Die Internationalen Wiesbadener Literaturtage zeigen, wie Literatur heute wirkt: streitbar, poetisch, offen für Experimente – und ganz nah am Leben.
Eine Reise mit offenen Grenzen. Die Eisenbahn, Bücher und das Bier – drei einfache Dinge, doch Jaroslav Rudiš bilden sie das Rückgrat Mitteleuropas. Der tschechische Autor, Musiker und leidenschaftliche Zugfahrer kuratiert die 24. Wiesbadener Literaturtage. Sein Programm entwirft eine gemeinsame Fahrt von West nach Ost, von Geschichte zu Gegenwart, von Poesie zu Politik.
Bühne für Stimmen aus ganz Europa
Seit 1986 bringt das Festival, organisiert vom Kulturamt Wiesbaden, Kunstschaffende aus aller Welt zusammen. In diesem Jahr treffen Autorinnen, Musiker, Filmemacher und Comic-Künstler aufeinander. Gefördert vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain zeigt das Festival, wie Literatur Brücken schlägt und Kontinente im Kopf verbindet. Stationen der Reise sind …
Auftakt mit starken Stimmen – 24. September
Im Thalhaus Theater öffnen die Wiesbadener Literaturtage mit einem Abend, der provoziert und befreit. Annett Gröschner, Peggy Mädler und Wenke Seemann lesen und performen ihren Gesprächsband „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“. Zwischen Lesung und Diskussion geht es um Identität, Klischees und den langen Schatten der Einheit.
Rausch der Künste – 25. September
Am zweiten Abend erobert das „Poesiekollektiv Landschaft“ die Bühne des Hessischen Staatstheaters. Sascha Conrad, Ulrike Almut Sandig und Grigory Semenchuk verschmelzen Gedichte mit Klang, Beats und Filmsequenzen. Ihr Auftritt reißt Grenzen ein – zwischen Literatur und Performance, Sprache und Musik, Bühne und Publikum.
Stimmen Mitteleuropas – 26. September
Europa spricht viele Sprachen – und an diesem Abend im Literaturhaus Villa Clementine gleich drei besonders laute. Der slowakische Autor Michael Hvorecký, der österreichische Schriftsteller und Regisseur David Schalko sowie die ungarische Lyrikerin Kinga Tóth diskutieren über Politik, Rechtspopulismus und die fragile Lage von Kulturschaffenden. Es wird gestritten, gelesen und auch über Lösungen nachgedacht.
Comics, Kafka, Knotenpunkte – 27. September
Jaroslav Rudiš trifft die Comic-Künstler Jaromír 99 und Nicolas Mahler. Zwischen Wien und Prag verläuft nicht nur eine Zugstrecke, sondern auch eine lange Tradition der Kunst. An diesem Abend geht es um Kafka, Graphic Novels und um die Frage, wie Comics Geschichte erzählen können.
Winterberg & Winterberg – 28. September
Musik und Literatur begegnen sich in einer ungewöhnlichen Form. Rudiš liest aus seinem Roman „Winterbergs letzte Reise“, während Werke des tschechisch-jüdischen Komponisten Hans Winterberg erklingen. Vergangenheit und Gegenwart sprechen miteinander – eine poetische Zwiesprache über Exil, Erinnerung und Mitteleuropa.
Filmische Zeitreise – 29. September
Das Murnau Filmtheater zeigt Klára Tasovskás Dokumentarfilm „Noch bin ich nicht, wer ich sein möchte“. Erzählt wird das Leben der jungen Fotografin Libuše Jarcovjáková im Prag nach 1968. Mit Bildern und Tagebuchnotizen entsteht ein intimes Porträt, das weit über die Biografie hinausweist. Am selben Tag gibt Rudiš Schulklassen einen augenzwinkernden Leitfaden mit: seine „Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen“.
Finale mit Schaumkrone – 30. September
Zum Abschluss kehrt das Festival ins Literaturhaus Villa Clementine zurück. Rudiš stellt sein neues Buch „Gebrauchsanweisung für Bier“ vor – und spricht mit der Autorin Marion Brasch. Dazu schenkt die Bar Glyg das passende Bier aus. Ein Abend, der Literatur nicht nur hörbar, sondern auch schmeckbar macht.
Literaturtage-Extra im Rheingau-Taunus
Die Reise macht auch Halt im Umland: In Idstein liest Annett Gröschner aus ihrem Roman „Schwebende Lasten“. In Eltville erleben Kinder Marion Brasch mit ihrem Buch „Winterkind und Herr Jemineh“. So öffnet das Festival Türen für große wie kleine Literaturfreundinnen und -freunde.
Foto – Programmheft ©2025 LH Wiesbaden
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