Mehr Plätze, flexible Angebote und bauliche Anpassungen sind gefragt. Wie Wiesbaden plant, die Nachmittagsangebote für die Zukunft fit zu machen – und was Eltern wissen sollten.
In Wiesbaden wird nachmittags fleißig betreut – aber es bleibt noch viel zu tun. Der neue Bericht zu den Nachmittagsangeboten für Grundschulkinder zeigt detailliert, wie sich die Betreuungssituation in der Landeshauptstadt entwickelt. Wir stehen nicht schlecht da, aber es gibt noch Luft nach oben, fasst Sozialdezernentin Dr. Patricia Becher zusammen. Im Schuljahr 2023/24 stehen etwa 8.000 Betreuungsplätze für rund 11.400 Grundschüler zur Verfügung. Damit kann die Stadt etwa 70 Prozent der Schulkinder ein entsprechendes Angebot machen.
Nicht jeder Platz ist gleich
Es gibt verschiedene Formen der Nachmittagsbetreuung, und die Bedürfnisse der Familien sind entsprechend unterschiedlich. Rund 62 Prozent der Grundschulkinder nehmen eines der Angebote wahr, sei es an der Schule selbst oder in einem Hort. Dabei ist das Ganztagsmodell, bei dem die Betreuung bis 17 Uhr geht, besonders gefragt: Zwei Drittel der belegten Plätze fallen in diese Kategorie. Für die übrigen Kinder endet der Tag bereits um 14:30 oder 15 Uhr, was sogenannte Dreiviertelplätze sind. Die Flexibilität des Systems scheint zu passen, doch die Verteilung der Plätze zeigt starke Unterschiede zwischen den Schulen.
Volle Auslastung? Kommt auf die Schule an!
Ein Blick in die einzelnen Stadtteile und Schulen zeigt, dass das Platzangebot sehr unterschiedlich genutzt wird. In Schulen mit einem Ganztagsprofil oder solchen, die am Pakt für den Ganztag teilnehmen, ist die Nachfrage besonders hoch. Dort liegt die Platzauslastung teilweise bei 100 Prozent. An anderen Schulen werden hingegen nur 18 Prozent der Plätze in Anspruch genommen – warum? Die Gründe dafür sind vielfältig: Von der Lage der Schule bis hin zu individuellen familiären Bedürfnissen spielen viele Faktoren eine Rolle. Die Stadtverwaltung arbeitet daher daran, das Angebot besser auf die Nachfrage abzustimmen.
Herausforderung Zukunft: Mehr Plätze bis 2026
Während die aktuelle Betreuungslage in Wiesbaden noch nicht optimal ist, zeichnet sich am Horizont bereits die nächste große Herausforderung ab: das Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG). Ab 2026 gilt bundesweit ein Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder, der schrittweise eingeführt wird. Im ersten Schritt betrifft dies Kinder der ersten Klassenstufe, doch bis 2029 wird dieser Anspruch auf alle Jahrgänge ausgeweitet. Um das zu stemmen, brauchen wir 2.300 bis 2.400 zusätzliche Betreuungsplätze in Wiesbaden, betont Dr. Becher. Zwar prognostiziert die Stadt für die kommenden Jahre eine leicht sinkende Schülerzahl, doch reicht das bei Weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken.
Stadt im Planungsfieber: Schulen müssen umbauen
Die Planungen laufen bereits auf Hochtouren. Die Stadtverordnetenversammlung hat eine Teilfortschreibung des Schulentwicklungsplans beschlossen (AZ 24-V-03-0010), um den kommenden Rechtsanspruch umzusetzen. Es ist ein Fahrplan, der uns eine klare Richtung vorgibt, so Dr. Becher. Ab dem Schuljahr 2024/25 werden weitere Schulen neue Ganztagsformen anbieten, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Doch damit nicht genug: Parallel arbeitet das Schuldezernat an umfangreichen baulichen Maßnahmen. Viele Schulen müssen erst fit gemacht werden, um die zusätzlichen Betreuungsangebote auch räumlich stemmen zu können. „Das ist kein Spaziergang“, gibt Becher zu, „aber wir sind zuversichtlich, dass wir auf Kurs bleiben.“
Betreuung in den ersten Lebensjahren
Neben den Grundschulkindern hat die Stadt auch die Betreuung der Kleinsten im Blick. Der ebenfalls vorgestellte Bericht zur Tagesbetreuung für Kinder in den ersten Lebensjahren liefert eine umfassende Bestandsaufnahme, wie gut Wiesbaden in diesem Bereich aufgestellt ist. Der Bericht zeigt auf, dass auch hier Handlungsbedarf besteht. Gerade in einigen Ortsbezirken gibt es Engpässe, die die Stadt durch eine datenbasierte Planung ausgleichen will.
Blick nach vorn: Ein Ziel für alle
Das übergeordnete Ziel ist klar: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll gestärkt werden, gleichzeitig soll jedes Kind die bestmögliche Förderung erhalten. Der Weg dahin ist nicht einfach, aber in Wiesbaden hat man die Herausforderung angenommen. „Wir bleiben dran“, versichert Dr. Becher – und gibt damit das Versprechen, dass die Stadt die Weichen für eine umfassende und zukunftsorientierte Nachmittagsbetreuung der Grundschulkinder rechtzeitig stellt.
Foto oben ©2021 Pixabay
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