Was einst als fester Ort des Abschieds galt, steht im Zentrum eines gesellschaftlichen Wandels. Wiesbaden nimmt das ernst und startet ein Beteiligungsverfahren zur Zukunft der Friedhöfe.
Wo früher ewige Ruhe herrschte, entstehen neue Fragen. Wie viel Grab braucht die moderne Gesellschaft? Wie viel Pflege lässt sich leisten? Und wie lässt sich ein Ort der Trauer mit den Anforderungen an Biodiversität, Stadtklima und Erholung verbinden? Das Grünflächenamt arbeitet derzeit an einer umfassenden Friedhofsentwicklungsplanung (FEP). Sie soll Antworten liefern – nicht im stillen Kämmerlein, sondern im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern.
„Wir wollen, dass die Friedhöfe auch in Zukunft Orte des Erinnerns bleiben – aber auch Rückzugsräume, die dem Klimawandel trotzen und Lebensqualität schaffen“, erklärt Bürgermeisterin und Grünflächendezernentin Christiane Hinninger.
Friedhöfe als Zukunftsorte
Die Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Der Wandel in der Bestattungskultur ist tiefgreifend: Immer mehr Menschen wählen anonyme oder alternative Bestattungsformen, klassische Wahlgräber bleiben ungenutzt. Das hat Folgen – für die Finanzierung, für die Pflege, für die Nutzung der Flächen. Zugleich wächst das Bewusstsein für den Wert der Friedhöfe über das Persönliche hinaus: als stille Parks, als Biotope, als Kühleinseln in der überhitzten Stadt.
Die FEP will genau hier ansetzen: Sie soll langfristige Perspektiven für Pflege, Nutzung und Umgestaltung der Friedhöfe eröffnen – als Teil der grünen Infrastruktur Wiesbadens.
Jetzt mitreden – online und vor Ort
Damit diese Perspektive nicht an den Menschen vorbeigeplant wird, setzt Wiesbaden auf Beteiligung. Ab sofort können sich Interessierte online über wiesbadenwirkt.de/de/fep einbringen – oder vor Ort auf fünf städtischen Friedhöfen und im Bürgerbüro. Die Umfrage läuft bis Ende Juni. Die Ergebnisse fließen direkt in die FEP ein, deren Abschluss für Herbst 2026 vorgesehen ist.
Es geht um mehr als Pflegepläne und Wegeführung. Es geht um die Frage: Was bleibt, wenn sich alles verändert?
Archivfoto – Nordfriedhof ©2023 Volker Watschounek
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