Wiesbaden atmet auf: Das Land Hessen hat die Regeln für den Veranstaltungsschutz gelockert. Die neue Linie soll weniger Bürokratie, mehr Lebensfreude – und trotzdem ausreichend Sicherheit erlauben.
Veranstaltungsschutz mit weniger Gitter und mehr Musik: In Wiesbaden könnte der Sommer jetzt endlich so werden, wie ihn sich viele wünschen – laut, lebendig, unter freiem Himmel. Nach monatelanger Kritik hat das hessische Innenministerium die Sicherheitsregeln für Veranstaltungen entschärft. Was bürokratisch klingt, fühlt sich auf der Straße ziemlich konkret an: weniger Aufwand, weniger Kosten, mehr Planungssicherheit. „Die neue Regelung schafft wieder Raum für Kultur – und für Verhältnismäßigkeit“, sagt Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende und klingt dabei so erleichtert wie ein Festivalveranstalter nach einem geglückten Aufbau.
Neue Vorgaben, neues Aufatmen
Mit seinem überarbeiteten Erlass hat das Land Hessen auf die teils scharfe Kritik aus den Kommunen reagiert. Vor allem Wiesbaden hatte in den letzten Wochen Alarm geschlagen. Die alten Empfehlungen zur Absicherung von Großveranstaltungen hatten viele Events an den Rand der Absage gedrückt – etwa die Maifestspiele für alle amWarmer Damm, die kurzfristig in den Kurpark Wiesbaden umziehen mussten. Dort hätte die Stadt laut alter Vorgabe über 150 mobile Schutzelemente eingesetzt. Kaum machbar – weder finanziell noch logistisch. „Wir wollten keine panzerartige Kulisse für ein Familienfest“, erklärt Ordnungsdezernentin Maral Koohestanian, weshalb man sich für eine neue Technik entschieden hatte. „Jetzt können wir wieder mit Augenmaß agieren.“
Ein Drahtseilakt zwischen Freiheit und Vorsicht
Veränderungen: Die neuen Regeln setzen stärker auf Risikoabwägung statt Standardkataloge. Gefordert wird nicht mehr jedes Mal der volle Sicherheitsapparat, sondern individuelle Lösungen je nach Lage, Zielgruppe und Umgebung. Ein One Size Fits All sei einfach nicht machbar gewesen, so die Stadt. „Wir haben hart verhandelt, der Landespolizei viel erklärt, auch mal geschimpft – aber wir wurden gehört“, sagt Mende. Der Ton bleibt diplomatisch, die Freude klingt durch. Auch viele kleinere Veranstalter dürften jetzt aufatmen. Die Stadt will ihnen wieder stärker den Rücken stärken, statt sie mit Sicherheitsauflagen zu überfordern.
Kreativität statt Konformität
Wiesbaden hatte in den letzten Monaten intern bereits viele Prozesse vereinfacht und schneller gemacht – trotzdem liefen die Planer immer wieder gegen die Wand, wenn die landesweiten Sicherheitsvorgaben zu starr waren. Nun herrscht wieder mehr Gestaltungsfreiheit. Musikfeste, Straßenkultur, politische Kundgebungen – all das soll leichter umzusetzen sein, ohne das Sicherheitsgefühl aufzugeben. „Veranstaltungsschutz bleibt wichtig, aber er darf nicht erdrücken“, betont Koohestanian. „Sicherheit ist nicht gleich Masse an Betonblöcken.“
Der Sommer kann kommen
Für Wiesbaden bedeutet die neue Linie: Der Veranstaltungskalender bleibt voll. Die Stadt will jetzt mit Veranstaltern im engen Austausch bleiben, um gemeinsam kreative, aber sichere Konzepte zu entwickeln. Auch mit der Landespolizei soll die Kommunikation auf Augenhöhe weitergehen. Die neue Erlasslage sei eine gute Basis, um mit vertretbarem Aufwand Veranstaltungen sicher durchführen zu können, erklärten der Oberbürgermeister und die Dezernentin.
Archivfoto – Durchfahrtssperren am Schlossplatz, als sie noch schön ausgesehen haben ©2018 Volker Watschounek
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