Alison Knowles, eine Retropersketive, die nicht nur den Kopf, sondern auch alle anderen Sinne anspricht. Die einlädt, genau hinzusehen.
Donnerstag ist Museumstag, im Hessischen Landesmuseum. Vom 19. September an zeigt das Museum Wiesbaden die erste umfassende Retrospektive der US-amerikanischen Fluxus-Künstlerin Alison Knowles im deutschsprachigen Raum. Knowles, die einzige Frau unter den Gründungsmitgliedern der internationalen Fluxus-Bewegung, macht aus dem Alltäglichen große Kunst.
Museum Wiesbaden, kurz gefasst
Sonderausstellung – Alison Knowles, Retroperspektive
Wann: 20. September 2024 — 26. Januar 2025
Eröffnung: Donnerstag, 19. September 2024
Wo: Museum Wiesbaden, Friedrich-Ebert-Allee 2, Wiesbaden
Mit Werken, die von Klanginstallationen bis zu Performances reichen, fordert Knowles die Betrachter heraus, gewohnte Dinge neu zu sehen. In den neuen Ausstellungsräumen, die keiner Chronologie folgen, bietet die Künstlerin viel Raum Entdeckungen sowie Überraschungen, – für Witz und Nachdenklichkeit.
Fluxus und Wiesbaden: Ein turbulentes Wiedersehen
Wiesbaden und Fluxus verbindet eine lange Geschichte. Bereits 1962 sorgte Knowles bei den Fluxus Internationalen Festspielen Neuester Musik im Museum für Aufsehen. Mit ihrer Performance Danger Music rasierte sie damals ihrem Ehemann, dem Komponisten Dick Higgins, auf offener Bühne den Kopf. Die radikale Kunstaktion war Ausdruck der Bewegung, die Konventionen aufbrechen wollte. Sechzig Jahre später kehrt Knowles mit einer umfassenden Retrospektive an den Ort des Geschehens zurück. Rund 100 Werke aus über 60 Jahren sind zu sehen – eine künstlerische Reise, die von den Anfängen der Fluxus-Bewegung bis zu neuesten Arbeiten reicht. Zu den Highlights gehört die raumgreifende Installation The Boat Book (Raum 5/Bild oben), die eindrucksvoll zeigt, wie Knowles das scheinbar Gewöhnliche in monumentale Kunstwerke verwandelt.
Kunst für alle Sinne: Der „Bean Garden“
Wer glaubt, Kunst sei nur etwas zum Anschauen, wird bei Knowles eines Besseren belehrt. Ihr Bean Garden (Raum 6) ist eine interaktive Installation, die das Publikum wortwörtlich eintauchen lässt. Die Besucher laufen barfuß über Bohnen, während es unter den Füßen knirscht und knackt. Der Geräuschteppich aus tausenden getrockneten Bohnen wird so zum Kunstwerk, das man nicht nur sehen, sondern hören und fühlen kann. Knowles‘ Konzept: Die Magie liegt in den alltäglichen Dingen. Ob Bohnen oder Papier – alles wird bei ihr zur Kunst, wenn man bereit ist, es neu zu betrachten.
Dinner mit Fremden: Kunst, die verbindet
Die Ausstellung lädt nicht nur zum Betrachten, sondern auch zum Mitmachen ein. Besonders spannend ist die Kunstaktion Dinner with The Stranger (Raum 9) der Künstlerin Laila Zaidi Touis, die im Rahmen der Retrospektive stattfindet. Ganz im Geiste der amerikanischen Künstlerin geht es dabei um Gastfreundschaft und Begegnung. Ein Abendessen mit Fremden wird hier zur künstlerischen Erfahrung, bei der es um den Austausch und die Aufhebung von Grenzen geht – seien es kulturelle, soziale oder geografische. Knowles Kunst zielt darauf ab, Menschen zusammenzubringen und neue Perspektiven zu eröffnen. Eine schöne Hommage an ihre künstlerische Arbeit und ihr Engagement für die Gemeinschaft.
Das Boot aus Papier: „The Boat Book“
Eines der absoluten Highlights der Retrospektive ist The Boat Book (Raum 5), eine monumentale Installation aus Papier, die den Ausstellungsraum fast vollständig einnimmt. Die Arbeit besteht aus überdimensionalen Seiten, die wie ein Boot gefaltet sind. Das Werk fordert die Betrachter auf, es nicht nur anzusehen, sondern auch zu durchwandern und zu erleben. Knowles‘ Kunst lebt von der Interaktion – sie möchte nicht, dass ihre Werke still bleiben. Vielmehr sollen sie sich durch die Berührung, Bewegung und Wahrnehmung der Besucher ständig neu entfalten. The Boat Book ist ein perfektes Beispiel für diese Philosophie.
Fluxus lebt: Von gestern bis heute
Knowles war nicht nur eine zentrale Figur der Fluxus-Bewegung, sie hat auch heute noch eine wichtige Stimme in der Kunstwelt. Die Werke der 91-Jährigen sind intermedial, greifen Themen wie Gastfreundschaft, Gemeinschaft und die Poesie des Alltäglichen auf und bleiben immer aktuell. Die Ausstellung im Museum Wiesbaden zeigt, wie facettenreich und lebendig ihre Kunst ist: von Performances über Siebdrucke, Klangarbeiten und Installationen bis hin zu Künstlerbüchern und Publikationen. Sie gibt nicht nur einen seltenen Einblick in das Schaffen dieser außergewöhnlichen Künstlerin, sondern zeigt auch, wie sehr ihre Arbeit bis heute nachwirkt.
Rahmenprogramm
Do, 19.9.24, 19 Uhr
Eröffnung der Ausstellung /Eintritt freiFr, 20.924
FELDVERSUCH — Dinner with the StrangerDo., 24.10.24., 19 Uhr
KÜNSTLERINNENGESPRÄCH — Dinner with the Stranger
Künstlerin Laila Zaidi Touis im Gespräch mit Kuratorin Jana Dennhard zur Kunstaktion „Dinner with the Stranger“.
Der Eintritt ist frei.Sonntags, 14—15 Uhr
So., 22.9.24, 29.9., 6.10., 13.10., 20.10., 27.10.
OPEN HOUSE
Alison Knowles — The House of DustBevor das „The House of Dust“ Ende Oktober den Kranzplatz verlässt, gibt es noch an sechs Sonntagen die Möglichkeit die Installation zu begehen.
Von 14—15 Uhr finden während der Öffnung kostenfreie Führungen statt. Eine Anmeldung ist nicht nötig.Mi, 25.9.24, 12:15—12:35
KUNSTPAUSE
Alison Knowles — Über Bohnen und Schuhe
Mit Kuratorin Jana Dennhard, M.A.
4,— Euro inkl. Eintritt. Anmeldung unter museum-wiesbaden.de/kalenderDi, 15.10.24, 15—16 Uhr
60+ FÜHRUNG
Alison Knowles — Retrospektive
4,— Euro inkl. Eintritt. Anmeldung erforderlich: 0611 / 31 26 31Do, 17.10.24, 19—20:30 Uhr
Art after Work
Was ist Fluxus und wie klingen Bohnen?
Mit Kuratorin Jana Dennhard M.A.
Sa, 7.12.24 10:00—17:00
FREIER SAMSTAG und KUNSTAKTION
An diesem Freien Samstag sind alle Besucher:innen eingeladen, an der Kunstaktion „Celebration Red — Homage to Each Red Thing (1962 ⁄ 1996)“ der Künstlerin Alison Knowles teilzunehmen. Gäste können dafür rote Objekte ihrer Wahl mitbringen und zum Teil des Kunstwerks werden lassen.
Sa, 25.1.25, 15:00
ABSCHLUSSPRÄSENTATION
Performance meets Dance meets Museum
Das Hessische Staatstheater Wiesbaden zu Gast
Fazit: Eine Ausstellung, die alle Sinne berührt
Die Retrospektive im Museum Wiesbaden ist mehr als nur eine Rückschau – sie ist vor allem eine Einladung, Kunst mit allen Sinnen zu erleben. Knowles zeigt uns, dass in den einfachsten Dingen des Alltags eine ganze Welt steckt, die es zu entdecken gilt. Wer sich auf dieses Abenteuer einlässt, wird mit neuen Perspektiven und überraschenden Eindrücken belohnt. Diese Ausstellung ist ein Muss für alle, die neugierig auf Kunst sind, die bewegt – im wahrsten Sinne des Wortes.
Foto – The Boat Book ©2024 Volker Watschounek
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