Die multisensorische Installation von Gerrit Frohne-Brinkmann geht der Eventisierung von Naturschauspielen und Formen der Inszenierung nach.
Gerrit Frohne-Brinkmann ist der zehnte Stipendiat des von der Landeshauptstadt Wiesbaden und dem Nassauischen Kunstverein Wiesbaden ins Leben gerufenen Stipendiums Follow Fluxus – Fluxus.
Nassauischer Kunst Verein (NKV), kurzgefasst
Ausstellung „Corps Flowers“
Vernissage: Samstag, 2. September 2017, 18:00 Uhr
Wann: Samstag, 3. September 2017 bis 27. Mai 2018
Wo: Nassauischer Kunstverein, Wilhelmstraße 15, 65185 Wiesbaden (Karte / Navigation)
Eintritt: 5,00 Euro, 3,00 Euro für Schüler Studenten und RentnerÖffnungszeiten: dienstags 14:00 – 20:00 Uhr, mittwochs bis freitags 14:00 – 18:00 Uhr, samstags und sonntags 11:00 – 18:00 Uhr, montags geschlossen
Eventisierung und Naturschauspiel reichen sich die Hand. In fast lebensgroßen Keramiknachbildungen zeigt der Künstler Blüten der Titanenwurz sowie der Gattungen Rafflesien und Stapelien, die mit intensivem Geruch Insekten zur Bestäubung anlocken. Dabei imitieren diese Pflanzen den Geruch und mit ihren fleischigen Blütenblättern auch das Aussehen von Kadavern.
Pflanzen täuschen, Skulpturen auch
Wenn Gerrit Frohne-Brinkmann nun den Phänotyp dieser Aasblumen mit künstlerischen Mitteln nachahmt, entsteht eine Situation der doppelten Mimikry: Die Skulpturen machen sich das Täuschungsmanöver der Pflanzen zu eigen. In Kombination mit der kurzen Lebenszeit der tatsächlichen Blüten wird die an den Barock erinnernde Opulenz der Blüten gleichfalls zum Vanitas-Motiv, das sie in den Grenzbereich zwischen Leben und Tod rückt.
Gerrit Frohne-Brinkmann verbindet
Diesen kurzen, flüchtigen Zustand der Blüte verwandelt der Künstler in dauerhafte Keramikskulpturen, schafft aber zugleich durch die Einbettung eines flüchtigen olfaktorischen Reizes in die Installation einen extremen Gegensatz zu den überdauernden Skulpturen. Der unangenehme Geruch, der den Blüten aus glasierter Keramik entströmt, führt zu einem performativen Akt: Die Arbeit erschließt sich nicht alleine durch das Betrachten, sondern zusätzlich durch die Wahrnehmung eines chemischen Reizes.
Anziehend und abstoßend
Indem sich Frohne-Brinkmann die performative Geste der Pflanzenwelt aneignet, werden seine Skulpturen zu Akteuren, von denen die Besuchern zugleich angezogen und abgestoßen werden und die somit das Verhältnis von unbelebter, passiver Skulptur und handelndem Gegenüber zu einem gewissen Grad umkehren.
Insekten- und Touristenschwärme
Der spezielle Duft der natürlichen Blüten übt in erster Linie eine große Anziehungskraft auf einige Fliegen- und Käferarten aus, auf die die Pflanzen zur Bestäubung angewiesen sind. Mindestens genauso attraktiv wirken die Blüten aber auch auf Touristenschwärme. Die Titanenwurz (Amorphophallus titanum), die den größten unverzweigten Blütenstand hervorbringt und damit als größte Blume des Pflanzenreiches gilt, zieht während ihrer nur etwa drei Tage dauernden Blüte massenhaft Besucher weltweit in die Gewächshäuser botanischer Gärten, aber auch in dieRegenwälder ihrer Heimat Sumatra.
Gerrit Frohne-Brinkmanns Eventzeit
Die Riesenrafflesie (Rafflesia arnoldii) bildet die größten Blüten der Welt, die weniger als eine Woche überdauern, und wird deshalb von vielen Touristen in ihrem natürlichen Lebensraum in Indonesien aufgesucht, findet sich aber aufgrund ihrer Rekordgröße als Nachbildung beispielsweise auch im Frankfurter Senckenbergmuseum. Diese botanischen Extreme führen zu einem Sensationalismus, der durch zusätzliche Inszenierung aus dem Erblühen der Aasblumen ein Event schafft.
Zauber- und Entertainment-Shows
In der Pointierung des Spektakelcharakters liegt eine Parallele von Corpse Flowers zu Gerrit Frohne-Brinkmanns zuletzt entstandenen Arbeiten, in denen er archaische Lebensformen oder natürliche Erscheinungen mit Elementen der Vergnügung- und Unterhaltungsindustrie, speziell mit Formen der Inszenierung, wie sie in Filmen oder Zauber- und Entertainment-Shows genutzt werden, verbindet. Diese Formen der Inszenierung nimmt Gerrit Frohne-Brinkmann auf und überführt sie in den Ausstellungsraum, wo er sie nachinszeniert, zugleich aber auch spielerisch offenlegt und akzentuiert.
Zur Person Gerrit Frohne-Brinkmann
Gerrit Frohne-Brinkmann (*1990, Friesoythe) lebt und arbeitet in Hamburg. Nach einem Studium an der Hochschule für bildende Künste Hamburg bei Andreas Slominski und Ceal Floyer ist er mittlerweile bundesweit in Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten, zuletzt mit der Einzelausstellung WE HAVE A T-REX in der Artothek Köln und in der Ausstellung zum VG Stipendium 2017 der Kestner Gesellschaft Hannover.
Zu den von Gerrit Frohne-Brinkmann erhaltenen Auszeichnungen und Stipendien zählen das Stendar-Feuerbaum-Stipendium 2013, der Art Cologne Award for New Positions 2016 und in diesem Jahr neben dem Follow Fluxus-Stipendium ebenfalls der Förderpreis „Skulptur/Installation“ der Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg.
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