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Lampenfieber im Landtag

Parlament mal anders: 160 Jugendliche aus Deutschland und Europa bevölkerten die Plätze im Plenarsaal des Hessischen Landtags. Aufregung, hitzige Diskussionen und knappe Abstimmungen inklusive.

Gastautor 7 Jahren vor 0

Eine Woche des politischen Austauschs und der internationalen Begegnung ist mit der Vollversammlung des Europäischen Jugendparlaments im Hessischen Landtag zu Ende gegangen.

Es ist Freitagnachmittag; eine lange Sitzung im Hessischen Landtag geht zu Ende. 160 erschöpfte, aber glückliche Gesichter; auf den Tischen liegen Dokumente, darauf vereinzelt gelbe oder orangefarbene Post-Its mit hastig gekrakelten Notizen. Vieles erinnert an eine ganz normale Plenarsitzung, aber etwas ist anders. Denn heute stehen keine Politprofis am Rednerpult, sondern Jugendliche wie Paula Swoboda.

Eine Woche straffes Programm

Eine Woche lang hat die 16-jährige Schülerin vom Hainberg-Gymnasium in Göttingen mit den anderen debattiert und Ideen ausgetauscht. Mit der Parlamentarischen Vollversammlung fand nun das Bundesfinale des Jugendwettbewerbs des Europäischen Jugendparlaments seinen Abschluss. Die Teilnehmenden diskutierten gemeinsam mit Gastdelegationen aus Polen, Finnland und den Niederlanden ihre Resolutionsentwürfe und stimmten am Ende darüber ab.

„Das Beste am Jugendparlament ist, dass man in so kurzer Zeit so viele neue Leute kennen lernt – aus Deutschland und ganz Europa!“ – Paula Swoboda (16)

Paulas Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz hat sich mit Datenschutz beschäftigt: „Ich hatte selbst lang keinen Facebook-Account, weil ich mir Sorgen um meine Daten gemacht habe. Es ist wichtig, da klare Regeln zu entwickeln.“ Ein bisschen müde ist sie von der anstrengenden Woche, aber auch aufgeregt: Ihr wurde die Aufgabe zugeteilt, die Resolution in einer kurzen Verteidigungsrede vorzustellen. Als Paula an das Pult tritt, verfliegt ihr Lampenfieber schnell: „Wenn der Digitale Binnenmarkt Erfolg haben soll, müssen die Menschen auf die Sicherheit der Online-Datenspeicher vertrauen können“, argumentiert sie. In der Debatte muss ihr Ausschuss aber auch Kritik annehmen. Wieso sollten etwa private Unternehmen ihre Datenschutz-Regularien transparenter machen, wenn es gar nicht in ihrem Interesse liegt? In der abschließenden Abstimmung erhält die Resolution dennoch 69% der Delegiertenstimmen. Paula und ihr Ausschuss können zufrieden auf ihre Arbeit zurückblicken. Und um 14.15 Uhr erklärt Sitzungspräsident Maciek Krynski, 20-jähriger Student aus Polen, die Sitzung dann auch für offiziell geschlossen.

Von Wiesbaden aus nach Europa

Im Hintergrund bis zum Schluss: Eine fünfköpfige internationale Jury, die Paula und ihre sechs Mitschülerinnen und Mitschüler aus Göttingen nun zur Belohnung für ihren Einsatz zu einem neuen Ziel schickt: Als Gastdelegation zum Finale in Estland. Den Sieg des Wettbewerbs tragen jeweils zum ersten Mal die Delegationen vom Luisengymnasium München und vom Stadtgymnasium Bochum davon. Sie werden Deutschland unter rund 350 Jugendlichen aus 40 Ländern auf den Internationalen Sitzungen des European Youth Parliament in Georgien und Litauen vertreten.

„Wichtiger als perfekte Rhetorik oder Fachwissen sind bei unserem Wettbewerb Teamarbeit, Kompromissbereitschaft und Reflexionsfähigkeit.“ – Christian Ulmer (21)

Und auch eine andere Reise geht zuende: „Ich fahre mit einem lachenden und einem weinenden Auge nach Hause“, sagt der 21-jährige Christian Ulmer. Der gebürtige Frankfurter studiert in Berlin und hat mit seinem Team über ein Jahr ehrenamtlich an den Vorbereitungen für die Sitzung gearbeitet. „Es war viel Arbeit und hat wahnsinnigen Spaß gemacht. Zum Glück ist nach der Sitzung auch vor der Sitzung.“ Das Bewerbungsfenster für den Wettbewerb im nächsten Jahr ist schon seit Mai geöffnet.

Über das Europäische Jugendparlament

Die Arbeit des überparteilichen, gemeinnützigen und unabhängigen Vereins Europäisches Jugendparlament in Deutschland e.V. wird von Schülern und Studierenden getragen und soll den interkulturellen Austausch junger Menschen fördern und Plattformen für politische Debatten bieten. In einem jährlich stattfindenden Wettbewerb, für den sich Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren deutschlandweit bewerben dürfen, wählt der deutsche Verein seit 1990 durch einen mehrstufigen Auswahlprozess je zwei Schuldelegationen und einzelne Jugendliche aus. Sie vertreten Deutschland auf den nächsten Internationalen Sitzungen des rund 40 Länder umfassenden Dachverbandes European Youth Parliament. Mehr Informationen unter www.eyp.de.

In Zusammenarbeit mit dem Europäischen Jugendparlament berichtete Wiesbaden lebt! über die Jugendkonferenz im Landtag und warf in drei Berichten Schlaglichter auf die vielfältigen Fragen der Digitalisierung, die im „Digital Dialogue” thematisiert wurden: Digitale Transformation von Unternehmen, Digitalisierung und Sicherheit sowie Kommunikation in der digitalen Welt (Texte: Timotheus Riedel & Janis Fifka; Fotos: Europäisches Jugendparlament in Deutschland e. V.).

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