Der Jubel bei der Mannschaft und mitgereisten Fans kennt keine Grenzen. Tränen der Freude flossen den tapfer spielenden Hessinnen über die Wangen.
Als genau um 20:42 Uhr ihr Stuttgarter Pendant Femke Stoltenborg den Spielball zu dicht ans Netz spielte, lächelte VCW-Zuspielerin Irina Kemmsies schon in der Luft. Sie ahnte, dass dieser Fauxpaus reichen würde, heute den Überraschungssieg perfekt zu machen. Millisekunden später war sie es, die den gegnerischen Angriff im Block aus der Luft pflückte und so den überraschenden Finaleinzug des VC Wiesbaden eintütete.
„Auch wenn wir nicht ganz so gut gespielt haben, wie gegen Schwerin, war das doch eine fantastische Mannschaftsleistung!“ – Dirk Groß
Dabei waren die Vorzeichen am Morgen vor dem Spiel alles andere als rosig. Selma Hetmann als eine von zwei verbliebenen Mittelblockerinnen in den Reihen des VCW klagte über starkes Unwohlsein. Kurz danach war klar, dass sie am Abend in Stuttgart nicht spielen können wird. Binnen kürzester Zeit musste eine Ersatz-Mittelblockerin her. Die Wahl fiel auf die bundesligaerfahrene und derzeit vereinslose Ex-VCW-Mittelblockerin Julia Osterloh, die seit mehr als drei Monaten nicht mehr ernsthaft einen Volleyball in der Hand hatte.
„Wir sind als ‚Underdogs‘ in dieses Spiel gegangen und haben unsere Tugenden gezeigt: Wir haben stark aufgeschlagen, um jeden Ball bis zum Umfallen gekämpft und den Sieg einfach mehr gewollt als Stuttgart!“ – Dirk Groß
Eine Frage der Ehre: Julia Osterloh hat nach dem Anruf alles stehen und liegen gelassen und ist sofort mit dem Auto nach Stuttgart gereist. „Ich kann das noch gar nicht realisieren, dass ich heute dazu beigetragen habe, mit dem VC Wiesbaden ins Pokalfinale einzuziehen! Mittags saß ich noch nichtsahnend am Schreibtisch“, gab eine sichtlich überraschte Julia Osterloh nach dem Spiel zu Protokoll. In der VCW-Geschäftsstelle setzte man parallel alles daran, Osterloh noch bei der Liga als Spielerin zu melden und mit einem Trikot auszustatten.
„Stuttgart hat zwar mehr Pokalerfahrung, aber sie hatten auch mehr Druck. Die Chancen standen 50:50 und das haben wir genutzt.“ – Karolina Bednářová
Vielleicht war es genau dieser Überraschungseffekt, der der Teammoral – neben dem vergangenen Sieg gegen Schwerin – einen zusätzlichen Schub verlieh. Der VC Wiesbaden bot den deutlich favorisierten Stuttgarterinnen vom ersten Aufschlag an die Stirn. Das spiegelt sich auch in den Statistiken wieder. Bei allen Spielanteilen lagen Stuttgart und der VCW von Beginn an gleich auf. Mit einem Unterschied: Wiesbaden zwang Stuttgart durch starke Services und cleveres und freches Angreifen reihenweise zu mehr Eigenfehlern als andersherum. Das war schlussendlich spielentscheidend.
Ausgezeichnet
Zur wertvollsten Spielerin mit 18 Punkten insgesamt, 15 von 35 Angriffen, Quote 43 Prozent, zwei Blockpunkte und 1 Ass wurde bei den Wiesbadenerinnen Außenangreiferin Karolina Bednářová gewählt. „Wir haben gewusst, dass wir mit dem Sieg gegen Schwerin im Rücken gut drauf sind. Stuttgart hat zwar mehr Pokalerfahrung, aber sie hatten auch mehr Druck. Die Chancen standen 50:50 und das haben wir genutzt“, zeigte sich die Kapitänin nach dem Schlusspfiff glücklich.
Schwerin, Stuttgart, Dresden!
Für den VC Wiesbaden ist dies ein großer Prestigeerfolg. Es ist eines der Saisonhighlights, auch weil die Finalisten vor einer beeindruckenden Kulisse spielen dürfen. Mehr als 10.000 Fans besuchen in der Regel die beiden Endspiele der Frauen und Männer. Qualifizierte sich der VCW 2012/2013 noch für den Finalspielort Gerry-Weber-Stadion in Halle/Westfalen, findet das Pokalendspiel jetzt mittlerweile in der Mannheimer SAP-Arena statt – diesmal am Sonntag, dem 4. März 2018.
Als Gegner wird dem VC Wiesbaden im Mannheimer Pokalfinale der Dresdner Sportclub gegenüberstehen, der den amtierenden Meister und Supercupsieger mit 3:2 (17:25 / 25:23 / 18:25 / 25:21 / 15:10) aus dem Wettbewerb werfen konnte. ∆
Sie möchten keinen Beitrag mehr verpassen und stets aktuell informiert sein? Dann folgen Sie uns auf Twitter oder Instagram und werden Sie Fan von Wiesbaden lebt!