Im Jahr 1351 erhielt der Wiesbadener Vorort, im Nordosten von Wiesbaden gelegen, seine Stadtrechte. Mit rund 8100 Einwohnern ist es ein Städtchen für sich, es hat alles, was man fürs tägliche Leben so braucht. Unser Autor hat sich vor Ort umgeschaut.
Wiesbaden, Hofgartenplatz, Freitagmittag bei Raffaeles. Gino der Kellner begrüßt uns. Bei einer Tasse Cappuccino spreche ich mit dem Sonnenberger Ortsvorsteher Werner Jopp über seinen Stadtteil. Darüber, was Sonnenberg auszeichnet – über die Geschichte und darüber, was den Stadtteil so besonders macht.
Wiesbaden Sonnenberg
Ortsvorsteher: Werner Jopp (CDU)
Vereine: Evangelische Kirchengemeinde – Talkirche, Turngemeinde Sonnenberg – Gasthaus zur Krone, Gesangsverein Gemütlichkeit, Männer Gesangsverein Concordia, Freiwillige Feuerwehr Sonnenberg, Kirchenchor Sankt Cäcilia – Herz Jesu Sonnenberg, Spielvereinigung Sonnenberg, Bezirksverein Eigenheim Tennelbach, Deutsches Rotes Kreuz, VdK Ortsgruppe Sonnenberg, Harmonika-Orchester Wiesbaden Sonnenberg, Heimatverein Sonnenberg, Sonnenberger Karneval Verein, Die Narhalla, Karneval Verein Käuzcher, Evangelischer Kirchenchor, Tennis Club Blau Weiß
Feste: Sonnenberger Kulturtage (Juni), Sommerfestspiele (Juli), historischer Weihnachtsmarkt (1. Advent), Flohmarkt (September)
Hier trifft man sich: Bäckerei Abt und Café Hahn, Restaurant Raffaeles, Hofgarten Platz
Besondere Beziehung: zu Bierstadt
Schönste Ecke: Hofgartenplatz, Ensemble am Rambach, Burg Sonnenberg
Museum: Heimatmuseum in der Burg Sonnenberg, geöffnet jeden 1. Sonntag zwischen 14:00 und 16:00 Uhr
Mitgebracht hat er mir die Festschrift „875 Jahre Sonnenberg“ – „2001 ist sie erschienen, und da ist uns ein Fehler unterlaufen“, beginnt er das Gespräch. In der Geschichtsschreibung heißt es, dass Sonnenberg bereits 1157 als ‚Crafto de Sunnenburg’ erwähnt wurde. „Das ist nicht richtig. Spätere Recherchen haben gezeigt, dass Sonnenberg seine Stadtrechte erst im Jahr 1351 erhielt. Das ist urkundlich belegt.“ So offen Werner Jopp mit diesem kleinen Schnitzer umgeht, so offen und zugänglich erlebe ich den 80-Jährigen und in Herborn geborenen Wahlsonnenberger auch in den nächsten Stunden.
Sonnenberghat den Kaisersaal
Sonnenberg ist ein kleines mittelalterliches Örtchen zum Wohlfühlen. Es gibt alles was das Herz begehrt und was man zum Leben braucht. In der sechsten oder siebten Generation etwa die Bäckerei Abt. Nicht weit davon einen Metzger, einen Kiosk und Tabakladen. Nicht zu vergessen das italienische Restaurant am Hofgartenplatz oder auch den Edeka. „Wir haben Apotheken und Ärzte, eine Bank und eine Post “, erzählt Jopp und ergänzt drei Restaurants, die Konrad-Duden Schule und die Kindertagesstätte sowie die Kulturtage und das Sommerfestival.
Denn auch kulturell bietet Sonnenberg seinen Bürgern viel. Zahlreiche Veranstaltungen – auf dem Hofgartenplatz, auf der Burg Sonnenberg oder im Bürgerhaus „Kaisersaal“ – tragen dazu bei, dass der Vorort bis heute eine lebendige und eigenständige Wiesbadener Gemeinde geblieben ist. „Wir haben in Sonnenberg den Kaisersaal. Er ist für 200 Personen ausgelegt und er ist der schönste Saal, den es in Wiesbadens Vororten gibt“, geht der Ortsvorsteher ins Detail.
Gehobenes Wohnviertel mit vielen Villen
In 30 Minuten sind Sonnenberger auch schnell zu Fuß im Zentrum von Wiesbaden, den Rambach entlang und dann durch den Kurpark. Vor allem sonntags, wenn es wärmer wird, gleicht der Weg zum Kurhaus einem Highway für Jogger und Spaziergänger. Die etwas Geübteren schaffen die Strecke in 15 Minuten. Das ist aber unwichtig. Letztlich geht es darum, sich wohl zu fühlen und sich an den schönen Dingen der Natur zu erfreuen. Und das tun viele Sonnenberger auch gerne in ihren eigenen Gärten.
Sonnenberg gilt als gehobenes Wohngebiet mit vielen Villen. Die Kaufkraft ist mit 31.346 Euro pro Einwohner und Jahr die höchste unter den Wiesbadener Stadtteilen. „Auch Helene Fischer soll hier wohnen.“ Irgendwo in der Straße Am Birnbaum. Es sind Erzählungen, ob sie stimmen, weiß Jopp nicht. Sicher ist er sich dagegen, dass der heute Journal-Moderator Claus Kleber oder auch der ehemalige ZDF-Sportchef Dieter Kürten in seinem Stadtteil leben. Hin und wieder sehe man einen der beiden beim Bäcker.
Ein Rundgang mit Überraschungen
Genug geredet, jetzt geht es durch das „Stadttor Wiesbaden“ ins historische Sonnenberg – vorbei am Gefängnis, wo im Mittelalter Gefangene bei Wasser und Brot ohne Licht und Fenster verschanzt wurden. Vorbei an Fachwerkhäusern, der Talkirche zum Stadttor Rambach und dann entlang der äußeren historischen Stadtmauer zum neu gestalteten Bachlauf. An das letzte große Hochwasser erinnert hier eine Plastik. Sie zeigt drei Feuerwehrmänner und einen älteren Mann. Auf der Mauer darunter steht geschrieben „Hochwasserschutz Wiesbaden“ 2008 – 2012. Bei genauem Hinschauen erkenne ich ihn: „Ja“, bestätigt Werner Jopp. „Das bin ich.“
„Ich bin der einzige lebende Ortsvorsteher, der ein Denkmal hat.“ – Werner Jopp, Ortsvorsteher
Ich bin der einzige lebende Ortsvorsteher in Wiesbaden mit Denkmal.“ Warum das so sei, wisse er nicht. Er selbst habe davon erst bei der Einweihung durch das Umweltamt der Stadt Wiesbaden erfahren. Und damit er nicht friere, kümmere sich eine Anwohnerin darum, dass er stets Schal und Mütze trage. Selbst gestrickt, selbst gehäkelt.
Inspiriert von alten Postkarten
Werner Jopp hat als Ortsvorsteher viel Bleibendes unterstützt und erreicht. Das eine oder andere Mal musste dazu erst der Widerwillen alteingesessener Sonnenberger gebrochen werden. Etwa bei der Neugestaltung des Hofgartenplatzes oder beim Freilegen des Rambachs. Weil es die Sonnenberger früher nicht so schick fanden, wurde der Bach eingefangen und in Leitungen unter die Erde gelegt. Inspiriert von alten Postkarten unterstützte der Ortsvorsteher nach dem gravierenden Hochwasser von 1999 die Pläne, mitten in Sonnenberg einen Platz zum Ruhen zu schaffen. Einen Ort, der einlädt, beim Plätschern des Rambachs zu verweilen. Einen Ort, der daran erinnert wie es früher einmal war.
Grenzmarkierung
Aber er hat noch nicht alles erreicht. Seitdem Wiesbadens Oberbürgermeister a. D. Achim Exner die Grenzmarkierung zwischen Bierstadt und Sonnenberg versetzt hat, ist ihm dies ein Dorn im Auge. Gerade jetzt, wo das leer stehende Klinikum vom wuchernden Grünzeug freigelegt wurde, wo täglich kleine Veränderungen festzustellen sind und Leben auf das Grundstück kommt, möchte er sich dafür einsetzen, dass die alten Grenzen wieder hergestellt werden – zurück von der Leibnizstraße hin zum Emil-Pfeiffer-Weg hinter dem Klinikum. Das Grundstück des leer stehenden Klinikums, die dort geplante Mischung aus Klinik, Wohngebiet und Gewerbe, gehöre dann wieder zu Sonnenberg.
Eines wurde mir beim Treffen mit Werner Jopp klar. Müde ist der 80-Jährige nicht. Er kennt die Menschen, man kennt ihn. Werner Jopp ist jemand, der auf Menschen zugeht, der stets ein offenes Ohr hat, dem Geschichte und Tradition wichtig sind.
Sie möchten keinen Beitrag mehr verpassen und stets aktuell informiert sein? Dann folgen Sie uns auf Twitter oder Instagram und werden Sie Fan von Wiesbaden lebt!