Matthias Egersdörfer feiert in Wiesbaden die Langsamkeit. Sein neues Programm stemmt sich gegen die Raserei des Lebens – mit Humor, Wucht und Wut.
Matthias Egersdörfer steht auf der Bühne, schaut ins Publikum, schweigt. Das Schweigen dehnt sich aus. Dann beginnt er zu sprechen, langsam, bedächtig, mit dieser schweren Fränkischkeit, die ihn auszeichnet. Er erzählt von Menschen, die zu schnell reden, von Küchenchefs, die ihn einst zur Eile trieben, von Traktoren, die über Felder jagen. Und während er spricht, stemmt er sich gegen die Raserei der Welt.
Theater im Pariser Hof, kurz gefasst
Kabarett – langsam (Ausverkauft)
Wann: Freitag, 7. Februar 2025, 19:30 Uhr, Einlass ab 19:00
Wo: Theater im Pariser Hof, Spiegelgasse 9, 65183 Wiesbaden< Eintritt: 22 Euro, 5 Euro Ermäßigung für Schüler/innen, Studenten/innen, Auszubildende und Kinder (bis 6 Jahre)
Egersdörfer ist einer, der sich Zeit nimmt. Er hat sein neues Soloprogramm nicht in hektischen Wochen, sondern in bedächtigen Monaten geschrieben. Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort, Satz um Satz. Diese Langsamkeit wird zum Prinzip, zur Haltung, zum Statement. Der Abend in Wiesbaden ist kein Feuerwerk aus Pointen, kein Sprint durch die Absurditäten des Alltags. Es ist ein Innehalten, ein tiefes Atmen, ein trotziges Festhalten am eigenen Tempo.
Doch während sich das Publikum in diese entschleunigte Erzählweise hineinfallen lässt, droht jederzeit eine Explosion. Egersdörfer ist ein Mann, der plötzlich aus seiner Ruhe herausfahren kann, der sich mit eruptiver Kraft empört – über Nichtigkeiten, über Katastrophen, über die Geschwindigkeit der Welt. Diese plötzliche Wut wirbelt durch den Saal, rüttelt auf, reißt mit. Wer eben noch versonnen lauschte, sitzt plötzlich kerzengerade auf seinem Stuhl.
Zwischen Tragik und Komik
Die Geschichten, die Egersdörfer erzählt, sind skurril, alltäglich und doch voller Tiefe. Eine Ehefrau, die zu viel oder zu wenig geschlafen hat und am Morgen eine Wortlawine lostritt. Ein Mann, der noch keinen Schluck Kaffee getrunken hat und sich wünscht, die Erdanziehungskraft möge wenigstens funktionieren. All das ist zutiefst komisch und zugleich grundernst. Denn in Egersdörfers Kabarett steckt stets auch eine melancholische Note, eine Wehmut über die Absurditäten des Lebens.
Der Kabarettist gibt an diesem Abend keine einfachen Antworten. Er fällt kein Urteil über die Schnelllebigkeit der Gesellschaft. Er tut nur eines: Er bleibt stehen, während um ihn herum alles rennt. Und in dieser Bewegungslosigkeit liegt eine Kraft, die das Publikum mitnimmt, die nachhallt, die länger dauert als jeder schnelle Witz.
Bild oben Philipp Scharrenberg ©2024 Montage Marvin Ruppert / Wiesbaden lebt!
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Die Internetseite von Matthias Egersdörfer finden Sie unter www.egers.de.