In Hessen pulsiert der 1. Mai: Zwischen Maibaum, Tanz und Wanderlust lebt ein Brauchtum, das Gemeinschaft und Geschichte verbindet.
Die Nacht zum 1. Mai. In hessischen Dörfern dröhnt Musik durch die Straßen. Jugendliche schleppen Bierkästen in leerstehende Scheunen. In Hallen und Zelten stampfen Tanzbeine im Takt von Livemusik oder DJ-Sounds. Der Tanz in den Mai ist nicht bloß Party – er ist gelebte Vorfreude auf den Sommer.
Ob Disco oder Dorfplatz, die Region tanzt. Das Feuer knistert, Gläser klingen, Stimmen lachen. Schon am Vorabend spüren viele: Der 1. Mai ist mehr als ein gesetzlicher Feiertag – er ist ein kollektives Ausatmen nach dem Winter.
Maibaum und Mitternachtsmissionen
Kaum hat die Nacht ihren Schleier gelüftet, dreht sich alles um ihn: den Maibaum. Ein Birkenstamm, meterhoch, mit Bändern, Kränzen und Schildern geschmückt. Die Dorfjugend hebt ihn auf den zentralen Platz, von Hand, mit Muskelkraft und Stolz.
Ringsum erklingen Blasmusik und Kinderlachen. Es duftet nach Bratwurst und frischem Bier. Der Maibaum markiert den Übergang: vom Frühjahr zur Fülle, vom Alten zum Neuen. Und während einer feiert, schleicht sich manch anderer in Nachbardörfer – um deren Baum zu „klauen“. Ein launiges Katz-und-Maus-Spiel mit Tradition, bei dem Gelächter und Auslöse-Bier garantiert sind.
Wanderlust mit Würstchen
Am Morgen des 1. Mai ziehen Grüppchen los. Mal sportlich, mal gesellig. Ein Bollerwagen scheppert über den Feldweg, beladen mit Grillgut, Getränken und Musikbox. Zwischen Apfelbäumen und Feldern lebt ein urhessischer Brauch: das Maiwandern.
Es ist kein Spaziergang. Es ist ein rollendes Picknick mit Pause an jeder Weggabelung. Freundeskreise, Familien, Vereine – sie alle nutzen den Feiertag für ein kleines Abenteuer, das draußen beginnt und oft irgendwo mit einem spontanen Lagerfeuer endet.
Hexen, Flammen und der Ursprung aller Feste
Doch der 1. Mai trägt tiefere Wurzeln. Lange vor Maibäumen und Gewerkschaftsparolen tanzten unsere Vorfahren ums Feuer. Die Walpurgisnacht, am 30. April, galt als Schwelle zwischen den Jahreszeiten. In dieser Nacht, so glaubte man, reiten Hexen auf Besen durch die Lüfte – Richtung Brocken im Harz, wo das wilde Fest steigt.
Mit Krach und Licht vertrieb man böse Geister. Man sprang übers Feuer, verkleidete sich, tanzte in die Morgendämmerung. Die Geister sind verschwunden – geblieben ist der Rausch. Wo Sie in Wiesbaden am besten in den Mai tanzen knnen oder wo es Frühlingsfeste gibt, lesen Sie bald schon hier.

Zwischen Protest und Picknick: Der Tag der Arbeit
Natürlich hat der 1. Mai auch eine politische Stimme. In Städten rufen Gewerkschaften zu Kundgebungen auf. Traditionell in Wiesbaden ruft der DGB Region Frankfurt-Rhein-Main in Wiesbaden zu sseiner Maikundgebung auf den Kranzplatz auf. Dann wehen Transparente, fordern Menschen faire Löhne, soziale Gerechtigkeit, besseren Arbeitsschutz.
Was einst als Streikbewegung begann – 1886 in Chicago –, ist heute ein Symbol der Arbeiterrechte. Und doch: Während in Städten geredet wird, wandert man auf dem Land. Ein Nebeneinander, das typisch deutsch ist – und besonders hessisch.
Foto – 1. Mai auf dem Land © 2025 Jean Pierre Hintze / Flickr / CC-Lizenz
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