Das Radio oder der Fernseher läuft im Hintergrund. Kinder sitzen im Wohnzimmer auf dem Sofa und Essen und das Essen wird zur Nebensache.
Frühkindliche Ernährungsbildung geht über den Tellerrand hinaus. Nicht nur das, was auf den Teller kommt, sondern auch das, wie und wo es auf den Teller kommt stand bei dem Fachtag Bildungsort Esstisch im Wilhelm-Kempf-Haus im Mittelpunkt. Essen heißt nicht nur essen. Gemeinsame Mahlzeiten mit Kindern sind mehr: Es sind Bildungschancen, die als Möglichkeit zur interkulturellen Inklusion genutzt werden kann.
„Wir müssen den Grundstein für eine gesunde Ernährung so früh als möglich legen.“ – Sozialminister Stefan Grüttner
Der Hessische Familienminister, Stefan Grüttner, betonte in Wiesbaden, dass Ernährungsbildung im Hessischen Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) eine große Rolle spiele und lobte den Fachtag als „wichtigen Beitrag“ zur Fortbildung für Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung. „Wir müssen den Grundstein für eine gesunde Ernährung so früh als möglich legen, deshalb ist es so wichtig, die Teilnehmer darin zu unterstützen, wie sie das Wissen rund um gutes Essen an die Kleinsten vermitteln können“, so Grüttner.
„Ernährungsbildung trägt dazu bei, ein geringeres Risiko für Übergewicht und mögliche Folgeerkrankungen zu entwickeln.“ – Dr. Andrea Jahnen, Verbraucherzentrale Hessen
Auch für Dr. Andrea Jahnen, Geschäftsführender Vorstand der Verbraucherzentrale Hessen e.V., gehört fundiertes Ernährungswissen zur Qualifizierung von Fachkräften in der frühkindlichen Betreuung. „Denn Kinder können ein gesundheitsförderliches Ess- und Trinkverhalten gar nicht früh genug kennen lernen. Als wichtiger Bestandteil des vorsorgenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes trägt Ernährungsbildung dazu bei, ein geringeres Risiko für Übergewicht und mögliche Folgeerkrankungen zu entwickeln“, so Jahnen.
„Gemeinsame Mahlzeiten sind beziehungsstarke Momente.“ – Edith Gätjen, Oecotrophologin
Edith Gätjen, Oecotrophologin und systemische Paar- und Familientherapeutin,machte in ihrem Vortrag allen Teilnehmenden sehr anschaulich deutlich: „Gemeinsame Mahlzeiten sind beziehungsstarke Momente, die zu einer Sättigung des körperlichen und des seelischen Hungers führen. Betreuungspersonen sollten für ein langfristig gelingendes Essverhalten der Kinder gut zwischen den signalisierten Bedürfnissen, physischen wie Hunger und Durst sowie emotionalen wie Kuscheln, des Kindes unterscheiden. Gute Be- und Erziehung können beim Essverhalten die Weichen richtig stellen.“
Esskultur und Esserfahrungen verbinden
Die Teilnehmenden der vier Workshops, angeleitet von je einer Ernährungsfachkraft der Verbraucherzentrale Hessen und einer Vertreterin des BEP, waren sich einig: Nur große Offenheit gegenüber Kindern und ihrem unterschiedlichen Verhalten am Esstisch ermöglicht Bildungsanlässe. Jedes Kind bringt seine eigene „Essbiographie“ mit, die von Zeitgeist, familiärer Esskultur und Esserfahrungen in anderen Ländern geprägt ist.