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L’éducation régional, 2017 Acryl und Öl auf Leinwand, von Magnus Andersen. Bild: NKV

Magnus Anderson: Kunst als Gewaltakt der Mutter

Die neue Ausstellung des dänischen Künstlers Magnus Andersen heißt „L’éducation régionale“. Der Nassauische Kunstverein Wiesbaden zeigt sie vom 2. September bis 15. Oktober in seinen Räumen in der Wilhelmstraße.

Redaktion 7 Jahren vor 0

Das britische Rokoko erwacht. Industrielle Unpersönlichkeit trifft auf  ländliche Romantik. Magnus Anderson inszeniert daraus moderne Sichtweisen.

Vom 2. September bis zum 15. Oktober 2017 zeigt der Nassauische Kunstverein Wiesbaden die erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland des dänischen 30-jähringen Künstlers  Magnus Andersen. Im Rahmen der Ausstellung findet zusammen mit der Schufa Holding AG das Projekt Kinder entdecken zeitgenössische Kunst 2017 statt.

Nassauischer Kunst Verein (NKV), kurzgefasst

Ausstellung „L’éducation régionale“
Vernissage:
Samstag, 1. September 2017, 18:00 Uhr
Wann: Samstag, 2. September bis 15. Oktober 2017
Wo: Nassauischer Kunstverein, Wilhelmstraße 15, 65185 Wiesbaden (Karte / Navigation)
Eintritt: 5,00 Euro, 3,00 Euro für Schüler Studenten und Rentner

Öffnungszeiten: dienstags 14:00 – 20:00 Uhr, mittwochs bis freitags 14:00 – 18:00 Uhr, samstags und sonntags 11:00 – 18:00 Uhr, montags geschlossen

Heranwachsende, die in einem gesellschaftlichen Spiel die Rollen von Erwachsenen einnehmen und so Formen staatlicher Organisation durchexerzieren, sind zentraler Bestandteil von L’éducation régionale. Die sich aus Gemälden und Soundinstallation zusammensetzende Ausstellung hebt die Bedeutsamkeit von Bildung und Erziehung hervor.

Welche Symbole der Macht werden ihnen vermittelt?

Dabei wirft das intereuropäische Konglomerat aus griechischer Mythologie, englischem Rokoko, sowjetischer Propaganda und der im Titel anklingenden regionalen Bildung Fragen auf: Sollten künftige Generationen sich an Althergebrachtem orientieren oder es negieren? Welche Werte, welche politischen und sozialen Prinzipien, welche Symbole der Macht werden ihnen vermittelt?

Flacher und pastoser Farbauftrag

Bedrohlich inszenierte industrielle Unpersönlichkeit trifft auf melancholisch ländliche Romantik, eine auf den ersten Blick harmlos wirkende Familienszene entpuppt sich als Gewaltakt inmitten einer kosmisch verhagelten Szenerie, traditionelle kunsthistorische Motive werden reinterpretiert und mit zeitgenössischer Mode kombiniert. Damit bewegen sich Magnus Andersens figurative Gemälde inhaltlich in einem Spannungsfeld aus Gegensätzen, das sich auch in seiner Malweise fortsetzt: Komplementärkontraste laden die Gemälde auf und der Wechsel zwischen flachem und pastosem Farbauftrag lässt Bildelemente je nach Blickwinkel aus der Leinwand hervortreten.

Mensch und Gesellschaft

In seiner Motivauswahl bezieht sich Magnus Andersen auf Kunstwerke des britischen Rokoko Ende des 18. Jahrhunderts. In dieser Epoche kamen mit dem Konzept der „Sensibility“ erstmalig aus heutiger Perspektive moderne Sichtweisen von Mensch und Gesellschaft auf, wie beispielsweise eine Neudefinition der Kindheit, in der Kinder nicht nur als „Mini-Erwachsene“, sondern als Wesen mit eigenen, altersentsprechenden Bedürfnissen gesehen wurden.

Gewaltakt der Mutter

Das Hauptmotiv des berühmten Gemäldes Girl with Pigs von Thomas Gainsborough variiert Magnus Andersen mit Motiven der Sage um Jason und das goldene Vlies aus der griechischen Mythologie. Joshua Reynolds bekanntes Gemälde Georgiana, Duchess of Devonshire with her infant daughter Lady Georgiana Cavendish dient als Vorlage für eine zunächst harmlos wirkende Szene, die sich in der Umsetzung allerdings als kurz bevorstehender Gewaltakt der Mutter gegen ihr Kind herausstellt.

Assoziationen von Sommercamp bis Hooliganismus

Das von Magnus Andersen entwickelte Hörstück ist im Rahmen von Schüler entdecken zeitgenössische Kunst – einer Kooperation mit der Schufe Holding AG in Zusammenarbeit mit der Diltheyschule – entstanden. Im Stil teambildender Sprechchöre in englischer, deutscher und französischer Sprache, die Assoziationen von Sommercamp bis Hooliganismus hervorrufen, werden in einem Mix aus Zitaten wichtiger Persönlichkeiten, Versatzstücken aus Handelsverträgen sowie Aussagen über beliebte Urlaubsdestinationen einige Highlights des Post-1945-Europas skandiert. Wie in seinen zuvor entstandenen Arbeiten isoliert Andersen damit für L’éducation régionale einzelne Symbole und Anekdoten der europäischen Geschichte, die als pseudo-erzieherische Mittel ein
moralisches Regelwerk aufstellen.

Zur Person Magnus Andersens

Magnus Andersen (*1987 in Elsinore, Dänemark) studierte an der Royal Danish Academy of Fine Arts bei Martin Erik Andersen und bis 2016 an der Städelschule Staatliche Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt bei Judith Hopf. Einzelausstellungen waren bereits in Wien, Kopenhagen, Frankfurt am Main und zuletzt in New York zu sehen.

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