Erinnerungen: So begann 1945 der demokratische Wiederaufbau in Wiesbaden – regionale Perspektiven, historischneDokumenten und aktuellen Debatte.
Am 8./9. Mai 1945 unterzeichnet Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, die zweite, ratifizierende Kapitulationsurkunde in Berlin-Karlshorst. In Wiesbaden ist der Krieg zu diesem Zeitpunkt Geschichte. Anlässlich des 80sten Jahrestages lädt die Landeshauptstadt am 15. Mai zu dem Symposium „80 Jahre Kriegsende: Demokratischer Neubeginn 1945 in Rhein-Main“ ins Kulturforum ein.
Kuturforum, kurz gefasst
Symposium – 80 Jahre Kriegsende: Demokratischer Neubeginn 1945 in Rhein-Main Wann: Mittwoch, 15. Mai 2025, 9:15 Uhr, Start 9:30 Uhr Wo: Kuturforum, Schillerplatz 1-2, 65185 Wiesbaden Kosten: 0,00 Euro | Der Eintritt ist frei, um Anmeldung wird gebeten unter: 📧 veranstaltung-stadtarchiv@wiesbaden.de ÖPNV: Mit den Linien 2,4,14,15,16,22,23,45,47,48,721,N9,N10,N13,X26 zum Dern’schen Gelände
Die Veranstaltung nimmt den Jahrestag des Kriegsendes zum Anlass, die Entstehung demokratischer Strukturen nach dem nationalsozialistischen Terrorregime zu beleuchten – und zieht damit die Verbindungslinien von der Vergangenheit in die Gegenwart.
Wie die Demokratie zurückkehrte
Mit dem Einmarsch der alliierten Streitkräfte und der Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde endete nicht nur der Krieg, – es begann ein mühsamer, aber entscheidender Prozess: der Wiederaufbau einer demokratischen Gesellschaft. In Städten wie Wiesbaden organisierten die Militärregierungen erste Verwaltungen, reaktivierten kommunale Strukturen und betrauten lokale Akteure mit Verantwortung. Die Region Rhein-Main spielte dabei eine besondere Rolle: In Hessen entstanden Betreuungsstellen für die Opfer des NS-Regimes, aus Gemeinden wurden demokratische Keimzellen.
Ein Symposium, viele Perspektiven
Das Symposium präsentiert Vorträge aus der gesamten Region. Wissenschaftler schildern, wie sich lokale Verwaltungen neu formierten, welche Herausforderungen den Wiederaufbau prägten und wie das gesellschaftliche Klima der unmittelbaren Nachkriegszeit aussah. Sie fragen, wie Menschen auf die Displaced Persons reagierten, wie mit Schuld umgegangen wurde – und welche Konsequenzen sich daraus für heutige Erinnerungskultur ergeben.
Spuren im Schriftgut, Schweigen in der Stadt
Besondere Aufmerksamkeit gilt den Protokollen der US-Militärregierung. Die Protokolle aus Wiesbaden geben Einblicke in die damaligen Zustände, werfen aber auch Fragen auf. Wie offen sprach man über die NS-Zeit? Welche Rolle spielten Täter, Mitläufer oder Opfer im kommunalen Alltag? Kulturdezernent Dr. Hendrik Schmehl unterstreicht: „Manches bleibt in Nebensätzen verborgen – doch genau dort beginnt historisches Verstehen.“
Programm und Zeitplan des Symposiums
9.30 bis 9.40 Uhr – Grußworte Dr. Hendrik Schmehl, Kulturdezernent der Landeshauptstadt Wiesbaden; Dr. Jennifer John, Geschäftsführerin der KulturRegion FrankfurtRheinMain gGmbH; Felix Münch, Ständiger Vertreter der Direktorin der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung 10 bis 10.30 Uhr Impuls: Eroberung – Befreiung – und nun? Die historiographische Bedeutung des Kriegsendes nach 1945 am Beispiel Wiesbadens Dr. Peter Quadflieg (Stadtarchiv Wiesbaden) 11 bis 12.30 Uhr Vormittagspanel: Kriegsende und Neubeginn in der Rhein-Main-Region: Lokale Beispiele 11 bis 11.30 Uhr Das Kriegsende in Aschaffenburg 1945: Zäsur oder Neubeginn? Prof. Frank Jacob (Nord Universitet, Norwegen) mit anschließender Diskussion 11.30 bis 12:00 Uhr Das Kriegsende 1945 in Darmstadt Dr. Sandra Zimmermann (Stadtarchiv Darmstadt) 12 bis 12.30 Uhr Oberursel 1945/46. Camp King, Eugen Kogon und der Oberurseler Kreis Sylvia Goldhammer (Stadtarchiv Oberursel) mit anschließender Diskussion 13.15 bis 14.15 Uhr Nachmittagspanel II: Der Aufbau staatlicher und demokratischer Strukturen 13.15 bis 13.45 Uhr Demokratischer Neuanfang im Landkreis Usingen – ein Werkstattbericht Gregor Maier (Kreisarchiv Hochtaunuskreis) mit anschließender Diskussion 13.45 bis 14.15 Uhr „Für alle, die guten Willens sind“. Walter Kolb und der demokratische Neubeginn in Frankfurt am Main Dr. Thomas Bauer (Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main) mit anschließender Diskussion 14.45 bis 15. 45 Uhr Nachmittagspanel II: Bewährungsprobe für die junge Demokratie: Wahlen und Aufarbeitung 14.45 bis 15.15 Uhr Neubeginn oder Rückbesinnung? Die Kommunalwahlen von 1946 im Rheingau Oliver Mathias (Rüdesheim am Rhein) mit anschließender Diskussion 15.15 bis 15.45 Uhr Juristische Aufarbeitung der Naziverbrechen in einer Kleinstadt. Der sogenannte „Flörsheimer Kristallnacht-Prozess“ vom 9. bis 14. Mai 1949 Dr. Bernd Blisch (Stadt Flörsheim) 16 bis 17.15 Uhr Round-Table „80 Jahre danach: Das Kriegsende als Mythos oder Verpflichtung? Wie über Verantwortung sprechen.“Über das Gedenken hinausdenken
Eine Podiumsdiskussion schlägt die Brücke zur Gegenwart. Experten diskutieren, wie historische Bildung heute gelingen kann, wie man junge Menschen erreicht und wie Gedenken lebendig bleibt. Mit der KulturRegion FrankfurtRheinMain, der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung und der Volkshochschule Wiesbaden wirkt das Symposium weit über den Tag hinaus.
Dabei sein
Die Teilnahme am Symposium „80 Jahre Kriegsende: Demokratischer Neubeginn 1945 in Rhein-Main“ ist kostenfrei. Veranstaltungsort ist das Kulturforum Wiesbaden in der Friedrichstraße 16, 65185 Wiesbaden. Interessierte Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, sich mit der politischen und gesellschaftlichen Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit auseinanderzusetzen und Einblicke in die regionale Erinnerungskultur zu gewinnen.
Für die Teilnahme wird um vorherige Anmeldung beim Stadtarchiv Wiesbaden gebeten. Die Anmeldung erfolgt per E-Mail an veranstaltung-stadtarchiv@wiesbaden.de oder telefonisch unter 0611 31-3080. Das Stadtarchiv ist erreichbar unter der Adresse Im Rad 42, 65197 Wiesbaden.
Ergänzend findet am Abend desselben Tages um 19.30 Uhr in Hanau eine öffentliche Gedenkveranstaltung unter dem Titel „80 Jahre Kriegsende“ statt.
Foto oben © 2025 Wikipedia – Field Marshall Keitel signs German surrender terms in Berlin 8 May 1945, Gemeinfrei
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