Schulbootshaus Schierstein, Wiesbadens Schulen und Vereine profitieren von barrierefreiem, nachhaltigem Trainingsort für Rudersport und Nachwuchsförderung.
Etwa zwei Wochen liegt das neue Schulbootshaus nun bereits ruhig auf dem , aber sichtbar stolz am Rand des Schiersteiner Hafens. Es ist fest verankert, schimmert im Herbstlicht und wirkt, als hätte es nie woanders gestanden: Das Bauwerk, das längst überfällig war, feierte am Hafen seine Premiere – und mit ihm eine ganze Gemeinschaft aus Schulen, Vereinen, Verwaltung und Politik. Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende, der selbst als Schüler ein Jahr gerudert hatte, betonte den besonderen Wert dieses Sports: „Rudern verlangt Teamgeist, Konzentration und Verantwortung – Werte, die auch Schülern den Rücken stärken.“
Ingenieurskunst – und ungewöhnliche Fragen
Ein schwimmendes Gebäude funktioniert anders als ein Bau am Land. Die Statik lebt, das Fundament schaukelt, Lasten verschieben sich, Wind und Wellen greifen an. Die Technik muss zuverlässig arbeiten, ohne die Vorgaben des Wasserschutzes zu verletzen.
Und die planenden Stellen sahen sich plötzlich mit Fragen konfrontiert, die so in keinem Lehrbuch stehen. Oder wie es in der Rede zur Einweihung hieß:
„Ja, meine Damen und Herren, normalerweise erzähle ich Ihnen bei solchen Baufesten an dieser Stelle, wer welchen Beton wohin gegossen hat, wer das Holz gezimmert hat und vieles mehr, was beim Bauvorhaben so wichtig ist. Hier ist das zugegebenermaßen alles ein wenig anders. Hat das Wasser Balken? Ist es überhaupt ein Bauvorhaben? Das heißt, brauchen wir einen Bauantrag? Ist das schwimmende Bootshaus ein Gebäude? Und, für die Spezialisten: Ist es ein Regelbau oder ein Sonderbau? Und was ist denn eigentlich das Baugrundstück, das im Bauantrag benannt werden muss?
Ist es das Wassergrundstück? Ist es die Anbindung ans Ufer? Oder noch ein bisschen zugespitzter: Was ist denn eigentlich bei einem schwimmenden Bootshaus der zweite Rettungsweg?“, so SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum.
Das neue Bootshaus ersetzt ein marodes Vorgängerbauwerk, dessen Alter und Schäden nicht mehr tragbar waren. Schuldezernent Dr. Hendrik Schmehl blickte zurück: „Seit 2017 wussten wir, dass wir handeln müssen. Der alte Bau war nicht mehr zu retten. Heute steht hier ein zukunftsfähiges, barrierefreies Haus, das Schulen und Vereinen gleichermaßen dient.“ Für Dr. Schmehl war die Einweihung nicht nur ein offizieller Akt, sondern ein Moment der persönlichen Erinnerung: Der Transport des schwimmenden Gebäudes von Andernach nach Wiesbaden über den Rhein bot spektakuläre Bilder, vom Uferrand. Mitfahren durfte niemand.
Redner mit persönlichen Rudererfahrungen
Dr. Andreas Hasse, Vorsitzender der Ruder-Gesellschaft Wiesbaden-Schierstein, erzählte, wie er als Schüler selbst in diesem Bootshaus die ersten Ruderzüge machte: „Hier habe ich den Rudersport entdeckt und gelernt, was Durchhaltevermögen bedeutet.“ Sein Gegenüber, SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum, räumte ein: „Paddeln kenne ich, aber Rudern – das war für mich Premiere.“ Solche kleinen Anekdoten verliehen der Feier eine besondere Wärme.
Mende und Hasse erinnerten daran, dass das Bootshaus nicht nur ein Ort für Training, sondern auch ein Symbol für Nachhaltigkeit und Engagement ist. Solaranlage auf dem Dach, Anbindung an die öffentliche Kanalisation, Hebeanlage, barrierefreier Zugang – das Gebäude verbindet technische Finesse mit pädagogischem Nutzen.
Politik, Verwaltung und Vereinsleben Hand in Hand
Die Einweihung zog ein breites Publikum an: Stadtverordnete, Ortsbeiräte, Vertreter der SEG und des Bauprojekts, Lehrer und Schüler. Namen wie Silas Rottwald (SPD), Eleftherios Deridis (CDU) oder Gesine Bonnet (Grüne) zeigten, dass der Rudersport über Parteigrenzen hinweg trägt. Oberbürgermeister Mende betonte: „Wir rudern alle im selben Boot – Verein, Schulen, SEG, Verwaltung und Politik.“
Auch die SEG, federführend bei Planung und Umsetzung, erhielt großen Dank. Projektleiter Daniel Gerber und sein Team meisterten die Herausforderungen eines schwimmenden Bauwerks, das zugleich stabil, funktional und umweltgerecht sein musste.
Talente, Tradition und neue Impulse
Das Schulbootshaus Schierstein bleibt Bühne für Nachwuchssportler. Mende erinnerte an frühere Erfolge: Junioren-Weltmeister wie Sebastian Schmidt und Christina Bertold begannen hier ihre Karriere. Ein neues Boot, Schierstein 3.0, von Vereinsmitgliedern gespendet, symbolisiert die Zukunft des Ruderns.
Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende fasste zusammen „Dieses Haus steht für Bildung, Teamgeist, Leistung und Inklusion. Schüler lernen Verantwortung, erleben Gemeinschaft und finden Raum für Spitzenleistung.“ Zum Abschluss wurde die neuen Boote getauft – und das rote Band von der Wasserseite aus kommend durchtrennt, – begleitet von Applaus, Rudergruß und dem traditionellen Spruch: Riemen- und Dollenbruch und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel.
Wiesbaden hat nicht nur ein neues Gebäude erhalten, sondern einen Ort, an dem Schul- und Vereinssport zusammenfließen. Ein Ort, der Geschichte schreibt – und Talente wachsen lässt.





