Forensische Spurensucher und -sicherung auch one Anzeige. Möglich macht dies das Projekt „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung.“
Was haben Frankfurt am Main, Darmstadt, Fulda und elf andere hessische Städte mit Wiesbaden gemein? Die Städte kennen an, dass eine Vergewaltigung zweifelsohne ein medizinischer Notfall ist. Zusammen gehören sie zu den 14 hessischen Modellregionen, die an dem niederschwelligen Projekt Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung des Frauennotrufs Frankfurt teilnehmen. Gemeinsam verfügen sie das Ziel, die medizinische Akutversorgung von Opfern sexueller Gewalt zu verbessern.
Es handelt sich hier um ein äußerst anspruchsvolles Projekt, bei dem die Ärzte sich vor Ort mit großem Einsatz und Sensibilität an der Initiative beteiligen – und über die Jahre hinweg immer wieder in Abstimmungsprozessen und Schulungen zum Thema das Angebot vor Ort für Betroffene verbessern.
Christiane Hinninger
Die Realität zeigt, dass 85 Prozent der Opfer von Vergewaltigung die Täter kennen und der Tatort oft das eigene Zuhause oder der Arbeitsplatz ist, was es für die Betroffenen umso schwieriger macht, Anzeige zu erstatten. Die Entscheidung, ob das Opfer Anzeige erstattet oder nicht, lässt sich besser nach einer gewissen Zeit und Beratung treffen. Und genau hier setzt das Projekt an: Opfer von Vergewaltigung, die nicht unmittelbar Strafanzeige erstatten wollen, erhalten die Möglichkeit, auch ohne vorherige Anzeige in den HSK forensische Spuren und Beweismittel kostenfrei sichern zu lassen. Die Kosten für die zur Spurensicherung erforderlichen forensischen Kits, für den Transport und die anschließende gerichtssichere Lagerung im Institut für Rechtsmedizin in Frankfurt werden vom Kommunalen Frauenreferat übernommen. Betroffene erhalten so die Möglichkeit, sich eingehend beraten zu lassen und mit einer einjährigen Bedenkzeit zu entscheiden, ob sie Anzeige erstatten oder nicht.
Von Beginn an beteiligt sich unsere Klinik an der Soforthilfe nach Vergewaltigung, die von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten mit sehr viel Geduld und Einfühlungsvermögen durchgeführt wird. Wenn Betroffene eine vertrauliche Spurensicherung wünschen, kann diese mit der medizinischen Versorgung zusammen ein bis zwei Stunden dauern.
Professor Dr. Eichbaum
Die Landeshauptstadt Wiesbaden hat das Projekt bereits 2017, vor dem Inkrafttreten der Istanbul-Konvention, ins Leben gerufen. Seit dem verbessert sich die medizinische Versorgung von Betroffenen sexueller Gewalt. Die Entscheidung, das Projekt an der größten Klinik mit Notfallambulanz anzusiedeln, gewährleistet umfassende Erfahrung. Auch die Polizei überweist Vergewaltigungsfälle an diese Klinik. Bürgermeisterin Christiane Hinninger betonte die Wichtigkeit des Projekts und dankte den Ärzten vor Ort für ihren Einsatz und ihre Sensibilität bei der Umsetzung. Professor Dr. Eichbaum, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, erläuterte den Ablauf der medizinischen Versorgung und vertraulichen Spurensicherung vor Ort.
Das Projekt wurde in diesem Jahr erstmals durch Bus-Innenwerbung von ESWE Verkehr beworben und erhielt Unterstützung durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration. Anika Nagel von Wildwasser Wiesbaden e.V. betonte in ihrer Rede die Bedeutung des Projekts.
Sexualisierte Gewalt ist immer eine massive Grenzverletzung. Es ist wichtig, Betroffenen Selbstermächtigung zu ermöglichen. Das Projekt garantiert die wichtige akute medizinische Versorgung und weitere Unterstützung darüber hinaus.
Anika Nagel
Das Projekt Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung wird in Wiesbaden von der Kommunalen Frauenbeauftragten geleitet und finanziert. Beteiligt sind auch die Fachberatungsstelle Wildwasser Wiesbaden e.V., das Polizeipräsidium Westhessen und der Berufsverband der Frauenärzte e.V. sowie niedergelassener Wiesbadener Ärzte.
Foto oben ©2019 Volker Watschounek
Weitere Nachrichten aus dem Ortsbezirk Mitte lesen Sie hier.
Die Internetseite vom Land Hessen finden Sie unter www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de.