Ab heute Abend läuft der Verkehr in der Schwalbacher Straße anders: Autos wechseln auf die Westseite, damit Stadtentwicklung und Bauprojekte klarkommen.
Die Schwalbacher Straße trennt seit Jahrzehnten mehr, als sie verbindet. Auf der einen Seite liegt das historische Fünfeck, auf der anderen das innere Westend – dazwischen rollt Verkehr, als müsse er irgendwohin, nur bitte nicht stehen bleiben. Verkehrsdezernent Andreas Kowol erinnert daran, dass sich Wiesbaden „seit fast 30 Jahren“ mit genau dieser Trennwirkung auseinandersetzt. Beschlüsse gab es viele, Lösungen weniger. Jetzt kommt eine – erst einmal als Zwischenzustand, aber mit klarer Richtung: Die Straße soll nicht länger wie eine städtische Schneise wirken, sondern wie ein Stadtraum.
Heute Abend wechselt der Autoverkehr die Seite
Nachdem die vierte Fahrspur und die neue Rechtsabbiegespur von der Rheinstraße in die Schwalbacher Straße freigegeben sind, verlagert die Stadt den gesamten Autoverkehr ab heute Abend (12. Dezember) auf die Westseite. Das klingt nach Baustellenroutine, ist aber Teil eines größeren Plans: Während auf der Ostseite Fernwärmeleitungen von ESWE Versorgung verlegt werden, soll der Verkehr weitgehend normal weiter fließen – und zwar so, dass Busse, Lieferverkehr und perspektivisch auch Radverkehr sinnvoller Platz finden.
Fernwärme, Busse, Bleichstraße: Die komplizierte Choreografie
Kowol macht keinen Hehl daraus, wo es knifflig wird: im mittleren Abschnitt, dort, wo Busse aus der Friedrichstraße in großer Zahl einbiegen und sich Richtung Bleichstraße sortieren müssen. Teilweise fahren vier bis sechs Busse kurz hintereinander an – da reicht eine „wird schon“-Planung nicht. Genau deshalb hat die Stadt schon vor zwei Jahren die Haltestelle am Anfang der Bleichstraße deutlich erweitert (Wir berichteten). Das sich Autofahrer erst einmal rechts halten müssen um dann in die Bleichstraße links einzubiegen, mag ungewöhnlich sein: gehört jedoch mit zu dem Konzept, in den nächsten Monaten täglich die gewohnten 25.000 bis 30.000 Fahrzeuge zu bewältigen – und in der Entwicklung nicht stehen zu bleiben. Durch die neue Verkehrsführung mit zwei Spuren pro Richtung auf der Westseite, wird die Ostseite als Arbeitsraum für Leitungen und Umbau gewonnen
1,5 Millionen Euro Zwischenzustand – mit Langzeitwirkung
Die bisherigen Maßnahmen haben laut Kowol gut 1,5 Millionen Euro gekostet. Das sei etwas mehr als ursprünglich geplant. Der Grund: Die Stadt hat Maßnahmen vorgezogen, die eigentlich erst für den Endausbau gedacht waren – neue Inseln, zusätzliche Ampeln, dauerhafte Eingriffe. Humor am Rande: Ein Provisorium, das sich ziemlich endgültig anfühlt. Aber genau das ist die Absicht. Denn dieser Zustand soll mindestens fünf Jahre tragen, während die Ostseite abschnittsweise umgebaut wird.
Insgesamt sind für die beiden Bauabschnitte 4 Millionen Euro vorgesehen. Einen kleinen Zuschuss gibt es vom Bund: Rund 300000 Euro pro Bauabschnitt – für Bäume und Grünflächen. Für 2026 und 2027 wohlgemerkt- Im übergeordneten Gesamtplan zur Umgestaltung der Schwalbacher Straße sind über acht Jahr Mittel in Höhe von 26.5 Millionen Euro vorgesehen, ohne Zuschüsse!

Mauritiushöfe und Galeria: Zwei große Fragezeichen bestimmen den Takt
Im Hintergrund stehen zwei Schwergewichte: die Mauritiushöfe (ehemals City-Passage) und das leerstehende Galeria-Kaufhof-Gebäude. Kowol betont, dass Abbruch- und Baustellenverkehr keinesfalls durch Faulbrunnenstraße oder Kirchgasse laufen kann – was bei der bei rund 12 Millionen Passanten pro Jahr ein riskantes Experiment wäre. Stattdessen muss die Schwalbacher Straße die Logistik schlucken. Und die neue Führung schafft dafür Raum. Und sie hält sogar den unwahrscheinlichen Fall aus, dass auch an der Galeria noch einmal groß abgerissen werden müsste.
Und es sind genau diese beiden Baustellen – Kaufhof Galeriea und Mauritius Höfe – die den aktuellen Zeitplan ins wanken bringen können. Ist man sich im Abschnitt der ehemaligen City-Passage zukunftssicher, lässt sich hinsichtlich des Bereichs um Kaufhof Galerie zum aktuellen zeitpunkt gar nichts sagen.
Mehr Spielraum für Stadt
Ausblick: Aktuell rollen im unteren Bereich der Schwalbacher Straße dem Verkehrsdezerenten zu folge rund 30.000 Fahrzeuge, Tendenz sinkend. Der Verkehr verlagere sich immer mehr auf die Ringstraßen. Wenn diese Verschiebung anhält, gewinnt Wiesbaden genau das, was in Innenstadtdebatten immer fehlt: Zeit und Fläche, um Asphalt neu zu verteilen – für Bäume, Wege, Aufenthaltsqualität. Heute Abend ist dafür erst einmal nur die Weiche. Aber ohne Weiche fährt bekanntlich kein Zug.
Foto – Verkehr wird aus der Dotzheimer Straße kommend in die westliche Schwalbacher Straße abgeleitet. ©2025 Volker Watschounek
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