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Ostfeld, der Stadtteil der Zukunft

Klimaschutzbeirat legt Positionspapier zum Ostfeld vor

Der Klimaschutzbeirat hat in seiner Sitzung vom 3. März ein Positionspapier zum Stadtentwicklungsprojekt Ostfeld/Kalkofen einstimmig beschlossen und unterstreicht damit die Notwendigkeit einer klimaneutralen Entwicklung des Gebiets in Wiesbaden.

Volker Watschounek 2 Jahren vor 0

Bis zum Jahr 2030 will die Stadt Wiesbaden 55 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen, als im Vergleichsjahr 1990: ein wichtiges Zwischenziel zur Klimaneutralität.

Nach ausgiebigen Beratungsrunden kommt der Klimabeirat zu dem Schluss, dass es einer Potenzialstudie bedürfe, die aufzeige, mit welchen Maßnahmen und unter welchen Rahmenbedingungen die Entwicklung des Ostfelds so klimafreundlich wie möglich realisiert werden könne. Dort müssten Technologien zum Einsatz kommen, die so wenig wie möglich Treibhausgase freisetzen und über eine ganzheitliche Ökobilanzierung bewertet werden. Wesentlich sei der Einsatz von 100 Prozent erneuerbarer und im besten Fall lokal erzeugter Energien nach Fertigstellung des neuen Quartiers. So lasse sich das Ziel der Klimaneutralität der Stadt Wiesbaden insgesamt wirkungsvoll unterstützen. Schließlich müsse der CO₂-Fußabdruck der Bewohner des Ostfelds einbezogen werden. Für alle müsse ein Leben mit Null-Emission in diesem Stadtteil laut Klimaschutzbeirat möglich sein. Dabei müssten auch Aspekte berücksichtigt werden, wie eine lokale Kreislaufwirtschaft, eine funktionierende Nahversorgung, Angebote zur Naherholung und der räumlichen Nähe von Wohnen und Arbeiten.

„Die Umsetzung der in dem Positionspapier beschriebenen Maßnahmen und Anforderungen sind entscheidend für die Erreichung unserer Klimaschutzziele, insbesondere weil diese Ziele in der Vergangenheit nicht erreicht wurden“, erklärt der Vorsitzende des Klimaschutzbeirats, Dr. Martin Lommel.

Positionspapier des Klimaschutzbeirats

Der Klimaschutzbeirat (KSB) der Landeshauptstadt Wiesbaden unterstreicht die Notwendigkeit, das Stadtentwicklungsprojekt Ostfeld/Kalkofen klimaneutral zu gestalten, denn das beschlossene Wiesbadener Klimaschutzziel 2030 (55 % weniger Treibhausgasausstoß im Vergleich zu 1990) ist aus Sicht des Beirats ein entscheidendes Zwischenziel auf dem Weg zur klimaneutralen Landeshauptstadt 2045, zumal die selbstgesteckten Ziele für 2020 deutlich verfehlt wurden. Daher stellt das Stadtentwicklungsgebiet Ostfeld eine große Herausforderung dar.

Klimaschutz und Stadtentwicklung

Aus Perspektive des KSB ist es nicht realistisch, den Bau des Stadtteils vor Ort vollständig klimaneutral umzusetzen. Dies gilt trotz der erwarteten und von der SEG dem KSB zugesagten deutlichen Einspa- rung der bisher üblichen Emissionen während des Baus durch neue, treibhausgasärmere Technologien und Verfahren. Die Errichtung des Ostfeldes gefährdet folglich die Beschlüsse der Stadtpolitik und die Zielsetzung des Beirates auf dem Weg zum klimaneutralen Wiesbaden. Selbst ohne diese Entwicklungsmaßnahme ist die Zielerreichung angesichts des kurzen noch verbleibenden Zeitraumes äußerst ambitioniert. Aus diesem Grund muss aus Sicht des KSB der Klimaschutz auch bei der Stadtentwicklung in all seinen Ausprägungen vor anderen berechtigten Interessen priorisiert werden und eine unvermeidbare Emission entsprechend kompensiert. Auch die Produktion treibhausgasrelevanter Bauteile und Produkte außerhalb der Bilanzierungsgrenzen des eigenen Stadtgebietes sollte im Sinne eines regionalen Klimaschutzes berücksichtigt werden.

Mehrinvestitionen

Anschließend an die Errichtung muss für den Betrieb der Infrastruktur ausschließlich erneuerbare und im besten Fall lokal erzeugte Energie verwendet werden. Ziel muss es darüber hinaus sein, durch zusätzliche lokale Energieerzeugung eine rechnerische Klimaneutralität der Gesamtstadt zu unterstützen. Die zu erwartenden Mehrinvestitionen für klimaneutrales Bauen müssten durch Effizienzmaßnahmen wie z.B. eine modulare Bauweise reduziert werden. Für die Berechnungen von Verbräuchen und Emis- sionen müssen für unterschiedliche Kennziffern Qualitätsniveaus pro Person festgelegt und so stand- ortbezogene Suffizienzprinzipien angewandt werden.

Städtebau und die Freiraumgestaltung

Zugleich erkennt der Beirat die bestehenden Beschlüsse der StVV zum Stadtentwicklungsprojekt an und gibt mit dieser Stellungnahme Hinweise für das weitere konkrete Vorgehen für die Projektumsetzung. Unverzichtbar ist, die geplanten und beabsichtigten Maßnahmen durch entsprechende Detailbeschlüsse der Stadtverordnetenversammlung zu untermauern und bei Planung und Realisierung durch eine adäquate Überprüfung sicherzustellen, dass die ambitionierten Zielsetzungen tatsächlich erreicht werden. Hierzu ist es aus Sicht des KSB unbedingt erforderlich, auf der Grundlage von konkre- ten Vorgaben in Form eines Verkehrskonzeptes, eines Energiekonzeptes sowie zu den Anforderungen an den Energiestandard der Gebäude, einen Planungswettbewerb für den Städtebau und die Freiraumgestaltung durchzuführen. Die Ergebnisse dieses Wettbewerbes sollten in einen städtebaulichen Rahmenplan münden, der wiederum die Grundlage für einen Bebauungsplan darstellt. Um die Inhalte zuverlässig umzusetzen, sollten dann die Grundstücke in Form von Konzeptvergaben an die Investoren/Bauträger vergeben werden. Hier sollte die Stadt selbst mit ihren Gesellschaften in der Umsetzung aktiv tätig werden und damit die Zielvorgaben optimal umsetzen.

Wirtschaftlichkeit

Grundlage weiterer, konkreterer Planungen der Stadtentwicklungsmaßnahme muss entsprechend dem Beschluss der StVV hinsichtlich einer frühzeitigen Begleitung durch Energie-/Klimaexpert eine Potenzialstudie sein, die aufzeigt, mit welchen Maßnahmen und unter welchen Rahmenbedingungen das Stadtentwicklungsprojekt so klimafreundlich wie möglich realisiert werden kann und welche qualitativen und auch quantitativen Leitplanken bei der Umsetzung zwingend berücksichtigt werden müssen. Wenn diese Vorstudie aufgrund bspw. einer maximalen Zahl künftiger Bewohner die Wirtschaftlichkeit der Stadtentwicklung infrage stellt oder eine Bilanzraumvergrößerung unvermeidbar ist, so ist vor Beginn der Maßnahme hinsichtlich möglicher Konsequenzen zu beraten und zu entscheiden.

Überbaubaren Flächen

Der KSB stimmt mit der Stadtpolitik und den Verantwortlichen überein, dass gerade im Hinblick auf die klimatischen Belastungen durch den neuen Stadtteil ein ganzheitlicher Ansatz für die Umsetzung erforderlich ist. Dies gilt für den Einklang von Klimaschutz mit weiteren insbesondere sozialen Aspekten der Nachhaltigkeit als auch für die Erarbeitung von baulichen Lösungen, die nicht nur dem Klimaschutz, sondern auch dem Ressourcenverbrauch, der Artenvielfalt, dem Stadtteilklima und der Wohnqualität Rechnung tragen. Das Stadtentwicklungsprojekt darf darüber hinaus nicht zu einer negativen Beein- flussung eines nachhaltigen Wassermanagements für die Region führen. Der Klimaschutzbeirat unter- streicht an dieser Stelle auch die Bedeutung der bereits getroffenen Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung zur Sicherstellung der nicht überbaubaren Flächen und dem Schutz des Mikroklimas. Grundsätzliche Zielkonflikte (z.B. hinsichtlich der Flächennutzung zur Energieversorgung) gilt es zu benennen und ihnen ausgewogen zu begegnen.

Stadtentwicklungsprojekt

Über die getroffenen Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung hinaus regt der KSB dringend an: Das Stadtentwicklungsprojekt erfordert

  • eine ganzheitliche Ökobilanzierung der Stadtteilentwicklung und -nutzung im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitforschung, die bereits die Baukonstruktion berücksichtigt,
  • eine Konkretisierung des Beschlusses der StVV zu der Vorgabe, dass maximal drei Tonnen CO2 pro Jahr und Bewohner:in des Ostfelds emittiert werden dürfen. Aus Sicht des KSB sollte dies den gesamten CO2 -Fußabdruck der Bewohner:innen einbeziehen. Für jede:n Bewoh- ner:in muss ein Leben mit Null-Emission in diesem Stadtteil möglich sein,
  • die Berücksichtigung einer lokalen Kreislaufwirtschaft und Effizienz auch jenseits von energeti- schen Überlegungen, bspw. im Sinne der Nahversorgung, Naherholung und der räumlichen Nähe von Wohnen und Arbeiten.

Trotz des Primats des Klimaschutzes müssen bei der Stadtentwicklungsmaßnahme weitere gesellschaftliche Aspekte wie gemeinwohlorientierte Wohnformen, mietpreisgebundener wie auch weiterer bezahlbarer und zugleich attraktiver Wohnraum für Familien Berücksichtigung finden. Einer Abwande- rung ins Umland sollte mit dieser Stadtentwicklungsmaßnahme gleichermaßen aus ökologischen Grün- den (Pendlerströme) Einhalt geboten werden, wie auch um klimaneutrales Wohnen und Leben für alle Einkommensschichten zu ermöglichen. Auch hier sollte der Aspekt der Suffizienz leitend sein.

Nutzungszyklus der Investitionen

Die Realisierung des geplanten Stadtentwicklungsprojektes Ostfeld/Kalkofen unter Einhaltung der Wiesbadener Klimaschutzziele und ohne Gefährdung des Mikroklimas der Stadt kann als Modell- und Prestigeprojekt der Landeshauptstadt eine nationale und ggf. internationale Sichtbarkeit der kommuna- len Klimaschutzinitiativen unterstreichen. Hierfür muss die vorbildhafte Umsetzung mit innovativen kli- mafreundlichen Lösungen und zukunftsweisenden Techniken so vorgesehen und durchgeführt werden, dass jede Planung auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse erfolgt, selbst wenn hierdurch kurzfristig keine maximale wirtschaftliche Effizienz erreicht wird. Die Kosten für einen effektiven Klimaschutz müssen auf den Nutzungszyklus der Investitionen umgerechnet und eine Förderung wirtschaft- lich agierender Beteiligter durch die Kommune ermöglicht werden.

Klimaverträgliche Zukunft

Nicht zuletzt sieht der Klimaschutzbeirat durch das Stadtentwicklungsprojekt, sofern die oben genannten Aspekte berücksichtigt werden, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Chancen für eine prosperierende und zugleich klimaverträgliche Zukunft der Landeshauptstadt Wiesbaden.

Der KSB wird das Projekt gemeinsam mit weiteren externen Experten detailliert begleiten, um den realen Beitrag zum Erreichen der Wiesbadener Klimaschutzziele zu überprüfen und einzufordern.

Hintergrund

Der Klimaschutzbeirat der Landeshauptstadt Wiesbaden wurde 2018 gegründet und befasst sich seitdem unter anderem mit der Umsetzung des integrierten Klimaschutzkonzeptes der Stadt; er begleitet die städtische Verwaltung und Organe in grundsätzlichen, klimarelevanten Fragen.

Foto oben ©2021 3deluxe

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Volker Watschounek lebt und arbeitet als freier Fotograf und Journalist in Wiesbaden. SEO und SEO-gerechtes Schreiben gehören zu seinem Portfolio. Mit Search Engine Marketing kennt er sich aus. Und mit Tinte ist er vertraut, wie mit Bits und Bytes. Als Redakteur und Fotograf bedient er Online-Medien, Zeitungen, Magazine und Fachmagazine. Auch immer mehr Firmen wissen sein Know-how zu schätzen.