Über 35 Vertreterinnen und Vertreter aus jüdischen Gemeinden und Verbänden, zivilgesellschaftlichen Organisationen, staatlichen Stellen, Kirchen, Gewerkschaften, Wirtschafts- und Sportverbänden sowie Medien kamen auf Einladung des Antisemitismusbeauftragten am 11. November 2025 zusammen, um ein gemeinsames Zeichen zu setzen: Antisemitismus darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.
„Antisemitismus ist in Deutschland sichtbarer, lauter und aggressiver geworden. Für viele Jüdinnen und Juden bedeutet dies auch, dass sie ihre im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit nicht mehr frei ausüben können, weil sie um ihre Unversehrtheit fürchten und sich bedroht sehen. Es ist eine Fehleinschätzung, dass Antisemitismus ein Randphänomen und ausschließliches Problem der Extremen sei“, erklärte Becker. Daher dürfe das Phänomen nicht externalisiert oder verharmlost werden. Antisemitismus, so Becker, sei ein Angriff auf die Grundwerte der Demokratie und verlange entschiedenes Handeln von Staat und Gesellschaft.
Präventionsarbeit und Austausch stärken
Das Treffen diente nicht der Selbstvergewisserung, sondern stellt den Auftakt zu einem breiten Prozess dar, der auf Verantwortung, Selbstkritik und gemeinsames Handeln zielt. In den einleitenden Beiträgen wurden die aktuelle Situation der Jüdinnen und Juden in Hessen sowie die Erwartungen der jüdischen Gemeinschaft an Staat und Gesellschaft dargestellt. Der Anstieg antisemitischer Vorfälle und das zunehmende Protestgeschehen extremistischer Strömungen, insbesondere im Zusammenhang mit antisemitischen Ausbrüchen nach dem 7. Oktober 2023, stellen eine ernstzunehmende Entwicklung dar. Ein genauer Blick ist nötig, wenn Demonstrationen den Eindruck eines humanitären Anliegens und vermeintlich guter Ziele vermitteln, in Wahrheit aber durch Täter-Opfer-Umkehr, manipulative Botschaften oder Umkehrkommunikation geprägt sind.
In der anschließenden Diskussion tauschten sich die Teilnehmenden über Erfahrungen, Herausforderungen und Perspektiven aus. Dabei stand die Bereitschaft im Vordergrund, zuzuhören, die eigene Haltung zu prüfen und auch kritische Stimmen auszuhalten. Einigkeit bestand darüber, dass es nicht um symbolische Gesten gehen kann, sondern um konkretes, gemeinsames Handeln. „Antisemitismus kann nur dann wirksam bekämpft werden, wenn alle gesellschaftlichen Bereiche Verantwortung übernehmen“, betonte der Antisemitismusbeauftragte. Er regte an, die IHRA-Definition als verbindliche Grundlage anzuwenden, den Schutz jüdischen Lebens und die Sicherheit von Einrichtungen weiter zu stärken sowie Bildungs-, Kultur- und Sporteinrichtungen stärker in die Präventionsarbeit einzubeziehen. Ebenso sei es notwendig, Begegnung und Austausch mit jüdischen Gemeinden auszubauen und eine klare, gemeinsame Haltung in der öffentlichen Kommunikation zu zeigen. Becker forderte, dass diese Themen konsequent berücksichtigt und daraus konkrete Maßnahmen entwickelt werden müssen.
Dialog soll fortgesetzt werden
Der Antisemitismusbeauftragte dankte den Teilnehmenden für ihr Engagement und betonte, dass der Runde Tisch als dauerhaftes Forum etabliert werden solle, um Fortschritte sichtbar zu machen und Verantwortung zu teilen. Bereits im Frühjahr 2026 soll der Dialog fortgesetzt werden, um die vereinbarten Schritte weiterzuentwickeln und die Umsetzung zu überprüfen.
„Antisemitismus geht uns alle an. Er bedroht nicht nur Jüdinnen und Juden, sondern die demokratische Substanz unserer Gesellschaft. Deshalb dürfen wir nicht nur reden, sondern müssen handeln – gemeinsam, offen und entschlossen“, so Becker abschließend.





