Die Fernsehlotterie unterstützt die Caritas Wiesbaden mit 113.000 Euro. Davon profitieren Angehörige von suchtkranken Menschen – mit Gesprächen, Gruppen, Hoffnung. Ein Ort, an dem Mitgefühl auf Professionalität trifft.
Soziales Engagement der Fernsehlotterie
Im Jahr 2024 wurden 50 Millionen Euro an über 300 soziale Projekte in Deutschland durch die DEUTSCHE FERNSEHLOTTERIE ausgeschüttet. 28 Projekte davon wurden in Hessen mit einer Gesamtsumme von rund 5 Millionen Euro gefördert. In den vergangenen 10 Jahren sind 336 soziale Vorhaben mit mehr als 53 Millionen Euro in Hessen ermöglicht worden. Auch das Projekt in Wiesbaden profitiert von der Hilfe, die aus den Erlösen des Losverkaufs der Soziallotterie erzielt wird.
Der Caritasverband Wiesbaden-Rheingau-Taunus e. V. erhält 113.000 Euro von der Deutschen Fernsehlotterie. Das Geld fließt in ein bislang nahezu vergessenes Feld der Suchthilfe: die Unterstützung von Angehörigen. Ein Besuch vor Ort zeigt, wie groß der Bedarf ist, und wie viel Hoffnung die Förderung bringt, – erst ermöglicht.
Wenn Nähe belastet
Ein Montagmorgen in der Rheinstraße. Die Tür zur Fachambulanz der Caritas steht offen. Menschen treten ein, manche zögerlich, verunsichert – andere bestimmt. Sie sind nicht selbst süchtig. Doch ihr Leben wird von einer Sucht mitbestimmt – der eines nahestehenden Menschen.
Viele unserer Angehörigen haben über Jahre, oft Jahrzehnte hinweg ihre eigenen Bedürfnisse hintenangestellt, erklärt Cathrin Fehl, Einrichtungsleiterin der Fachambulanz für Suchtkranke. Wenn sie zu uns kommen, erkennen sie oft zum ersten Mal: Mich gibt es ja auch noch. Konnte die Caritas in solchen Fällen bis Anfang des Jahres nur bedingt weiterhelfen, ist ein Wendepunkt erreicht.
Mit der Unterstützung durch Fernsehlotterie ist es nun möglich, Wartezeiten erheblich zu verkürzen. Dank zusätzlicher personeller Ressourcen und mehr Zeit im Team können nun sowohl Einzelgespräche als auch neue Gruppentermine zeitnah angeboten werden – eine spürbare Entlastung für Menschen, die oft selbst an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommen.
Spielsucht – Wenn alles auf eine Karte gesetzt wird
Auch wenn Angehörige von Alkohol- oder Drogensüchtigen im Fokus stehen, liegt ein weiterer Schwerpunkt auf Angehörigen von Glücksspielabhängigen. „Hier erleben wir eine extrem hohe Belastung – auch finanziell. Familien stürzen in Schulden, Beziehungen zerbrechen. Die Suizidrate bei Spielsüchtigen ist erschreckend hoch“, so Fehl.
Ein Beispiel: Ein Mann verzockt über 150.000 Euro. Der Mietvertrag st gekündigt. Seine Frau steht plötzlich mit drei Kindern auf der Straße, vor dem Nichts – und sucht Hilfe. Das sind Momente, in denen schnelle Unterstützung zählt, betont die Einrichtungsleiterin. Die Mittel der Fernsehlotterie ermöglichen nun, unmittelbar nach dem ersten Kontakt weitere Gespräche und Gruppenangebote anzubieten – nicht erst Monate später.
Alkoholsucht – Die stille Dauerkrise
Alkohol bleibt die häufigste Suchtform, mit der die Fachambulanz konfrontiert ist. „Die Tragweite wird oft unterschätzt – besonders bei älteren Betroffenen. Und das Umfeld leidet mit.“ Partner, Kinder, manchmal auch Eltern geraten in Co-Abhängigkeit, übernehmen Verantwortung, wo eigentlich Entlastung nötig wäre.
Bislang gab es zu wenig Raum: „Wir konnten Angehörigen oft nur sagen: Es gibt eine Gruppe – im September. Aber wenn jemand im März in Not ist, hilft das nicht.“ Jetzt gibt es Gruppen im Zwei-Wochen-Takt. Und vorher Einzelgespräche. „Das verändert alles“, freut sich die Einrichtungsleiterin.
Die unterschätzten Bedrohungen
Spiel- und Drogensucht seien aber nur die Spitze des Eisbergs. Immer mehr rücken auch andere Suchtformen in den Fokus: Medikamentenmissbrauch, insbesondere Schlaf- und Schmerzmittel, betrifft vor allem Frauen ab 50. Sexsucht, Pornografie. Und bei jungen Menschen nehmen Medien- und Onlinesüchte zu. Da kommen auch Eltern mit ihren Kindern, wenn sie merken: Mein Sohn kommt nicht mehr von der Konsole los.
Die Caritas darf erst ab 18 behandeln – aber niemand wird weggeschickt. Wir beraten, vernetzen, leiten weiter. Entscheidend ist: Die Menschen finden hier einen Ort, an dem sie ernst genommen werden.“
Angehörige als Schlüssel zur Veränderung
„Suchthilfe bedeutet nicht nur, dem oder der Abhängigen zu helfen“, unterstreicht Stephan Schacht, Repräsentant der Fernsehlotterie, bei der symbolischen Scheckübergabe und seinem Besuch vor Ort. „Sie betrifft ganze Systeme – Familien, Freundeskreise, Kolleginnen. Diese Menschen stark zu machen, ist Prävention pur.“
Und die Zahlen sprechen für sich: Über 6.000 Beratungs- und Gruppengespräche fanden 2023 in Wiesbaden statt. Tendenz steigend.
Ein Modell mit Zukunft
Das geförderte Projekt will mehr als nur akute Hilfe leisten. Es soll zeigen: Angehörigenarbeit ist kein „Nebenprodukt“ der Suchthilfe, sondern zentrales Element. Langfristig wünschen wir uns eine Verstetigung, vielleicht sogar eine spezielle Zielgruppenförderung, sagt Fehl.
Der Anfang ist gemacht. Die Türen stehen offen. Und mit der Fernsehlotterie hat die Caritas einen Partner gefunden, der nicht nur Geld gibt – sondern zuhört, begleitet und Ideen Raum gibt.
Foto – Birgit Dittrich, Verena Mikolayewski, Sophie Koop und Cathrin Fehl freuen sich über die großzügige Förderung durch die Fernsehlotterie (Stephan Schacht rechts)
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