Marie Schleef verzaubert mit Flüstern und Geräuschen: Ihre Wiesbadener Inszenierung „ER PUTZT“ beeindruckt. Die Juroren vom Radikal-jung-Festival und reist vom 27. April bis 4. Mai 2025 nach München.
Wie klingt das Wischen eines feuchten Lappens? Wie fühlt sich das sanfte Kratzen eines Besens auf dem Boden im Ohr an? Marie Schleef macht in ihrer Inszenierung Er putzt am Hessischen Staatstheater Wiesbaden das Unsichtbare hörbar – und das Publikum staunt. Mit ihrer ungewöhnlichen Arbeit sichert sie sich einen Platz beim Radikal-jung-Festival 2025 am Münchner Volkstheater.
Ein Festival, das Perspektiven öffnet
Jahr für Jahr lädt das Radikal-jung-Festival die aufregendsten jungen Regietalente ein. Wer hier spielt, setzt Zeichen für die Zukunft des Theaters. Auch 2025 bleibt das Konzept bestehen: Die Jury, bestehend aus Kritikerinnen und Dramaturgen, hat 14 Inszenierungen aus Deutschland und Europa ausgewählt. Die Regiehandschrift von Schleef fiel ihnen dabei besonders auf. Ihre Arbeit überzeugt durch eine Form, die berührt, überrascht und den Theaterraum auf neue Weise nutzt.
Wenn Geräusche Geschichten erzählen
Er putzt, auf dem mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichneten Text von Valeria Gordeev, überzeugt. Die Geschichte ist schlicht: Konstantin, der älteste Sohn, kehrt regelmäßig in die Wohnung seiner Mutter zurück, um sie zu putzen und sich um seine kleine Schwester zu kümmern. Doch Schleef verwandelt diesen Alltag in eine sinnliche Erfahrung. Sie setzt auf ASMR-Techniken: Das Publikum lauscht jedem Wischen, jedem leisen Kratzen und Flüstern, wird mit Tönen statt Worten in eine Welt aus Erinnerungen, Fürsorge und familiären Bindungen hineingezogen.
Ohne große Gesten erzählt die Inszenierung von Migration, Verantwortung und der Suche nach Heimat. Keine lauten Debatten, keine wütenden Monologe – nur das rhythmische Geräusch einer Hand, die über Glas gleitet, und ein Raum, der zum Erinnern einlädt.
Wiesbadener Regietalent trifft auf Münchner Bühne
Die Einladung zum Festival ist für Marie Schleef ein Ritterschlag. Sie gehört zu einer neuen Generation von Theatermacher, die Sehgewohnheiten herausfordern. Neben ihr reist auch Antigone Akgün mit ihrer Wiesbadener Produktion Hellas am Rhein? nach München. Zwei Inszenierungen aus einer Stadt – ein starkes Zeichen für die innovative Kraft des Hessischen Staatstheaters.
Foto – Er putzt © Maximilian Borchardt / Hessisches Staatstheater
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