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Wiesbadens Oberbürgermeister Sven Gerich nimmt Stellung. ©2018 Volker Watschounek

Offener Brief: über Amt, Urlaube und Freundschaften

„Was Du nicht willst, dass man Dir tut, das füge keinem anderen zu.“ Frei nach dem Motto spielt in der Chefetage des Rathauses seit Dezember ein Theater, welches mit „Schlammschlacht“ oder „Rachefeldzug“ zu untertiteln wäre. Wiesbadens Oberbürgermeister Sven Gerich nimmt Stellung.

Volker Watschounek 5 Jahren vor 1

Persönliche Erklärung von Oberbürgermeister Sven Gerich zur Berichterstattung über eine Selbstanzeige des ehemaligen WVV-Geschäftsführers Ralph Schüler.

Ich lerne jeden Tag dazu, wie sich Menschen verhalten können. Wahr ist, ich war im Jahr 2014 gemeinsam mit meinem Mann Helge sowie mit Herrn Schüler und seiner Lebensgefährtin für einige Tage in Andalusien im Urlaub. Und ja, wir haben – auch dies soll im Urlaub nicht ungewöhnlich sein – in guten Hotels übernachtet und gut gegessen.

Unter Freunden

Ich habe seinerzeit Wert darauf gelegt, dass wir die Kosten teilen, daher habe ich Herrn Schüler aus meiner Sicht offene Gelder in bar ausgehändigt. Mit Blick darauf, dass eine Selbstanzeige von Herrn Schüler vorliegt und die Staatsanwaltschaft sich mit diesem wie auch anderen Vorgängen befassen wird, bitte ich um Verständnis, dass ich mich schon aus Respekt vor der Justiz zunächst dieser gegenüber äußern werde. Ralf Schüler und ich waren seinerzeit miteinander befreundet, haben zum Beispiel auch ein verlängertes Wochenende in Österreich verbracht.

Position Schüler

Anfang 2014 drang unser Koalitionspartner CDU darauf, die  zweite Geschäftsführerposition  in der städtischen WVV-Holding, für die sie ein Vorschlagsrecht hatte,  mit Stadtrat Schüler zu besetzen. Eine Trennung der Verantwortlichkeiten war vorgesehen, auf der einen Seite Verkehr, Versorgung, Finanzen, auf der anderen Seite Immobilien. Insofern sprach nichts gegen eine solche Besetzung. Der Vorschlag zur Bestellung von Herrn Schüler kam somit unabhängig von meiner persönlichen Beziehung zu Herrn Schüler zu Stande – genauso wie im Übrigen im vergangenen Dezember auch die Abberufung von Herrn Schüler.

Magistratsbeschluss

Die Bestellung als Geschäftsführer erfolgte dann durch Beschluss des Magistrates vom 15.04.2014.In der damaligen Koalition herrschte Einigkeit, dem Wunsch der CDU zu entsprechen. Der Magistrat beauftragte seinerzeit die fachliche zuständige Kämmerei (Beteiligungsverwaltung) einen Arbeitsvertrag mit Herrn Schüler auszuhandeln; der Arbeitsvertrag sollte abschließend dem Aufsichtsrat der WVV zur Entscheidung vorgelegt werden. Die Kämmerei kam diesem Auftrag nach; die Kämmerei unterbreitete dem Aufsichtsrat am 06.05.2014 eine entsprechende Beschlussvorlage. Dieser wurde am 21.05.2014 durch den Aufsichtsrat zugestimmt.

Im Nachhinein muss ich selbstkritisch feststellen, dass ein gemeinsamer Urlaub kurz nach der vom Magistrat bereits beschlossenen Besetzung und vor der Entscheidung des Aufsichtsrates formal unproblematisch, aber unsensibel war.  

Neutralität

In den ersten Monaten nach der Übernahme des Oberbürgermeisteramtes  war ich mit Blick auf die Pflege privater  Freundschaften zu anderen Persönlichkeiten der kommunalen Politik sicher noch blauäugig und würde in diesem Punkt heute anders verfahren. Ich muss damit leben, dass Herr Schüler fünf Jahre nach diesen Urlauben nunmehr offenbar sein Heil darin sucht, auf Rache aus zu sein. Ich bitte um Verständnis, dass ich dieses Verhalten nicht bewerten werde.

Ich  habe mich in meiner Arbeit für unsere Stadt immer am Wohl dieser und ihrer Bürger orientiert. Das galt auch und besonders in den vergangenen, nicht einfachen Monaten, in denen es immer offensichtlicher wurde, dass Ralph Schüler nicht länger Geschäftsführer der städtischen Holding bleiben kann. Ich habe hier unabhängig von einer gemeinsamen Vergangenheit, unabhängig von einer von mir als vertrauensvoll und aufrichtig bewerteten Freundschaft gehandelt. Ich habe das getan, was aufgrund der Faktenlage aus meiner Sicht für die Stadt das Beste war.

Nach bestem Wissen und Gewissen

Ich übe mein Amt nach bestem Wissen und Gewissen aus. Und auch wenn ich in der Anfangszeit meiner Tätigkeit als OB im persönlichen Verhalten Fehler gemacht habe, etwas unbedarft an gemeinsame Urlaube oder an Freundschaften gegangen bin, so habe ich zu keinem Zeitpunkt zum Schaden der Stadt agiert.

Bezüglich meines persönlichen Verhaltens „habe ich verstanden“ und daraus schon vor längerer Zeit meine Schlüsse gezogen. Dass ich der Staatsanwaltschaft Wiesbaden jederzeit für die notwendige Aufklärung von Sachverhalten zur Verfügung stehe, versteht sich von selbst.

Auf Themen konzentrieren

Ich bedaure sehr, welches Bild die Wiesbadener Kommunalpolitik derzeit in der Öffentlichkeit bietet. Ich weiß, dass ich daran – siehe oben – nicht unschuldig bin. Zugleich appelliere ich an uns alle in der Kommunalpolitik, uns um die Themen zu kümmern, für die wir gewählt sind. Und dies in einer Art, die unseren Ämtern angemessen ist. Ich werde alles in meiner Kraft stehende tun, um dazu meinen Beitrag zu leisten.

1 Kommentar

1 Kommentar

  1. Sigrid Ebert sagt:

    Wenn mich meine Menschenkenntnis nicht vollkommen im Stich lässt, würde ich sagen, dass es sich hier um eine ehrliche und aufrichtige Stellungnahme handelt.
    Der Missbrauch von Gutgläubigkeit und Vertrauensseligkeit durch einen vermeintlichen Freund ist schon von jeher eine bittere Erfahrung und Enttäuschung. Und dann vor die Öffentlichkeit zu treten, um das eigene Verhalten als einen Fehler zu bezeichnen, der tatsächlich lediglich darauf beruht, in der Vergangenheit dem falschen Menschen vertraut zu haben, verdient meines Erachtens größten Respekt und Anerkennung.
    Ich persönlich vertraue unserem OB und kann mir auch nicht vorstellen, dass er der Stadt Wiesbaden zu irgendeinem Zeitpunkt tatsächlich schaden wollte. Das stünde schließlich auch im krassen Gegensatz zu seinen vielen sichtbaren Bemühungen, sich in allen Bereichen der Stadt für das Wohl und die Zufriedenheit der Bürger einzusetzen.
    Und selbst wenn vielleicht in mancher Hinsicht Zweifel aufkommen sollten, so sollte man ihn doch wenigstens (wie jede andere Person auch) so lange als unschuldig betrachten, solange nicht zweifelsfrei das Gegenteil bewiesen ist.
    Zudem lautet mein Motto: Wer frei von jeder Schuld ist, der werfe den ersten Stein!

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Geschrieben von

Volker Watschounek lebt und arbeitet als freier Fotograf und Journalist in Wiesbaden. SEO und SEO-gerechtes Schreiben gehören zu seinem Portfolio. Mit Search Engine Marketing kennt er sich aus. Und mit Tinte ist er vertraut, wie mit Bits und Bytes. Als Redakteur und Fotograf bedient er Online-Medien, Zeitungen, Magazine und Fachmagazine. Auch immer mehr Firmen wissen sein Know-how zu schätzen.