Die Zahl der steigenden Anzahl an Lehrverträge sind ein Hoffnungsschimmer. Die Angst vor dem Fachkräftemangel im Handwerk kann sie nicht nehmen.
Im dritten Quartal 2022 macht sich im Vergleich zum Vorquartal eine sichtbare Abkühlung im Handwerk des Kammerbezirks Wiesbaden bemerkbar. Die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich durch die Belastungen des Ukraine-Kriegs und die erhöhte Inflation deutlich verschlechtert. Diese Faktoren, gekoppelt mit der Gefahr vor Energieengpässen bzw. enormen Energiepreisexplosionen, sorgen dafür, dass auch das Handwerk sich der zunehmend schwierigen konjunkturellen Lage nicht mehr entziehen kann. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Wiesbaden, deren Kammerbezirk Ober-, West- und Mittelhessen umfasst.
„Nach der Verbesserung des Geschäftsklimas in der Jahresmitte hat sich damit die aktuelle Geschäftslage der heimischen Betriebe im dritten Quartal des Jahres 2022 merklich abgekühlt.“ – Kammerpräsident Stefan Füll
Nur noch 38 Prozent der Handwerksbetriebe bezeichnen demzufolge ihre Geschäftslage als gut, weitere 43 Prozent als befriedigend und 19 Prozent bezeichneten ihre Situation als schlecht. Dies lässt Füll zufolge darauf schließen, dass die Belastungen der gestiegenen Energiepreise verstärkt bei den Betrieben angekommen sind und sich die Verunsicherung über die zukünftige wirtschaftliche und energiebezogene Lage bei den Inhabern festsetzt.
„Die Umfrageergebnisse legen nahe, dass im Handwerk insbesondere mit weiteren Preissteigerungen durch Störung von Lieferketten, Materialknappheit und Inflation zu rechnen ist.“ – Kammerpräsident Stefan Füll
Bis auf die Gesundheitshandwerke hat sich die Stimmung in allen anderen Branchen etwas verschlechtert. Damit wurden die aus dem Vorquartal erzielten deutlichen Verbesserungen im Lebensmittelhandwerk, Kfz-Handwerk und bei den personenbezogenen Dienstleistern wieder zurückgeworfen. Erstmals ist auch beim Bau- und Ausbauhandwerk eine verhaltene Stimmung auszumachen, nachdem die vergangenen Quartale von kontinuierlich starken Zufriedenheitswerten gekennzeichnet waren.
Im dritten Quartal 2022 war die Beschäftigtensituation weiter geprägt von einem erheblichen Fachkräftemangel sowie den Unsicherheiten über die weitere wirtschaftliche Entwicklung, so dass nur wenige Betriebe Neueinstellungen für möglich halten. Die Auftragspolster sind in fast allen Gewerken gesunken, ein Zuwachs der durchschnittlichen Auftragsreichweite auf 9,8 Wochen resultiert aus den Material- und Lieferengpässen sowie dem Fachkräftemangel.
„Es bleibt abzuwarten, ob die geplanten Entlastungen durch das vorgesehene Energiekostendämpfungsprogramm sowie der Strom- und Gaspreisbremsen die Belastungen der Handwerksbetriebe etwas abfedern können.“ – Kammerpräsident Stefan Füll
Die Geschäftslage für die Betriebe des Kammerbezirks Wiesbaden hat sich aufgrund des konjunkturellen Abschwungs sowie der Unsicherheit des Ukraine-Krieges im dritten Quartal eingetrübt und die Erwartungen werden im Vergleich zum Vorquartal deutlich pessimistischer eingeschätzt. Während etwa 61 Prozent der Betriebe eine unveränderte Situation erwarten, rechnet schon knapp ein Drittel mit einer schlechteren Geschäftslage im vierten Quartal. Füll:
„Weniger Auszubildende im Handwerk bedeuten in drei Jahren weniger Gesellen und in fünf Jahren eine geringere Zahl von Jungmeistern. Damit fehlen auch Betriebsinhaber und es kommt zu Problemen bei Betriebsübernahmen.” –Hauptgeschäftsführer Bernhard Mundschenk
Im Erhebungszeitraum vom 1. Oktober 2021 bis zum 30. September 2022 konnten im Bezirk der Handwerkskammer Wiesbaden 3431 neu eingetragene Lehrverträge verzeichnet werden. Dies geht aus den offiziellen Zahlen des Ausbildungsjahres 2022 hervor, die für das Bundesinstitut für Berufsbildung ermittelt wurden. Im Vergleich zum Vorjahr 2021 ist dies zwar ein leichter Zuwachs von 0,6 Prozent bzw. 21 Lehrverträgen, allerdings konnte das Niveau vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019 mit 3.596 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen noch nicht erreicht werden.
„Die sinkenden Ausbildungszahlen sind ein gesamtgesellschaftliches Problem und benötigen eine gesamtgesellschaftliche Lösung.“ –Hauptgeschäftsführer Bernhard Mundschenk
Wegen des Fachkräftemangels werden die jetzt schon bestehenden Wartezeiten für bestimmte handwerkliche Leistungen kontinuierlich steigen. Betriebe müssten bereits heute eine Vielzahl von Aufträgen ablehnen, weil für deren Abarbeitung neben dem akuten Materialmangel die Fachkräfte fehlen. Ausreichend Fachkräfte würden auch für die Energie- und Mobilitätswende benötigt, erklärte Mundschenk. Deshalb sei eine echte Bildungswende zur Verwirklichung der Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung dringend nötig. Laut Mundschenk sei die Durchführung von Praktika und Berufsorientierung gerade auch an Gymnasien der wesentliche Schlüssel zum Erfolg. Im Luisenforum in der Wiesbadener Innenstadt können daher noch bis zum 3. Dezember Interessierte das Handwerk im MakerSpace des Wiesbadener Handwerks ausprobieren und für sich entdecken.
Symbolfoto ©2022 Pixabay
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Die Internetseite der Handwerkskammer Wiesbaden finden Sie unter www.hwk-wiesbaden.de.