Wiesbaden startet mit einem starken Netzwerk in die Klimabildungszukunft – praxisnah und regional. Mit Begeisterung für Klimawandel und nachhaltige Veränderung.
Die Sonne im Innenhof strahlte und wie im Kaffee der Orangerie hatten Netzwerkpartner ebenso zwiscen den Gewächshäusern viele Stände aufgebaut. Dazwischen versammelten sich am Samstagvormittag Menschen, die nicht Pflanzen zum Wachsen bringen möchten, sondern Ideen, den Klimawandel betreffend. „Ein bisschen schräg denken, die Köpfe neigen, die Perspektive wechseln“, fordert Tobias Engelhardt, Leiter vom Tier- und Pflanzenparks Fasanerie. Die Botschaft ist klar: Die Klimabildungslandschaft Wiesbaden beginnt – und sie will nicht weniger als die Zukunft mitgestalten.
Ein Netzwerk aus Engagement
Seit 2024 verfolgt Wiesbaden mit Unterstützung des hessischen Umweltministeriums das Ziel, Bildung für nachhaltige Entwicklung stärker zu verankern. Fächerübergreifend, praxisnah, greifbar. Nicht im Elfenbeinturm, sondern draußen im Stadtgrün, in Schulen, auf Märkten, in Wohnzimmern. „We for We“, sagt Gabriele Wolters vom Grünflächenamt. Es braucht alle – Institutionen, Ehrenamtliche, Kirchen, Startups. Gemeinsam, nicht nebeneinander.
Die Idee: ein Netzwerk aufbauen, in dem sich Initiativen gegenseitig stärken, Wissen teilen und Aktionen bündeln. Dass das funktioniert, zeigte schon der Auftakt. Auf dem Ideenmarkt präsentierten Bildungsakteure ihre Projekte – von Balkongärten aus Altmaterial bis hin zu Klimachallenges per App. Die Evangelische Kirche in Wiesbaden zeigte mit der Aktion Klimafasten mit Jimmy, wie Zielgruppen über Kooperationen mit Startups und Gamification erreicht werden können – niedrigschwellig, digital, wirksam.
Bildung trifft Alltag
Klimaschutz ist längst keine Frage des Wissens mehr, sondern eine der Umsetzung. „Wir müssen spüren, wie wir handeln können“, sagt Christiane Hinninger, Wiesbadens Umweltdezernentin. Deshalb geht es in der Klimabildungslandschaft nicht nur um Fakten, sondern um Erfahrung. Wie schmecken regionale Erdbeeren, wenn sie reif vom Feld kommen? Wie viel Wasser braucht ein Pflänzchen wirklich? Wie wird ein Apfelbäumchen zum Symbol der Hoffnung?
Diese Fragen begegnen den Gästen auf Schritt und Tritt. Gärtner zeigen, wie aus Schrott Beete werden. Minister Jung erzählt, wie sein Sohn das Thema Nachhaltigkeit plötzlich aus der Schule mitbringt – und gleichzeitig vergisst, die Badewanne abzustellen. Es sind solche Widersprüche, die die Klimabildung nicht ausklammern will, sondern einbezieht.

Von der Theorie zur Tat
Wiesbaden will nicht belehren, sondern ermutigen. Das wird auch beim Beitrag der Koordinatorin Kerstin Jacobs deutlich. Sie zieht Fäden zwischen Verwaltung, Wissenschaft, Zivilgesellschaft – und bringt Menschen ins Gespräch, die vorher keine Berührung hatten. „Können lernen“ sei das Motto des Morgens, sagt Engelhardt. Nicht nur voneinander, sondern miteinander.
Dass das funktioniert, zeigen die Geschichten aus dem Netzwerk. Nicole Nestler vom Evangelischen Dekanat berichtet, wie sie über das Projekt Klimafasten neue Partner gewann – vom Heimathafen bis zur Hochschulmensa. Professor Daniel Dresmann von der Universität Mainz bringt seine Forschung direkt in die Stadt. Der Ideenmarkt ist mehr als Symbol: Er ist gelebte Transformation.
Aus Wiesbaden in die Welt
Am Ende des Vormittags steht kein fertiger Plan. Aber ein Fundament. Die Klimabildungslandschaft will wachsen, sich ausdehnen, sich verankern. In Schulen, in Betrieben, in der Stadtgesellschaft. Sie will Handlungsoptionen aufzeigen und Lust machen, Verantwortung zu übernehmen – ohne Zeigefinger, dafür mit kreativen Formaten.
„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute ein Apfelbäumchen pflanzen“, zitiert Jacobs am Schluss Martin Luther. Doch in Wiesbaden geht es um mehr als symbolische Bäume. Es geht darum, Köpfe zu bepflanzen. Mit Ideen, die keimen.
Foto – Klimaschutz zum Anfassen @2025 Volker Watschounek
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