Die Bauzäune stehen bereit, Bagger rollen an. Still liegt das Mahnmal – bald verstaut, vorübergehend, doch nicht vergessen.
Am Montag, 16. Juni, wird das Mahnmal für die deportierten und ermordeten Wiesbadener Sinti und Roma in den Reisinger Anlagen abgebaut – allerdings nur vorübergehend. Die Stadt Wiesbaden beginnt mit dem Bau eines neuen Wasserspielplatzes. Das Denkmal, das seit 1992 an die Verbrechen des 8. März 1943 erinnert, wird im Zuge der Bauarbeiten eingelagert und später an würdiger Stelle neu aufgestellt.
Der Spatenstich verdrängt die Erinnerung – vorerst
Die Arbeiten am neuen Spielplatz setzen räumliche Neuordnung voraus. Damit verbunden ist auch ein Umbau des Denkmalsstandorts. Ziel: eine sensiblere, respektvollere Integration des Mahnmals in die neugestaltete Anlage. Die Stadt betont, man wolle dem Ort mehr Ausdruckskraft verleihen, ihn sichtbarer, zugänglicher und zugleich würdevoller gestalten.
Ein frühes Zeichen der Anerkennung
1992 eingeweiht, gehört das Mahnmal zu den ersten seiner Art in Deutschland. Gefertigt in der Sinti-Werkstatt Albersweiler, ging seine Errichtung maßgeblich auf die Initiative des Landesverbands Deutscher Sinti und Roma in Hessen zurück. Es erinnert an 119 Wiesbadener, die am 8. März 1943 vom Hauptbahnhof nach Auschwitz deportiert wurden. Die Hälfte von ihnen überlebte die Konzentrationslager nicht.
Gedenken braucht Raum – auch im Stadtbild
Die vorübergehende Entfernung des Mahnmals lässt sich nicht vermeiden – und sie ruft wach, wie fragil öffentliche Erinnerungskultur sein kann. Doch die Stadt verspricht eine Rückkehr an einen sichtbaren, gewürdigten Platz. Das Mahnmal soll nicht verschwinden, sondern gestärkt wiederkehren. Als fester Bestandteil einer urbanen Topografie, die sich der Verantwortung stellt.
Foto – Mahnmal in der Bahnhofstraße ©2022 Volker Watschounek
Weitere Nachrichten aus dem Stadtteil Mitte lesen Sie hier.
Mehr zum Mahnmal für Sinti und Roma.