Die Martin-Luther-Gemeinde in Wiesbaden geht voran: Mit Mut, Ideen und Teamgeist wird die Kirche neu gedacht – zentral an der Lutherkirche.
In den Kirchenbänken bleibt es stiller. Die Zahlen sinken. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau verliert Mitglieder – und mit ihnen Mittel, Möglichkeiten und Perspektiven. Doch statt zu jammern, krempelt die Kirche die Ärmel hoch. In Wiesbaden formieren sich die evangelischen Gemeinden neu. Der große Name des Umbaus: ekhn2030. Ein sperriger Titel, aber dahinter steckt ein mutiger Plan. Der Auftakt hierzu in der Lutherkirche.
Kirchen sollen näher zusammenrücken, Kräfte bündeln, Verwaltung entlasten, Räume teilen – und: bei den Menschen bleiben. Der wichtigste Baustein dabei: die sogenannten Nachbarschaftsräume. In Wiesbaden gibt es sieben davon. Jede Gemeinde gehört nun zu einem dieser Räume. Bis 2027 sollen sie eine feste Rechtsform finden – vom lockeren Verbund bis zur Fusion ist alles möglich.
Martin-Luther-Gemeinde: Pionierin mit vier Türmen
Während viele noch planen, hat eine Gemeinde bereits Fakten geschaffen: Die Martin-Luther-Gemeinde in der Innenstadt und Teilen von Biebrich. Sie ging als erste den Fusionsweg. Vier Gemeinden wurden eins: Markus, Heilig-Geist, Johannes und Luther. Vier Kirchen, sechs Kitas, ein engagiertes Pfarrteam – und 5.600 Mitglieder in einem Stadtgebiet, das von der Adolfshöhe bis zur Waldstraße reicht.
Hier ist aus vielen ein Ganzes geworden. Wir wollten nicht abwarten, bis die Struktur uns überrollt, sagt Andreas Keller, Vorsitzender des Kirchenvorstands. Wir wollten gestalten. Und das taten sie – mit Energie, Gesprächsbereitschaft und einer klaren Vision.
Von der Verwaltung zum Vertrauen
In der Lutherkirche hat man die Verwaltung zentralisiert. Der Chor probt weiter, die Kantorei singt, die Singakademie bleibt. Das Pfarrteam ist jetzt größer – was Luft schafft für Ideen, Formate und persönliche Ansprache. Pfarrer Johannes Merkel hat beispielsweise einen Gottesdienst am Tisch eingeführt – mit Gesprächen statt Predigtfront. So entsteht Gemeinschaft, sagt er.
Natürlich gibt es auch Herausforderungen. Größere Strukturen schaffen auch Distanz. Die Wege werden länger. Der Zusammenhalt muss wachsen. Aber mit einem erweiterten Konfi-Angebot, verschiedenen Gottesdienstformaten und drei Seniorenrunden pro Woche zeigt die Gemeinde, was alles geht, wenn Ressourcen geteilt werden.

Reform, die bewegt – nicht lähmt
Dekanin Arami Neumann kennt auch die andere Seite: Räume, die von Erbach bis zum Schelmengraben reichen. Das ist ein ganz anderes Kaliber. Da wird die Zusammenarbeit zur logistischen Aufgabe, sagt sie. Deshalb sei das frühe Handeln der Martin-Luther-Gemeinde mutig – und vor allem: klug gewesen. Jetzt können sie endlich wieder inhaltlich arbeiten.
Daniela Präckel, Ehrenamtliche aus der ehemaligen Johanneskirche, sieht ebenfalls mehr Licht als Schatten. Klar, es gibt weniger Gottesdienste. Aber auch mehr Ideen, mehr Reichweite, mehr gemeinsames Tun. Wir bündeln Kräfte – und gewinnen neue Möglichkeiten.
Kirchenfusion wird Fest
Und genau das wird gefeiert: Am 26. und 27. April lädt die Martin-Luther-Gemeinde zu einem großen Fest. Mit Gottesdiensten, Musik, Führungen, Workshops, Familienprogramm – und einer Disco in der Heilig-Geist-Kirche. Vom Kirchturmruf bis zur Taizé-Andacht: So geht moderner Glaube in der Nachbarschaft.
Foto – Das Pfarrteam der Martin-Luther-Gemeinde (von links): Johannes Merkel, Nicole Oehler, Ursula Kuhn und Johannes Lösch.
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