Mal eben halten und einen Bankauszug holen. Die Oma mit Rolator aus dem Auto lassen. Ein Paket abgeben. Es gibt viele Situationen, bei denen Fahrzeuge auf der Busspur halten. Kamera soll abschrecken.
Heute endet die Pilotphase. Wiesbadens Mobilitätsanbieter ESWE Verkehr setzt von Mittwoch, 19. Juli, an erst einmal in zwei Linienbussen sogenannte Frontkameras ein: keine Dashcams, die Videos im laufenden Verkehr aufzeichnen, sondern eine Kamera, die manuell ausgelöst werden und dann für Bilder in Serie produzieren, – etwa wenn Falschhaltende die Fahrt des Linienbusses auf Bus- und Umweltspuren behindern. Ziel ist es, den Busverkehr zu beschleunigen und damit auch attraktiver zu machen.
Busspur: Bußgelder bei falscher Benutzung
Verstoß Bußgeld Punkte Fahrverbot Verbotswidrig auf Busspur fahren 15 € … mit Behinderung des Linienverkehrs 35 € Abbiegen, ohne einen in entgegenkommender/
gleicher Richtung geradeaus weiterfahrenden Benutzer der Busspur durchfahren zu lassen40 € … mit Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer 140 € 1 Punkt 1 Monat … mit daraus resultierendem Unfall 170 € 1 Punkt 1 Monat Halten auf der Busspur 55 € … mit Behinderung 70 € … mit Gefährdung 80 € … mit Sachbeschädigung 100 € Parken auf der Busspur 55 € … mit Behinderung 70 € … mit Gefährdung 80 € … mit Sachbeschädigung 100 € … über 3 Stunden 70 € … über 3 Stunden mit Behinderung 80 € … über 3 Stunden mit Sachbeschädigung 100 €
Falsch abgestellte Fahrzeuge im Straßenraum verlangsamen den Busverkehr massiv. Dies sorgt regelmäßig für Verspätungen im Fahrplan, erklärt Marion Hebding, kaufmännische Geschäftsführerin bei ESWE Verkehr. In den meisten Fällen müssen sich die Busfahrer dann in den fließenden Verkehr einfädeln. Das kostet Zeit, und schlimmstenfalls stehen die Linienbusse dann mit anderen Verkehrsteilnehmern ein paar Meter im Stau. Fahrgäste verspäten sich so und kommen nicht rechtzeitig an ihr Ziel und sind zurecht verärgert.
„Mit den Frontkameras in unseren Linienbussen haben wir nun ein Werkzeug dagegen selbst in der Hand. Das ist gerade für unser Fahrpersonal unglaublich wichtig.” – Marion Hebding weiter.
Aber auch für die Busfahrer bedeuten blockierte Bus- und Umweltspuren zusätzlichen Stress. Die Belastung, im Wiesbadener Straßenverkehr unterwegs zu sein, ist ohnehin schon sehr hoch. Einige Busfahrer hätten deshalb sogar gekündigt, erzählt Busfahrer Thomas Hauser. Wenn sie dann noch regelmäßig Falschparkende umkurven müssen, ist das nicht nur zeitintensiv, sondern auch nervenaufreibend. Am Ende entstehen auch gefährliche Verkehrssituationen.
„Die Zeiten, in denen wir als Fahrer mit dem Handy ein Foto gemacht haben und einzelne Fälle handschriftlich dokumentiert haben, ist vorbei. Jetzt geht das alles automatisch und digital.“ – Thomas Hauser
Bis Ende September wird das rund 800 Euro teuere Front-Kamera-System mindestens in zehn weiteren Bussen installiert. Ende 2024 werden dann 30 Fahrzeuge mit einer Frontkamera ausgestattet sein. Die Frontkameras werden von den Busfahrern vorne links mit einem Knopfdruck ausgelöst. Wie eingangs erwähnt, entsteht dabei eine Fotoserie, bei der die GPS-Koordinaten und die Uhrzeit festgehalten werden. Kommt der Bus zurück zum Betriebshof, werden die Daten der Kamera ausgelesen und manuell ausgewertet. Rund 50 Prozent der Bilder, so im zweimonatigen Pilotversuch, werden an die städtischen Verkehrsbehörde weitergeleitet. Diese entscheidet, ob ein entsprechendes Bußgeldverfahren eingeleitet wird.
„Wir sind davon überzeugt, dass die Frontkameras in unseren Bussen, vor allem eine abschreckende Wirkung haben werden. Damit sollte es uns gelingen, den Busverkehr in der Stadt zu beschleunigen, unsere Fahrgäste schneller und sicher ans Ziel zu bringen und unsere Fahrerinnen und Fahrer zu entlasten.” – Marion Hebding
Das gesamte Verfahren wurde in drei Testphasen erprobt. Den Auftrag dazu erteilte der städtische Mobilitätsausschuss bereits Ende 2021. Immer mit eingebunden waren die Straßenverkehrsbehörde sowie die Verkehrspolizei der Landeshauptstadt Wiesbaden.
Ergebnis Pilotphase
Die Frontkameras wurden in zwei Bussen ausprobiert. An insgesamt 19 Tagen während der Testzeiträume in April, Mai und Juni 2023 konnten durch ESWE Verkehr insgesamt 311 Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung mittels Fotobeweis dokumentiert werden. Falschparkenden auf Busspuren droht ein Bußgeld von 70 Euro. Bei Behinderung auf Umweltspuren kommt zu diesem Bußgeld noch ein Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg hinzu.
Die Abteilungsleiterin der Wiesbadener Verkehrspolizei, Viola Braun, ergänzt: Der Einsatz von Frontkameras in Wiesbadener Linienbussen ist gemeinsam mit uns entwickelt worden. Alle gesetzlichen und datenschutzrechtlichen Vorgaben werden eingehalten. Wir unterstützen dieses Projekt und das damit verbundene Ziel, den Busverkehr in Wiesbaden zu beschleunigen.
Foto oben @2023 Volker Watschounek
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Die Internetseite von ESWE Verkehr finden Sie unter www.eswe-verkehr.de.