Pflegekräfte der Helios Dr. Horst-Schmidt-Kliniken kritisieren Arbeitsbedingungen und Unternehmenskommunikation. Immer mehr Mitarbeiter denken daran, zu kündigen.
Pflegekräfte an den Helios Dr. Horst-Schmidt-Kliniken kritisieren in einem Flugblatt die Arbeitsbedingungen und das Krisenmanagement an den HSK während der Pandemiezeit und haben innerhalb der Klinik in kurzer Zeit über 250 Unterschriften von Kollegen zur Unterstützung ihrer Kritik gesammelt. Damit reagieren sie auf Äußerungen der Geschäftsführung, der Betriebsrat verunsichere die Belegschaft.
„Nicht der Betriebsrat schürt hier Angst und verunsichert die Beschäftigten. Einzig allein die Gesamtsituation des Hauses und unsere täglichen Erfahrungen auf den Stationen führt zu Unsicherheit und Ängsten unter den Beschäftigten.“ – schreiben die Kollegen
Auf den Beginn der zweiten Coronawelle habe die Geschäftsführung mit hektischer Betriebsamkeit statt Pandemieplanung reagiert. Das Agieren des Krisenstabs sei planlos gewesen. Besonders verunsichert habe die Pflegekräfte die fehlende klare Trennung der Bereiche mit Nicht-Covid- Patienten, Verdachtspatienten und infizierten Patienten. Notwendige Versetzungen auf die Infektionsstationen wurden nicht vorgenommen. Eine Pflegefachkraft habe bis zu 30 Infizierte gleichzeitig betreuen müssen. Schließlich musste aufgrund der hohen Krankheitsrate eine Infektionsstation für eine Woche geschlossen werden.
„Es ist besorgniserregend, wie viele Kolleg*innen sich seit der zweiten Covid-Welle mit Fragen zu Kündigungsfristen oder der Bitte um Hilfe beim Verhandeln eines Auflösungsvertrages an ver.di wenden.“ – Anja Golder, Gewerkschaftssekretärin bei ver.di
Die Angestellten fordern, dass planbare Eingriffe verschoben werden, da es aufgrund des Personalmangels an der Klinik nicht möglich ist, elektive Patienten und mit Covid 19 infizierte Patienten gleichzeitig zu betreuen. Sie kritisieren, dass es keine Verordnung, wie in der ersten Coronawelle im Frühjahr gibt, die eine Reduktion der verschiebbaren Eingriffe verfüge. Die Behauptung der Klinikleitung, dies sei nicht möglich, da sonst die Patientenversorgung gefährdet sei, werde durch die Personalsituation konterkariert.
„Viele Mitarbeiter denken darüber nach zu kündigen: Als Grund für die Absichten wird nicht nur die steigende Arbeitsbelastung, sondern immer wieder auch der respektlose Tonfall der Führungsebene genannt. Deren Hauptstrategie scheint es zu sein, Schuldige für die Probleme des Klinikbetriebs auf den unteren Hierarchieebenen zu suchen.“ – Anja Golder, Gewerkschaftssekretärin bei ver.di
Bereits vor der Covid-Krise habe man häufig keine adäquate pflegerische Versorgung gewährleisten können. Die Personalplanung sehe bereits eine Regelbesetzung vor, die zu niedrig sei und bei Krankheitsausfall häufig dazu führe, dass eine Pflegekraft allein arbeiten muss. Dieses Problem werde nun durch die Auflösung eines Pflegepools verschärft, der bei kurzfristigen Krankheitsfällen zumindest eine gewisse Unterstützung für die Normalstationen biete.
„Wir wollen ein Gesundheits- und Krankenhausfinanzierungssystem, das sich am Bedarf der Bevölkerung orientiert und eine Personalbemessung gesetzlich festlegt. Wir wollen, dass Bund, Länder und Kommunen die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung übernehmen und dieses Feld nicht privaten Konzernen überlassen wird.“ – Flugblatt
Zum Flugblatt sagt Anja Goldner, Gewerkschaftssekretärin bei wer.di: Der Text des Flugblatts ist im November entstanden. Seit dieser Woche soll eine neue Teststrategie auch für das Personal umgesetzt werden. Zentrales Problem bleibt die Personalsituation. Inzwischen wird berichtet, dass im Intensivbereich eine IMC-Station (IMC=Intermediate Care= Intensivüberwachungspflege) geschlossen werden soll und das OP-Programm weiter reduziert wird. Problematisch bleibt aber, dass die Geschäftsführung immer erst dann auf die angespannte Situation reagiert, wenn aufgrund des Personalmangels überhaupt keine Alternative mehr bleibt, als Stationen zu schließen und elektive Eingriffe abzusagen. Bis solche Entscheidungen getroffen werden, haben die Kolleg*innen weit über ihre Belastungsgrenzen hinaus gearbeitet. Den Schlussfolgerungen der Kollegen, was sich grundsätzlich ändern müsse, um die Situation in der Pflege zu verbessern, kann sie nur zustimmen.
Foto: ©2019 Volker Watschounek
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