In Klarenthal entsteht ein Vorzeigeprojekt der Ökumene: Evangelische und katholische Gemeinde bündeln ihre Kräfte und teilen sich bald ein Kirchengebäude. Der erste ökumenische Gottesdienst ist geplant – und die Vorfreude ist spürbar.
Eins ist sicher: Hier entsteht etwas Großes und es ist der Anfang einer Ära. Das katholische Gemeindezentrum St. Klara in Klarenthal steht zum Verkauf, die Katholiken der Pfarrei St. Peter und Paul packen ihre Koffer. Doch sie müssen nicht weit laufen: Ein paar Schritte die Straße hinauf wartet ihre neue Heimat – das evangelische Gemeindezentrum in der Graf-von-Galen-Straße 34. Dort wird bald Hand in Hand gearbeitet, gebetet und gefeiert. Bereits am 22. September, um 11:00 Uhr, findet die erste katholische Messe im evangelischen Kirchraum statt. Pfarrer Knud Schmitt freut sich wie ein Kind am Weihnachtsmorgen: Der Raum ist so hell – da fühlt man sich direkt inspiriert.
Ein Modellprojekt für Wiesbaden
Was in Klarenthal passiert, ist mehr als nur ein pragmatischer Zusammenschluss. Es ist ein ökumenisches Experiment, das bislang in Wiesbaden einzigartig ist. Pfarrer Alexander Liermann betont: Die Katholiken sind bei uns nicht nur zu Gast, wir arbeiten gemeinsam und behalten unsere jeweilige Identität. Beide Gemeinden wollen hier nicht nur Gottesdienste abhalten, sondern auch ein Zeichen setzen. Ein Zentrum der christlichen Gemeinschaft soll entstehen, das weit in die Kommune ausstrahlt. Hintergrund für die Zusammenlegung sind die Reformprozesse, mit denen beide Kirchen auf Mitgliederrückgang und Verringerung personeller und finanzieller Ressourcen reagieren.
Aber wohin mit der Heiligen Klara?
Doch die Fusion bringt auch Herausforderungen mit sich. Wo kommt der Tabernakel hin? Und wohin mit den Statuen der heiligen Klara und der Mutter Gottes? Muss es zwei Osterkerzen geben, oder reicht eine für alle? Und dann die große Frage: Wird der Weihrauch zum neuen Dauergast? Die Antworten sind noch offen, aber eines steht fest: Ein bisschen Spannung gehört zu jedem Neuanfang.
56 Jahre Freundschaft: Eine stabile Basis
In Klarenthal bauen die beiden Gemeinden auf einer soliden Grundlage auf: Seit 56 Jahren arbeiten sie bereits ökumenisch zusammen. Wir haben hier seit den 60ern gemeinsame Feierabendmahle, ökumenische Gottesdienste und Kreuzwege, erinnert sich Detlef Grohmann aus dem evangelischen Kirchenvorstand. Diese enge Zusammenarbeit soll nun auf die nächste Stufe gehoben werden. Auch Pfarrer Liermann ist begeistert: Die Katholiken bringen viele Ehrenamtliche mit – das bereichert uns enorm.
Noch viel zu klären
Wo finden die Statuen der heiligen Klara und der Mutter Gottes ihren Platz? Wie organisiert man die Gottesdienste an Weihnachten und Ostern? Wo findet der Tabernakel seinen Platz und gibt es zwei Osterkerzen? Viele organisatorische Fragen sind noch offen. Dennoch überwiegt die Vorfreude. Für beide Pfarrer ist klar: Die Fusion ist der richtige Schritt, um der Schrumpfung der Gemeinden entgegenzuwirken und etwas Neues zu schaffen. Es ist schön, dass in einer Zeit des Rückbaus etwas Neues entsteht, freut sich Pfarrer Schmitt.
Fotos ©2022 Volker Watschounek
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