Musik, Begegnung und gelebte Vielfalt: Die Somalische Kultur- und Bildungsinitiative erhält den Integrationspreis der Landeshauptstadt Wiesbaden.
Feierliche Oud-Klänge eröffneten am Dienstagabend die 19. Verleihung des Wiesbadener Integrationspreises im Festsaal des Rathauses. Musiker Abdi Badil Ibrahim und eine Tanzgruppe schufen eine Atmosphäre, die von Anfang an deutlich machte, worum es an diesem Abend ging: um Begegnung, Vielfalt und das Gefühl, willkommen zu sein. Der Auftakt, ein somalisches Lied erzählte von Flucht, Hoffnung und Neubeginn, bewegte viele Gäste – und wurde später zu einem zentralen Bezugspunkt der Laudatio von Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende: für die Somalische Kultur- und Bildungsinitiative e. V..
Integrationspreis der LH Wiesbaden
Der Integrationspreis ist mit 2.500 Euro dotiert und wird seit 2007 jährlich an Einzelpersonen Vereine, Verbände und sonstige Institutionen und Initiativen aus Wiesbaden verliehen, die sich im Bereich der Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte außerordentlich und in besonderer Weise engagiert haben
„Kein Mensch flieht freiwillig aus seinem Land. Man nimmt das Risiko nur auf sich, um dem Kerker und seinen Henkern zu entkommen“, zitierte er den ersten Vers. „Diese Worte erinnern uns an unsere Verantwortung, Integration nicht nur als Pflichtaufgabe, sondern als Wert und Chance zu begreifen,“ so Mende.
Integration als Querschnitt
Mende nutzte die Preisverleihung, um Grundsätzliches über Integration zu sagen. Sie sei, so der Oberbürgermeister, kein Sonderthema, das isoliert in Ämtern oder Gremien behandelt werde. Vielmehr ziehe sie sich durch alle Lebensbereiche: Bildung, Arbeit, Wohnen, Kultur und Sport. „Integration heißt, gleiche Chancen zu eröffnen und Teilhabe für alle zu ermöglichen. Sie gelingt, wenn Respekt, Anerkennung und Begegnung im Mittelpunkt stehen.“
Er betonte, dass Wiesbaden als Stadt der Vielfalt dafür die besten Voraussetzungen biete. Rund 40 Prozent der Bevölkerung haben eine Migrationsgeschichte, Menschen aus über 150 Nationen lebten hier. „Vielfalt ist kein Problem, sie ist unsere Stärke. Demokratie lebt von diesem Miteinander, und sie muss sich jeden Tag bewähren.“
Besonders wichtig sei es, Integration nicht als Einbahnstraße zu verstehen: „Es geht um wechselseitige Offenheit. Nicht nur die Zugewanderten müssen lernen, sondern auch die Aufnahmegesellschaft. Das macht unsere Demokratie widerstandsfähig.“
Der Preisträger im Porträt
Neben Europa und Asien kommen die meisten Zuwanderer aus Afrika nach Wiesbaden, und etwa 800 Menschen mit somalischen Wurzeln leben in der Stadt. Die Somalische Kultur- und Bildungsinitiative e. V. (SKBI), seit 2024 Teil der Wiesbadener Vereinslandschaft, unterstützt sie dabei. Für sie hat der Verein in kurzer Zeit ein beeindruckendes Angebot geschaffen: Dazu zählen ein Sprachcafé Somali–Deutsch für Eltern und Kinder, ein Nachhilfeunterricht Schüler, Somali-Unterricht zur Förderung von Mehrsprachigkeit, Eltern-Workshops in Gemeinschaftsunterkünften, Beratungen im Alltag und Begleitung bei Behördengängen, Kulturveranstaltungen und Sportangebote zur Begegnung
Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende hob hervor, dass der somalische Verein bislang ohne öffentliche Fördermittel ausgekommen sei, eigene Räume renoviert habe und in Eigenleistung unterhalten werde. Ein junges, überwiegend akademisches Team präge die Initiative. „Das ist ein ermutigendes Beispiel, wie Integration aus Eigeninitiative gelingt“, so Mende weiter
Vereine als Brückenbauer
Zuvor hatte Integrationsdezernentin Milena Löbcke die Bedeutung der Wiesbadener Migrantenorganisationen unterstrichen. Sie seien keine Randakteure, sondern unverzichtbare Partner der Stadtgesellschaft: „Es sind häufig Vereine wie diese, die den ersten Kontakt zu Zugewanderten herstellen, Orientierung geben und Türen in die öffnen.“
Aktuell arbeite die Stadt mit rund 80 Migrantenorganisationen zusammen. „Ihre Vielfalt spiegelt die Vielfalt Wiesbadens. Und sie zeigen uns, dass Integration nicht von oben verordnet, sondern im Alltag gelebt wird.“ Löbcke machte zugleich deutlich, dass die Rahmenbedingungen schwieriger geworden seien: „Es gibt Stimmen in diesem Land, die Migration mit Kriminalität gleichsetzen. Wiesbaden zeigt, dass dies schlicht nicht der Realität entspricht.“

„Heimat ist etwas, das man gemeinsam schafft“
Wiesbadens Stadtverordnetenvorsteher Dr. Gerhard Obermayr brachte es in seinem Grußwort auf eine persönliche Ebene. Er erinnerte an seinen Besuch in den Räumen der SKB und sprach von der Herzlichkeit, die ihm dort begegnet sei. „Sie schaffen ein Stück Heimat in einer neuen Umgebung. Heimat ist nicht nur Herkunft, Heimat ist auch das, was wir gemeinsam aufbauen.“
Für Obermayr ist der Integrationspreis mehr als eine Auszeichnung: „Er ist ein Symbol für das, was unsere Stadtgesellschaft zusammenhält – Engagement, Offenheit, Ehrenamt.“ Er ermunterte die Gäste, Vielfalt nicht als Herausforderung, sondern als Bereicherung zu sehen. „Eine fremde Kultur ist immer auch eine Erweiterung des eigenen Horizonts. Und das, was Sie hier leisten, macht Wiesbaden zu einer besseren Stadt.“
Preis mit Signalwirkung
Am Ende waren sich Jury, Politik und Gäste einig: Mit der Somalischen Kultur- und Bildungsinitiative ist ein junger, dynamischer Verein ausgezeichnet worden, der Integration aus der Mitte heraus lebt. Applaus im Festsaal unterstrich die Bedeutung dieses Moments.
Foto – Ibrahim Kizilgoz, Milena Löbcke, Dr. Gerhard Obermayr Gert-Uwe Mende überreichen Abdi Hassan symbolisch einen Scheck. ©2025 Volker Watschounek / Wiesbaden lebt!
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