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Eva Hesse Ohne Titel, 1965 Tempera und Gouache auf Papier

Eva Hesse bringt Augen zum Leuchten

„Immer wieder sonntags…“ Ein unscheinbares Blatt, ein bewegter Geist: Eva Hesses kolorierte Zeichnung von 1964 ruht meist im Verborgenen – und offenbart doch das ganze Versprechen einer Künstlerin, die das 20. Jahrhundert mitgeprägt hat. Ein stilles Kraftzentrum im Museum Wiesbaden.

Volker Watschounek 2 Wochen vor 0

Eva Hesses fragile Zeichnung zeugt von Pioniergeist und Spieltrieb – ein Höhepunkt der Sammlung des Museums Wiesbaden und künstlerisches Erbe von Weltrang,Jörg Dauer, Stellvertretender Direktor am Museum Wiesbaden.

Ein besonderes Leuchten in den Augen der Besucher begegnet mir regelmäßig, wenn ich auf die Arbeiten der 1936 in Hamburg geborenen und bereits 1970 viel zu früh in New York verstorbenen Ausnahmekünstlerin Eva Hesse zu sprechen komme. Und tatsächlich ist Hesse eine der Figuren der Kunst des 20. Jahrhunderts, die bis heute bleibenden Einfluss auf die aktuelle Kunstentwicklung haben, die nicht nur Generationen von begeisterten Besuchern, sondern eben auch nachfolgenden Kunstschaffenden in den Bann ziehen.

Immer wieder sonntags …

Immer wieder sonntags… …treffen wir auf Schätze, die im Museumslicht glänzen – oder manchmal im Depot schlummern. In dieser Serie stellen wir jede Woche ein besonderes Stück vor – persönlich ausgewählt und liebevoll beschrieben von einem Menschen, der sich auf den ersten Blick verliebt hat. Heute: Dr. Jörg Daur, stellvertretender Direktor des Landesmuseums Wiesbaden, führt uns zu einem Werk, das nicht laut sein muss, um Großes zu sagen. Es stammt von einer Künstlerin, die mit Zeichnung, Draht und Energie die Kunstwelt aufmischte – und deren Einfluss bis heute nachhallt. Bühne frei für: Eva Hesse.

Dass dies nicht immer so war, dass Hesse Anfang der 1990er Jahre quasi wiederentdeckt werden musste, wissen dabei die wenigsten. Nach Ihrem Tod und bald nach der direkt anschließenden Würdigung in einer Einzelausstellung im Guggenheim Museum in New York, wurde es ruhig um ihr Werk. Bald war sie mehr als tragische Figur, denn als Schöpferin dieser wunderbaren Werke im kollektiven Kunstgedächtnis abgespeichert. Anstoß für die erneute Beschäftigung mit ihrem Werk gab der 1989 von Bill Barrette herausgegeben Überblicksband über ihr skulpturales Schaffen. Und bereits 1990 hielten Hesses Werke Einzug ins Museum Wiesbaden. Als Bestandteil der Ausstellung Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts waren sie einer der Höhepunkte dieser wegweisenden Schau.

Ein Schlüsselwerk in Wiesbaden

Das vorliegende Blatt, 1990 ebenfalls im Museum Wiesbaden zu sehen, konnte im Anschluss an die Ausstellung erworben werden und bildet heute zusammen mit zwei weiteren Zeichnungen, drei Gemälden und fünf skulpturalen Arbeiten einen zentralen Werkkomplex in der Wiesbadener Museumssammlung. 

Europa als Experimentierraum

Eva Hesse hat die Zeichnung wohl im Kontext der in Deutschland entstandenen Reliefs angefertigt. 1964 reiste sie für ein knappes Jahr nach Europa, lebte zusammen mit ihrem Ehemann Tom Doyle bei Friedrich Arnhard Scheidt in Essen-Kettwig, der dem Künstlerpaar dort eine Etage seiner stillgelegten Textilfabrik zur Verfügung stellte. Aus den dort vorgefundenen Materialresten setzte sie spielerisch ihre ersten plastischen Arbeiten zusammen, gewann hier einen Ausdruck, der ihr wenig später zum Durchbruch in der New Yorker Kunstszene verhelfen sollte.

Zeichnung als Legespiel

Unsere Zeichnung scheint diese Materialreste zu zeigen, Maschinenteile vielleicht auch, daneben Organisches. Jedenfalls zeigt sie den spielerischen Umgang damit: Die ganze Komposition erinnert an ein Legespiel, in dem die einzelnen Kästchen immer wieder neue Verbindungen aufzunehmen scheinen. Ein Ding in Bewegung jedenfalls, das uns als Betrachtende herausfordert. Wohl in demselben Maße, wie die neuartigen Materialien Ansporn für die Künstlerin waren. Dabei zeigen die Formen eine Lebendigkeit, die – unterstützt durch die subtile und feinästhetisch ausbalancierte Farbigkeit – Energie und Leichtigkeit gleichzeitig zu transportieren scheinen.

Zu wertvoll fürs Licht

Dass die kleine kolorierte Zeichnung dennoch ihr Dasein zumeist im Museumsdepot fristen muss, ist schlicht ihrer Fragilität, also der Empfindlichkeit der zarten Farben geschuldet, die möglichst wenig dem Licht ausgesetzt werden dürfen… und natürlich in diesem Zusammenhang auch ein wenig der außerordentlichen Kostbarkeit des Blattes. (Wurde die Zeichnung damals für eine durchaus beträchtliche fünfstellige Summe erworben, ist ihr Wert heute sicherlich auf das Zwanzigfache gestiegen.) Auch wenn die Zeichnung daher aktuell nicht in der Schausammlung zu sehen ist, lädt sie dennoch ein, ihre zum Teil recht nah verwandten Schwesterarbeiten (3 Gemälde und ein Relief) in der aktuellen Museumspräsentation zu besuchen.

Dr. Jörg Daur

Bild – Eva Hesse, Ohne Titel, 1965, Tempera und Gouache auf Papier ©2025 Museum Wiesbaden

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Mehr zum Museum Wiesbaden: museum-wiesbaden.de.

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