Boris Meinzer in der Rolle als Dummfrager verwandelt das thalhaus Theater in Wiesbaden in ein Kabarett der unfreiwilligen Komik.
Es war einer dieser Abende, an denen selbst der gesunde Menschenverstand kurz Pause machte. Und das völlig freiwillig. Boris Meinzer, langjähriger Radiomann und passionierter Dummfrager, betrat die Bühne des thalhaus Theaters – und verwandelte sie in ein kurioses Paralleluniversum, in dem Emmentaler zur Wiege der Menschheit wurde und Pommesburg kurzerhand das nördlichste Bundesland ersetzte.
Schon beim Einlass war klar: Meinzer zieht. Zwar blieben vereinzelt Plätze leer, doch im Gang saßen Zuschauer auf Klappstühlen – ein sicheres Zeichen dafür, dass hier einer auftritt, der weiß, wie man mit Halbwissen ganze Säle füllt.
Vom Straßenmikrofon ins Scheinwerferlicht
Meinzer startete dort, wo er am stärksten ist: bei sich selbst. Der gebürtige Badener, bekannt aus unzähligen Radiosendungen, streifte durch sein Archiv der Absurditäten. Wie viele Menschen leben auf der Erde? – 600.000?, lautete die Antwort eines Passanten. Das heißt also, jeder fünfte Mensch ist Offenbacher, schlussfolgerte Meinzer trocken. Lachen, Klatschen, Szenenapplaus – das Publikum war sofort auf Betriebstemperatur. Erst recht als er in der ersten Reihe durchzuzählen begann. 1, 2, 3, 4, Offenbacher?
Käse, Kant und Kalauer
Mit hörbarer Lust an der Sprachverdrehung präsentierte Meinzer seine gesammelten Schätze aus Fußgängerzonen und Radiogesprächen. Die Neandertaler wurden zu Emmentalern, der Zweck reinigte Kittel statt Mittel, und aus dem Sprichwort Dem Gegner Paroli bieten wurde Dem Gegner Ravioli bieten. Meinzer legte nach, wie ein DJ, der seine besten Tracks droppt – und jeder Treffer platziert.
Es waren nicht nur die Antworten, die zum Brüllen komisch waren, sondern auch die Zwischenrufe, das Rätseln, das hilflose Umherirren im eigenen Kopf. Das Publikum lachte nicht über andere – es lachte mit ihnen. Und manchmal über sich selbst.
Offenbach, Stroppetz und das Italienmeer
Ein Highlight jagte das nächste. Da war die junge Frau, die nach Saint-Tropez fuhr, aber „Stroppetz“ las. Der Teenager, der vom „Italienmeer“ schwärmte. Der Schüler, der Hamburg an der Else verortete und Köln von der Oder durchflossen sah. Meinzer hielt dem Land einen Spiegel vor – und der zeigte weniger Bildungsnotstand als liebenswürdige Verpeiltheit.
Generation Faxgerät
Doch Meinzers Humor blieb nicht bei den Jungen stehen. Auch die ältere Generation bekam ihr Fett weg – warmherzig, nie herablassend. Er erzählt von seiner Mutter, die 30 Mal ein Fax versendete – weil es immer wieder unten raus kam. Die Rentnerin, die den Browser für ein Wannenbad hielt. Und die Hörerin, die Julio Iglesias für den „Honolulis Gläser“ hielt. Meinzer sammelt solche Geschichten wie andere Briefmarken.
Wenn die Dummheit Charme hat
Was Meinzers Show so besonders macht, ist nicht bloß der Inhalt, sondern die Haltung dahinter. Er verspottet niemanden. Er feiert die Skurrilität des Alltags. Und das macht er mit einem Tempo, das Kabarettistenkollegen wie Dieter Nuhr oder Urban Priol neidisch machen dürfte. Sprachlich bewegt er sich irgendwo zwischen Harald Schmidt und einem sehr wachen Lehrer in der letzten Stunde vor den Ferien.
Vom Röschenhof zur Toysrus-Panne
Die Geschichten schichteten sich am Mittwochabend im thalhaus Theater übereinander, wie eine Torte aus Pointen. Der Röschenhof oder der Worst Case als Wurstpaket – Meinzer behielt bei allem den Überblick, jonglierte mit Wörtern, zitierte, improvisierte, kommentierte sich selbst. So entsteht aus vermeintlichem Blödsinn kluge Komik.
Ein Abend, der klüger machte – trotz allem
Dann präsentierte Meinzer aus seinem Archiv noch womit sich Kollegen so rumschkagen – darunter den legendären Anruf eines Rentners beim MDR , der sich über die falsche Aussprache seines Seniorenheims aufregte. Bitte könnten Sie bei der Grußsendung früh endlich mal, ich habe schon mehrfach angerufen bei Ihrer Redaktion, veranlassen, dass in Leipzig keinen Rösch-en-hof gibt, sondern einen Rös-ch-en-hof. – Rös-ch-en-hof, nicht Rösch-en-hof! Der Saal tobte. Und gleichzeitig spürte man: Hinter all dem Gelächter steckt viel Menschenliebe, ein wacher Blick auf die Gesellschaft und ein subtiles Gespür für Sprache.
Fazit
Boris Meinzer hat in Wiesbaden bewiesen, dass Bildungslücken auch unterhaltsam sein können. Dass Halbwissen nicht peinlich, sondern poetisch ist – wenn man es richtig erzählt. Und dass Humor dann am besten funktioniert, wenn er nicht belehrt, sondern berührt. Ein Abend voller absurder Perlen, präsentiert von einem, der weiß, wie man mit einem Mikrofon die Welt erklärt.
Foto – Boris Meinzer ©2025 Volker Watschounek
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