonders die Tatsache, dass viele Männer noch in russischer Kriegsgefangenschaft waren sprachen nicht gerade für ausgelassenes Fastnachtstreiben. Aber vielleicht war auch gerade die wiedergewonnene Lebenslust und das Gefühl, gerade noch einmal davon gekommen zu sein der treibende Moment dafür. So zog am Rosenmontag, den 28. Februar 1949, der Vorläufer unserer heutigen Fastnachtsumzüge durch die noch teilweise von Bomben zerstörte Stadt.

Viertel Million Menschen

Es säumten knapp eine Viertel Million Menschen den Zugweg. Was auch sicher der Tatsache geschuldet war, dass man in Mainz auf den Rosenmontagsumzug verzichtete, da es der Jahrestag des verheerenden Luftangriffs drei Jahre zuvor war. In den folgenden Jahren einigte man sich auch darauf, die Umzüge an verschiedenen Tagen zu veranstalten, um sich gegenseitig keine Konkurrenz zu machen. Im Gegensatz zu heute nahmen an Wiesbadener Umzügen damals auch „hochrangige“ Vertreter der Mainzer Fastnacht und Garden teil. Man war scheinbar bedeutend lockerer im Umgang miteinander drauf als heute.

Helau statt Wiba

Der Schlachtruf Wiba setzte sich auf Dauer aber nicht durch und wurde irgendwann durch das aus Düsseldorf und Mainz übernommene Helau ersetzt. Leider war der Umzug abermals eine finanzielle Katastrophe welche der organisierende KV Rosenmontagszug nicht überlebte. Feiern ging in unserer Stadt offensichtlich oftmals vor betriebswirtschaftlichem Rechnen. Da die Stadtverwaltung und einige Vereine aber trotzdem großes Interesse an einem regelmäßig stattfindenden Umzug hatten brachte man alle wieder an einen Tisch und gründete unter anderem zu diesem Zweck am 19. 10. 1950 die DACHO-Wiesbaden. Diese organisiert, trotz des fast behördlichen Namens, seit 1951 erfolgreich die größte Fremdensitzung unter freiem Himmel in unserer Stadt, an der bei guter Witterung teilweise bis zu einer halben Million Menschen teilnehmen.

Luft nach oben

Wenn man sich überlegt, dass in Spitzenzeiten bis zu 15 Wiesbadener Musikkapellen am Umzug teilnahmen, ist da derzeit schon noch einige Luft nach oben. Nun gut, damals gab es kein Fernsehen, Internet und organisierte Kommerzevents. Ein jedes Ding hat halt seine Zeit. Gäbe es eine Musikzug-App, lägen die Dinge da sicher anders. Mal Alexa fragen, was sie dazu meint. Die Tatsache, dass es nur zu 3 Zugausfällen in den letzten Jahrzehnten kam, ist schon erstaunlich. Das erste Mal entfiel der Umzug mit Rücksicht auf die unzähligen Opfer der Hamburger Sturmflut und des Bergwerksunglückes im Saarland. Ein zweites Mal ließ der damalige Dacho Vorsitzende, der legendäre Albert Dacho-Herrmann die Muskeln spielen und sagte den Zug kurzerhand ab weil die Stadt die Zuschüsse für den Umzug gestrichen hatte. Ein Notkomitee Wiesbadener Narren stellte spontan einen Umzug unter dem Namen Lalü auf die Beine und wollte die Fastnacht zu ihren anarchistischen Wurzeln zurückführen.

Wiesbadener Fastnacht und Lalü

Das Ganze war aber eher eine Mischung aus Demo und Happening und das Spektakel wiederholte sich nicht. Seit diesem Zeitpunkt gibt es aber in Wiesbaden einen Kinderumzug mit einem jährlich wechselnden Kinderprinzenpaar. So hat jedes Ying eben sein Yang. 1991 wurde der Zug nach heftigen Diskussionen wegen des 2. Golfkrieges ebenfalls kurzfristig abgesagt. Ob das so berechtigt war oder nicht, lassen wir mal so dahingestellt sein. Auf jeden Fall kann man in Wiesbaden auf eine erfolgreiche, nahezu 70jährige Fastnachtszuggeschichte zurückblicken.

5 politische Motivwagen

Nun zum Schluss noch ein paar unvermeidliche, aber dennoch beeindruckende Zahlen zum Stand des derzeitigen Fastnachtsonntagszuges. Der Zugweg ist rund 5 Kilometer lang, hat im Durchschnitt 210 Zugnummern, etwa 65 Vereine nehmen mit ca. 5500 Personen daran teil. Im Zug laufen etwa 35 Musikgruppen mit und durchschnittlich 55 Fahrzeuge transportieren gewichtiges Komitee und 5 politische Motive. Die Kalorien der geworfenen Bonbons würde 11 sibirische Hirtenvölker locker durch einen strengen Winter bringen.

Ausblick 70. Geburtstag

Es gäb noch viele Anekdoten, Geschichten, Namen und Bilder, die es wert wären aufgeführt zu werden, aber dafür reicht der Platz hier bei weitem nicht aus. Im Jahr 2020 feiert die DACHO ja schließlich ihren 70. Geburtstag und vielleicht bietet sich ja da die Gelegenheit, die Dinge etwas genauer zu beleuchten. Die DACHO ist ja auch jünger als Prince Charles und der hat bekanntlich ja auch noch ganz große Ziele.

Impressionen vom Fastnachtssonntagszug 2018

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Geschrieben von

Immer wieder schreiben verschiedene Gastautoren für Wiesbaden lebt und jedem sein eigens Benutzerprofil einzurichten, wäre einfach zu viel. Wiesbaden lebt fast alle Autoren daher hier zusammen - am Ende der jeweiligen Beiträge steht dann, wer den Text verfasst hat.