Prof. Dr. Martin Hein, Norbert Kartmann, Andreas von Schoeler und Minka Pradelski – vier Persönlichkeiten. Die Wilhelm Leuschner-Medaille zeichnet ihr Leistungen aus.
Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier hat Bischof emeritus Prof. Dr. Martin Hein, den Landtagsabgeordneten und ehemaligen Landtagspräsidenten Norbert Kartmann, den ehemaligen Staatssekretär und früheren Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, Andreas von Schoeler, und die Schriftstellerin Minka Pradelski aus Frankfurt mit der Wilhelm Leuschner-Medaille 2020 geehrt. Ich freue mich sehr, das Engagement von vier hessischen Persönlichkeiten mit der höchsten Auszeichnung des Landes Hessen, der Wilhelm Leuschner-Medaille, zu würdigen. Sie haben sich in höchstem Maße für die demokratische Gesellschaft und ihre Einrichtungen eingesetzt, sagte Bouffier am Samstag bei einer Festveranstaltung im Kloster Eberbach.
„Bischof Hein hat in den vergangenen 20 Jahren als ‚wichtiger Brückenbauer‘ zwischen Kirche und Staat fungiert. Seine Worte und Meinungen zu politischen, kirchlichen, sozialen sowie gesellschaftlichen Fragen wurden gehört und geschätzt.“ – Ministerpräsident Volker Bouffier
In den Jahren von 1982 bis 2000 war Prof. Dr. Martin Hein in unterschiedlichen Funktionen im Pfarrdienst der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck tätig. Von 1995 bis 2000 war er Dekan des Kirchenkreises Kassel-Mitte. In den darauffolgenden 19 Jahren amtierte Hein als Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Von 2014 bis 2018 wirkte er außerdem als Mitglied im Deutschen Ethikrat mit. Bischof Hein war einer der ,Pfeiler‘ für den fruchtbaren Dialog zwischen der Hessischen Landesregierung und den Kirchen in den vergangenen zwei Dekaden. Der Ministerpräsident kenne ihn als einen Mann des offenen Wortes und als einen Menschen, auf den stets Verlass gewesen sei und ist. Er hat sein Amt mit viel Herzblut ausgefüllt und hatte immer ein offenes Ohr für seine Mitmenschen. Sein Einsatz für die Gesellschaft verdient zu Recht die Auszeichnung mit der Wilhelm Leuschner-Medaille, erklärte Bouffier.
„Norbert Kartmann hat mehr als 15 Jahre lang den Hessischen Landtag an der Spitze repräsentiert – so lange wie niemand zuvor. Er ist ein hochgeschätzter Politiker, der sich mit großem Geschick, Weitsicht und Verve für seine Heimat Butzbach, Hessen und Europa eingesetzt hat.“ – Ministerpräsident Volker Bouffier
Der Landtagsabgeordnete und ehemalige Landtagspräsident Norbert Kartmann erhält die Wilhelm Leuschner-Medaille für sein gesamtes politisches Lebenswerk. ,Homo politicus‘ – so lasse sich Norbert Kartmann trefflich beschreiben. Seit 50 Jahren ist er politisch unermüdlich engagiert. Als Mitglied des Landtags 1982 und 1983 sowie seit 1987 und als Präsident des Hessischen Landtags hat sich Norbert Kartmann parteiübergreifend Respekt und Ansehen erworben. Dafür wurde er nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt 2019 mit dem Hessischen Verdienstorden und bereits 2012 mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt. Es ist mir eine Freude, ihn für sein politisches Wirken und sein hohes Engagement in den vergangenen Jahrzehnten im Hessischen Landtag nun auch mit der Wilhelm Leuschner-Medaille auszuzeichnen, unterstrich Bouffier.
„Ihre Entscheidung, aus den USA wieder in die Geburtsstadt Frankfurt zurückzukehren, ist ein starkes Signal, das Geschehene auszuhalten, daraus Lehren zu ziehen und diese Schlüsse an die kommende Generation weiterzugeben.“ – Ministerpräsident Volker Bouffier
Mit Minka Pradelski erhält eine Frau die Wilhelm Leuschner-Medaille, die auf eine bewegende Familiengeschichte zurückblickt. 1947 wurde sie in einem Lager für Vertriebene in Frankfurt am Main geboren. Ihre Eltern waren dem Holocaust entkommen. 1952 verließ die Familie Deutschland mit dem Ziel New York, im Alter von acht Jahren kehrte Pradelski jedoch nach Frankfurt am Main zurück. Sie legte ihr Abitur am Frankfurter Gymnasium Elisabethenschule ab und wirkte in den Folgejahren in der Mainmetropole. Minka Pradelski haben die höchste Auszeichnung des Landes Hessen in besonderem Maße verdient. Sie gebe das Erlebte der Eltern in ihrer schriftstellerischen und filmischen Arbeit als Mahnung weiter. Hinzu komme ihr ehrenamtliches Engagement für jüdisches Leben in Deutschland, begründete Bouffier ihre Auszeichnung. Pradelski stelle sich gegen den Antisemitismus und setze sich für Integration und den Zusammenhalt der Gesellschaft ein. Ihr kann zurecht attestiert werden, dass sie sich im Geiste Wilhelm Leuschners´ für die Werte des Grundgesetzes einsetzt, so Bouffier.
„Wie kein anderer hat sich Andreas von Schoeler dafür engagiert, dass jüdisches Leben in Frankfurt sichtbar ist und Geschehenes lebendig bleibt. Mit sehr viel Herzblut und Leidenschaft hat er den Förderverein aktiviert und sich für die Erweiterung des Museums und die Erneuerung von dessen Dauerausstellung eingesetzt.“ – Ministerpräsident Volker Bouffier
Ebenfalls mit der Wilhelm Leuschner-Medaille wird Andreas von Schoeler ausgezeichnet. Der ehemalige Oberbürgermeister von Frankfurt am Main übernahm im Jahre 2009 den Vorsitz der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums Frankfurt. Bis Anfang 2020 wurden von Bürgern, Unternehmen und privaten Stiftungen insgesamt 6 Millionen Euro für das Museum gespendet. Die Fertigstellung und Eröffnung des erweiterten Neubaus wird immer mit seinem Namen und Engagement verbunden bleiben, denn sie gehen maßgeblich auf den unermüdlichen Einsatz von Andreas von Schoeler zurück, betonte der Ministerpräsident im Rahmen der Feierstunde. Sein Engagement für dieses Museum hat eine Strahlkraft, die über Hessen hinausgeht. Er ist daher ein würdiger Preisträger der Wilhelm Leuschner-Medaille.
Hintergrund zur Wilhelm Leuschner-Medaille
Die Wilhelm Leuschner-Medaille ist die höchste Auszeichnung des Landes Hessen und wird traditionell am hessischen Verfassungstag verliehen. Es werden Personen geehrt, die sich im Geiste Wilhelm Leuschners hervorragende Verdienste um die demokratische Gesellschaft und ihre Einrichtungen erworben haben. Wilhelm Leuschner war einer der wichtigsten hessischen Widerstandskämpfer gegen das Nazi-Regime. Nach dem Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 wurde er zum Tode verurteilt und am 29. September 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Der ehemalige Ministerpräsident Georg-August Zinn stiftete die Medaille am 29. September 1964, dem 20. Todestag Leuschners. 1965 wurde sie zum ersten Mal verliehen.
Träger der Wilhelm Leuschner-Medaille (Auszug)
Die Jahre 1965 bis 1970
Heinrich Zinnkann, Politiker, Hessischer Staatsminister des Inneren von 1947 bis 1954 (31. Dezember 1965)
Karl Theodor Bleek, Staatssekretär a. D. DDP, LPD, FDP (1. Dezember 1966)
Friedrich Caspary, Verwaltungsdirektor (1. Dezember 1966)
Karl Kanka, Rechtsanwalt und Notar (1. Dezember 1966)
Elisabeth Leuschner (20. April 1966)
Wilhelm Leuschner (20. April 1966)
Willi Richter, ehemaliger Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (16. Oktober 1966)
Erwin Stein, Richter am Bundesverfassungsgericht und Staatsminister a. D. (1. Dezember 1966)
Christian Stock, Ministerpräsident a. D. (1. Dezember 1966)
Albert Wagner, Staatsminister a. D. (1. Dezember 1966)
Otto Brenner, Gewerkschafter, 1. Vorsitzender IG Metall (8. November 1967)
Walter Jansen, Landrat a. D. (21. November 1967)
Willi Goethe, Stadtrat (21. November 1967)
Fritz König, Erster Vorsitzender und Geschäftsführer der Kreisverwaltung Frankfurt am Main der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (2. April 1967)
Cuno Raabe, Oberbürgermeister der Stadt Fulda (21. November 1967)
Georg Buch, Oberbürgermeister a. D. (SPD) (1. Februar 1968)
Heinrich Kraft, Stadtverordnetenvorsteher, Frankfurt am Main (30. September 1968)
Rudolf Freidhof, Oberregierungsrat a. D., Kassel (30. September 1968)
Erich Großkopf, MdL, Politiker (1. Dezember 1968)
Eugen Kogon, Professor für Politik und Publizist (Frankfurter Hefte) (2. Februar 1968)
Karl Langenbach, Landesleiter der Gewerkschaft Nahrung – Genuß – Gaststätten, Frankfurt am Main (30. Juni 1968)
Georg Heinrich Ritzel, Ehrensenator, Michelstadt (16. Dezember 1968)
Hans Steinmetz, Staatssekretär (23. Mai 1968)
Hans J. Reinowski, Herausgeber und Chefredakteur des Darmstädter Echo (15. April 1969)
Hans Wiegand, Vorsitzender des Landesbezirks Hessen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (10. November 1969)
Nora Platiel, Politikerin, Landgerichtsdirektorin a. D., Juristin und Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus (16. Januar 1970)
Fritz Hoch, Politiker, Regierungspräsident a. D. (16. Januar 1970)
Franz Fuchs, Präsident des Hessischen Landtages (27. November 1970)
Ludwig Gehm, Widerstandskämpfer (25. Juli 1970)
Karl Gerold, Autor und Herausgeber der Frankfurter Rundschau (19. Februar 1970)
Die Jahre 1971 bis 1980
Georg-August Zinn, Ministerpräsident (26. Mai 1971)
Joseph Lang, Verleger, Frankfurt am Main (17. Juni 1972)
Martin Niemöller, Geistlicher, Wiesbaden (17. Juni 1972)
Herbert Lewin, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland (17. Juni 1973)
Hans Wagner, Präsident des Hessischen Landtags (12. Juni 1975)
Elisabeth Schwarzhaupt, Politikerin (CDU), Bundesgesundheitsministerin a. D. (10. Juni 1976)
Wiltraut Rupp-von Brünneck, Juristin, Bundesverfassungsrichterin (23. Juni 1977)
Otto Braun, MdL, Unternehmer (30. November 1979)
Werner Hess, Intendant des HR, Frankfurt am Main (30. November 1979)
Max Bach, Verleger, Frankfurt am Main (1. Dezember 1980)
Die Jahre 1981 bis 1985[10]
Heinz Winfried Sabais, Oberbürgermeister von Darmstadt (24. Februar 1981)
Siegfried Unseld, Verleger, Frankfurt am Main (1. Dezember 1981)
Hans Pleitgen, Gewerkschafter IG Metall (1. Dezember 1982)
Hildegard Hamm-Brücher, MdB, Staatsminister a. D., Politikerin (FDP), München (1. Dezember 1983)
Otto Vossler, Professor für Mittlere und Neue Geschichte, Frankfurt am Main (30. November 1984)
Jürgen Habermas, Philosoph (29. November 1985)
Die Jahre 1986 bis 2000
Konrad Zuse, Computerpionier (1. Dezember 1987)
Heribert Reitz, hessischer Staatsminister a. D. (1990)
Marcel Reich-Ranicki, Literaturkritiker (1992)
Holger Börner, Ministerpräsident von Hessen (1993)
Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland (1993)
Margaret Prinzessin von Hessen und bei Rhein (1993)
Walter Wallmann, Ministerpräsident a. D. (2. Dezember 1996)
Kurt Oeser, „Startbahnpfarrer“ (1. Dezember 2000)
Die Jahre 2001 bis 2005
Esther Haß, Lehrerin (2003)
Ernst Klee, Journalist und Schriftsteller (1. Dezember 2007)
Bernhard Vogel, Politiker (2009)
Hans-Jochen Vogel, Politiker (2009)
Katrin Göring-Eckardt, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, 2010 für Verdienste um die Deutsche Einheit[14]
Hans-Joachim Jentsch, früherer Bundesverfassungsrichter, 2010 für Verdienste um die Deutsche Einheit[14]
Die Jahre 2011 bis 2020
Moritz Neumann, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen (2011)
Harald Müller, Politikwissenschaftler (2013)
Angela Merkel, Bundeskanzlerin (28. November 2014)
Karl Kardinal Lehmann, Theologe, emeritierter Bischof von Mainz (2016)
Brigitte Zypries, Bundesministerin (2017)
Roland Koch, Ministerpräsident a. D. (2017)
Salomon Korn, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main (2017)
Joachim Gauck, Bundespräsident a. D. (2018)
Walter Lübcke, Kasseler Regierungspräsident (posthum 2019)
Martin Hein, evangelischer Theologe und ehemaliger Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (2020)
Norbert Kartmann, MdL, Landtagspräsident a. D. (2020)
Minka Pradelski, Schriftstellerin (2020)
Andreas von Schoeler, SPD-Politiker (2020)
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Die offizielle Liste alle Träger der Wilhelm Leuschner-Medaille finden Sie unter staatskanzlei.hessen.de.