Ein Kommentar von Johannes Lay
„Familientag“ – das klingt nach Picknickdecke, lachenden Kindern, vielleicht mal ein Pony streicheln, ohne dass das Portemonnaie zu stark leidet und finanziell schwächere nicht ausgegrenzt werden. Doch wer am Pfingstwochenende beim Wiesbadener Reitturnier unterwegs war, fragt sich: Für wen ist dieser Tag eigentlich gemacht?
33 Euro für ein Kinderticket, als vierköpfige Familie 138 Euro nur für den Eintritt, Essen extra. Platzwahl eingeschränkt. Klar, Kinder unter sechs Jahren kommen kostenlos aufs Gelände – aber ohne Sitzplatzanspruch. Wer bereits zur Schule geht, zahlt. Und zwar nicht wenig: 33 Euro Eintritt. Dazu kommen Preise für Essen und Trinken, die sich eher am Niveau eines Privatflugs als an einer Familienveranstaltung orientieren: Normale Pasta für 10 Euro, Crêpes mit Nutella für 6, Wasser für 4,50 Euro. Preiswert ist hier nichts – außer vielleicht das Lächeln an der Kasse und die Erfrischung als Regen.
10 % hier, 20 % da – aber bloß nicht zu spontan
Ja, es gibt Ermäßigungen. 10 % für Azubis, Studenten, Ehrenamtliche, 20 % für Familien – aber nur in Kombination mit bestimmten Karten, an bestimmten Tagen, im Vorverkauf. Wer nicht vorher alles durchrechnet, zahlt drauf. Wer spontan kommt, ebenfalls. Und das bei einem Event, das mit städtischen Zuschüssen (und da reden wir von 213.000 Euro!!!) und dem Versprechen von Offenheit und Familiennähe wirbt.
Zuschuss der Stadt – für wen?
Dass die Stadt Wiesbaden das Turnier unterstützt, ist verständlich: Tradition, Tourismus, internationale Aufmerksamkeit. Aber sollte ein gefördertes Event nicht möglichst viele Menschen einladen statt ausgrenzen? Stattdessen bleibt das Gefühl: Das Publikum darf zuschauen – aber bitte leise, passend angezogen und mit vollem Geldbeutel.
Pferdesport unter sich?
Die Atmosphäre auf dem Turnierplatz ist nobel, durchgestylt, elitär. Und das darf sie auch sein – aber bitte ehrlich. Statt Familientag wäre Tag der offenen Schranken vielleicht passender. Wer zur Reit-Elite gehört, kennt sich aus. Wer einfach nur einen schönen Sonntag mit den Kindern verbringen will, wird zur Kasse gebeten – und zahlt für einen Hauch von Upper Class-Flair im Nizza des Nordens.
Umdenken?
Vielleicht wäre es mal an der Zeit das Projekt Familientag für alle zu starten – Sponsoren könnten nicht nur in die elitäre Veranstaltung an sich investieren, sondern auch in das gesellschaftliche Miteinander. Ausgrenzung erfolgt bereits mit den Eintrittspreisen.
Familienfreundlich geht anders. Ein echter Familientag macht Erlebnisse niedrigschwellig, barrierefrei, zugänglich. Ein bisschen weniger Prestige, ein bisschen mehr Pommes für alle – das wär’s gewesen.
Foto – Illustration ©2025 AI-genereirt
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