Das Ostfeld spaltet die Gemüter. Am 5. März soll das Zielabweichungsverfahren für das umstrittene Bauprojekt Ostfeld beschlossen werden. Zwar kommt man damit der Realisierung näher. Kritiker verweisen aber auf offene Fragen.
Die Kommunalwahlen am 14. März sind nicht nur ein politischer Richtungsentscheid für die Landeshauptstadt, sondern bestimmen wohl auch den Fortgang des umstrittenen Projekts Ostfeld. Doch schon eine Woche vor den Wahlen, am 5. März, soll über ein Zielabweichungsverfahren bezüglich des Projekts Ostfeld in der Regionalversammlung entschieden werden. Denn aktuell verbietet der Regionalplan Südhessen eine Bebauung des Areals Ostfeld/Kalkofen. Ein Beschluss zur Zielabweichung soll das auf Antrag der Stadt Wiesbaden ändern. In dem Antrag heißt es, dass die Zielabweichung zulässig sei, da ein erhebliches Interesse an der Durchführung der Maßnahme besteht und zur Deckung eines erhöhten, quantitativen und qualitativen Bedarfs an Wohn- und Arbeitsstätten dient. Ferner seien effektive Kompensationsmaßnahmen für die unvermeidbaren Eingriffe in Natur und Landschaft vorgesehen. Kommt der Beschluss zur Zielabweichung durch, wäre dies ein weiterer Schritt hin zur Realisierung des umstrittenen Bauprojekts.
„Fall politischer Unkultur“
Die kurzfristige Terminierung des Zielabweichungsverfahrens für das Ostfeld nur wenige Tage vor der Kommunalwahl lässt vermuten, dass hier politisches Kalkül Vorrang vor einer sachlichen und fachlichen Bewertung des Verfahrens hat. Wenn dies so ist, wäre es ein drastischer Fall politischer Unkultur, der die demokratischen Prozesse stark in Zweifel zieht. – Offener Brief des Bündnis Stadtklima an die Mitglieder der Regionalversammlung
Die Tragweite der Zielabweichung wäre enorm: Unter anderem sind durch die Planungen der Stadt Wiesbaden die Regionalplanungsziele Vorranggebiet für Landwirtschaft und Vorranggebiet Regionaler Grünzug betroffen. Von diesen soll nun abgewichen und stattdessen die Schaffung von zwei Baufeldern im Norden und im Südosten des Plangebiets Ostfeld/Kalkofen ermöglicht werden. Nachweislich hat die Stadt Wiesbaden jedoch längst nicht alle relevanten Gutachten vorgelegt, die Grundlage für den Beschluss über eine Zielabweichung sein müssten.
Klärung offener Fragen
Die Verfasser des offenen Briefes gehen auch auf offensichtliche Diskrepanzen zwischen der Klimprax-Studie des HLNUG und dem von der Stadt Wiesbaden beauftragten GeoNET-Gutachten ein. Letzteres berücksichtige bis heute nicht die wichtigen Kaltluftströme vom Taunus bis zum Rheintal, für die das Ostfeld als Kaltluftentstehungsgebiet verantwortlich ist. Die Bebauung des Ostfelds würde so den bereits bestehenden Wärmeinseleffekt für 125.000 Menschen verschärfen.
„Die Chance einer sachverständigen und sorgfältigen Entscheidung für das Projekt existiert nur, wenn nicht politischer Druck, sondern gut recherchierte Fakten Grundlage sind.“
Auch die Tatsache, dass die Bebauung des Areals in der Einflugschneise eines vielgenutzten Militärflughafens liegt, aber zu den daraus resultierenden Gefahren und zur Lärmbelastung der zukünftigen Bewohner keine Untersuchungen vorliegen, sollte den Klimaschützern zufolge eine Entscheidung am 5. März 2021 verbieten. Stattdessen fordern sie die Klärung der vielen offenen Fragen in Bezug auf das Bauprojekt bevor eine Entscheidung über ein Zielabweichungsverfahren beschlossen wird. Die Chance einer sachverständigen und sorgfältigen Entscheidung für das Projekt existiert nur, wenn nicht politischer Druck, sondern gut recherchierte Fakten Grundlage sind, heißt es in dem offenen Brief. Man plädiere daher für eine Verschiebung des Termins der Entscheidung auf einen Zeitpunkt deutlich nach der Kommunalwahl. (Symbolfoto: annca auf Pixabay)
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