Suzan Frecon gewinnt den Jawlensky-Preis – Franziska Holstein den neuen Förderpreis. Zwei Künstlerinnen, zwei Perspektiven auf Farbe, Fläche und Reduktion.
Die Malerei darf flüstern – und manchmal sagt sie damit mehr als jedes laute Statement. Die US-amerikanische Künstlerin Suzan Frecon wird mit dem Alexej-von-Jawlensky-Preis der Stadt Wiesbaden ausgezeichnet. Zum ersten Mal geht der neue Förderpreis an die Leipzigerin Franziska Holstein. Zwei Auszeichnungen – zwei Positionen, die zeigen, wie intensiv, leise und durchdacht Malerei sein kann.
Ein Preis für die Konsequenz
Suzan Frecon malt keine Bilder, sie komponiert Farbräume. In ihren streng reduzierten, tiefgründigen Werken begegnen sich Licht und Pigment mit einer Präzision, die nichts beweisen will – und doch alles zeigt. Die Jury des Jawlensky-Preises zeichnet damit eine Künstlerin aus, die sich über Jahrzehnte hinweg konsequent gegen Oberflächlichkeit und Trendwellen gestemmt hat. Stattdessen vertieft sie sich ins Material, ins Licht, in die Form. In ihren Bildern wirken Stille und Spannung zugleich.
Seit 1991 vergibt Wiesbaden den nach dem Expressionisten benannten Preis an bedeutende Stimmen der zeitgenössischen Kunst. Frecon reiht sich damit ein in eine Liste internationaler Namen: Agnes Martin, Frank Stella, Richard Serra. Die nächste große Ausstellung ist für 2027 im Museum Wiesbaden geplant.
Förderung mit Weitblick
Neu ist in diesem Jahr der Alexej-von-Jawlensky-Förderpreis – und mit ihm ein frischer Blick auf junge Positionen in der Malerei. Die Jury ehrt Franziska Holstein, deren abstrakte Serienarbeiten ein diszipliniertes Spiel mit Farbe, Fläche und Rhythmus entfalten. Ihre Werke wirken beinahe musikalisch, getragen von Strenge und Stille. Jeder Pinselzug folgt einem inneren Takt, jeder Farbton steht in Beziehung zum Raum, in dem er erscheint.
Holsteins Arbeiten verweigern sich erzählerischen Zuschreibungen. Keine Titel, keine Ablenkung – allein das visuelle Erleben zählt. Die Künstlerin, geboren 1978 in Leipzig, überführt klassische Tafelmalerei in räumliche Strukturen und erschafft so ein Werk, das sowohl durchdacht als auch körperlich erfahrbar ist. Der Förderpreis ist mit 10.000 Euro dotiert und mit einer Ausstellung im Nassauischen Kunstverein verbunden.
Brücken über den Atlantik
Was Suzan Frecon und Franziska Holstein verbindet, ist nicht bloß die Nähe zur Farbe. Es ist die Art, wie beide Malerei denken – als Prozess, als Haltung, als tiefes Gespräch mit der Stille. „Ein transatlantisches Bündnis“, nennt es Wiesbadens Kulturdezernent Dr. Hendrik Schmehl – ein schöner Gedanke in unruhigen Zeiten.
Mit dem Jawlensky-Preis richtet Wiesbaden den Blick nicht nur auf das bereits Erreichte, sondern auch auf das, was noch kommt. In diesem Fall: zwei künstlerische Positionen, die mit Reduktion und Ruhe auf unsere oft überlaute Welt reagieren – und dabei umso klarer sprechen.
Foto – Alexej von Jawlensky ©2024 / Fickert / Wiesbaden Lebt!
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